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Für jede Aufgabe gerüstet 05.06.2023, 15:51 Uhr

Flexible Prüflabore für die E-Ladeinfrastruktur

Ladesysteme für Elektromobile sind ein dynamischer Wachstumsmarkt. Die dafür genutzten Systeme müssen nicht nur nationalen und internationalen Normen genügen, sondern auch hohe Sicherheits- und Qualitätsansprüche erfüllen.

Hochmodernes Prüflabor: TÜV Austria betreibt seit Kurzem in seinem Technology & Innovation Center in Wien eine moderne Einrichtung zum Testen von Komponenten der AC- und DC-Ladeinfrastruktur für Elektromobilitätsanwendungen. Foto: TÜV Austria

Hochmodernes Prüflabor: TÜV Austria betreibt seit Kurzem in seinem Technology & Innovation Center in Wien eine moderne Einrichtung zum Testen von Komponenten der AC- und DC-Ladeinfrastruktur für Elektromobilitätsanwendungen.

Foto: TÜV Austria

E-Mobility leistet schon heute einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz – und in Zukunft werden Autos wesentlich häufiger Strom statt Benzin tanken. Dabei müssen neue Geräte für die Ladeinfrastruktur vor ihrem Einsatz auf „Herz und Nieren“ geprüft werden. Simulationen und Messungen in Prüfinstituten helfen, potenzielle Fehlerquellen aufzuspüren, Designverbesserungen zu realisieren und die notwendigen Zertifizierungen zu erlangen.

Die Prüfaufgaben sind dabei vielfältig und reichen von Untersuchungen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) über das Netzanschlussverhalten bis hin zur Simulation von Umwelteinflüssen. Hier kommen programmierbare Netzgeräte zum Einsatz, die sich durch einen modularen Aufbau flexibel an ganz unterschiedliche Szenarien anpassen lassen.

Renommiertes Prüfinstitut mit breitem Spektrum und viel Erfahrung

Im 22.000 Quadratmeter großen „TÜV Austria Technology & Innovation Center“ in Wien betreibt der unabhängige und einzige österreichische TÜV als Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsunternehmen seit 2021 ein modernes Labor zum Prüfen von Komponenten der AC- und DC-Ladeinfrastruktur für Elektromobilitätsanwendungen. In zwei Labor-Bereichen lassen sich umfangreiche Untersuchungen rund um die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und das Netzanschlussverhalten unterschiedlichster Komponenten durchführen. „Da unsere Kunden nicht vorhersehbar sind und wir oft in beiden Bereichen parallel prüfen, müssen wir bei der Leistungsbereitstellung sehr flexibel sein“, erläutert Klaus Alberer, der für den Bereich E-Mobility Innovation zuständig ist.

Klaus Alberer ist beim TÜV Austria für den Bereich E-Mobility Innovation zuständig: „Die Leistungsverteilung ist sehr flexibel. Bei Bedarf lassen sich auch einmal die AC-Netzteile als DC-Quelle nutzen."

Foto: TÜV Austria

Wissenswertes über den TÜV Austria: Dies ist ein unabhängiges Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungs-Unternehmen mit über 3.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 64 Unternehmen und 34 Ländern. Die österreichische Unternehmensgruppe erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als 290 Millionen Euro. Das Lösungsspektrum der unabhängigen Gruppe reicht von Cybersecurity, Robotics- und OT (Operational Technology)-Security, KI-Zertifizierungen und Lösungen im Bereich erneuerbare Energien (Wasserstoff, Windkraft, Photovoltaik) über Druckgeräte- und Anlagensicherheit sowie Werkstoffprüfung bis zu Aus- und Weiterbildung, Umweltschutz, Carbon Footprint-Evaluierungen, Personen-, System- und Produktzertifizierungen. Das führende österreichische Testing-, Inspection- und Certification-Unternehmen erbringt auch zahlreiche Dienstleistungen – neben dem Bereich E-Mobility in vielen weiteren Segmenten.

Großprojekt benötigt variable Anschlussleistungen

Bereits heute variieren die Anschlussleistungen beträchtlich. Im AC-Bereich sind aktuell 11 bis 22 Kilowatt üblich; der Standard sieht bis zu 80 Kilowatt vor. Bei der DC-Versorgung geht der Weg von aktuell 350 Kilowatt in Richtung 500 Kilowatt oder gar bis hin zu 1 Megawatt Ladeleistung. „Da zudem die Prüfungen sehr vielschichtig sind, müssen unsere Anlagen sehr flexibel sein und sich effizient nutzen lassen – auch was die Energieversorgung betrifft“, fährt Klaus Alberer fort.

Auf der Suche nach den passenden Netzgeräten kontaktierten die Österreicher die Stromversorgungsspezialisten der Ing. Fischer GmbH aus Weissenbach/Hinterbrühl (bei Mödling/A). Im umfangreichen Portfolio des Spezialisten fanden sich schnell entsprechende Lösungen. „Hinzu kam aber auch die kompetente Beratung und die partnerschaftliche Zusammenarbeit – denn es genügte nicht nur, die passenden Komponenten zu finden, sondern es ging um eine funktionierende Gesamtlösung für unsere Aufgabenstellung“, betont Klaus Alberer. So ließ sich das Großprojekt mit insgesamt 778 Kilowatt Leistung und AC- oder DC-Ausgang innerhalb von nur zwölf Monaten installieren und in Betrieb nehmen.

Die Ing. Erhard Fischer GmbH beschäftigt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1982 schwerpunktmäßig mit dem Vertrieb von Stromversorgungen und hat in den Jahren ihres Bestehens das Vertriebsprogramm stetig ausgebaut. Zum umfangreichen Portfolio gehören nicht nur hochwertige Präzisions-Stromversorgungen für Industrie und Forschung, sondern auch flexible Heizfolien aus unterschiedlichen Materialien für ein optimales Thermomanagement sowie robuste Messtechnik für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche. Große Sorgfalt gilt bei der Auswahl der Partner und Lieferanten und zählt als entscheidendes Erfolgskriterium. Das Unternehmen pflegt dazu langjährige Partnerschaften mit international agierenden Herstellern.

Zentrale Leistungsversorgung mit vielen Möglichkeiten

Die zentrale Leistungsversorgung besteht aus acht „TC.ACS 50“-kVA-Netzsimulatoren und sieben bidirektionalen Netzgeräten der „G5“-Serie der Regatron AG. Die Netzsimulatoren sind als 3-Phasen-Wechselstromquellen mit 4-Quadranten-Betrieb ausgelegt und bieten zahlreiche Programmierfunktionen. Sie arbeiten mit hoher Schaltfrequenz, einem weiten Grundfrequenzbereich von DC bis 1000 Hertz und einer hohen Modulationsbandbreite von 5 Kilohertz. Damit kann für Simulationen beim TÜV Austria eine harmonische Verzerrung (bis zur 100. Harmonischen bei 50 Hertz oder zur 83. Harmonischen bei 60 Hertz) mithilfe eines komfortablen Fourier-Werkzeugs exakt reproduziert werden. Das System lässt sich zudem einfach an die verschiedenen Untersuchungen für EMV- und Netzanschlussverhalten anpassen.

Prinzipiell sind drei Betriebsarten wählbar. Die Leistungsverstärker können als programmierbarer Netzsimulator, ferngesteuerter 4Q-Wechselspannungsverstärker oder als elektronische Wechselstromlast mit programmierbarer RLC-Lastimpedanz arbeiten. Die Wirkleistung wird effizient in das Drei-Phasen-Netz zurückgespeist. Die Geräte sind inklusive Wasserkühlung mit allem notwendigen Zubehör wie Messgeräten, Umschalteinheiten, Sicherheitseinrichtungen und Displays in kompakten Schränken verbaut. Dem Prüfinstitut steht damit eine schlüsselfertige Lösung zur Verfügung.

Für die unterschiedlichen Testszenarien lassen sich alle notwendigen Parameter schnell und einfach einstellen. Grafik: Ing. Erhard Fischer

Hinzu kommt die umfangreiche Applikationssoftware von Regatron – so gibt es beispielsweise fertige Pakete für die unterschiedlichsten EMV-Prüfungen. Aber auch andere Parameter für unterschiedliche Testszenarien lassen sich schnell und einfach einstellen. Zudem lassen sich überlagerte harmonische und interharmonische Spannungen oder Phasenwinkel definieren. Gleiches gilt auch für die bidirektionale DC-Stromversorgungsserie G5: Auch sie bietet breite Softwareunterstützung und wurde mit den entsprechenden Mess- und Überwachungseinheiten in kompakten Schränken verbaut. Bei hohen Leistungen bieten die Stromversorgungen eine große Regeldynamik, einen Auto-Ranging-Faktor von 3 sowie einstellbare Ausgangsfilterzeitkonstanten. „Für die Ladesäulen-Seite ließen sich für unsere Prüfszenarien die entsprechende Software der Firma Comemso electronics integrieren“, ergänzt Klaus Alberer.

Sowohl die AC- als auch die DC-Stromversorgung sind modular aufgebaut, skalierbar und lassen sich nachträglich ergänzen, falls der Leistungsbedarf steigt. Zudem bieten sie variable Verschaltungsmöglichkeiten.

Foto: TÜV Austria

Flexible Verschaltung, modulare Erweiterung

Sowohl die AC- als auch die DC-Stromversorgungen sind modular aufgebaut. Sie bieten variable Verschaltungsmöglichkeiten: seriell, parallel und auch Mix-Betrieb. Das macht die Leistungsverteilung sehr flexibel. Im TÜV Austria Technology & Innovation Center gibt es vier Abgabe-Punkte: zwei für das EMV-Labor und einen für den Bereich, in dem das Netzanschlussverhalten getestet wird (E-Labor). Der vierte Abgabepunkt wird zukünftig die 2700 Quadratmeter große Prüffläche versorgen, wovon dann etwa 300 Quadratmeter für Klima- und Umweltsimulationen genutzt werden. Die Leistungsverteilung ist dadurch sehr flexibel. Bei Bedarf lassen sich auch einmal die AC-Netzteile als DC-Quelle nutzen. Neben dem lebenslangen Support überzeugten seitens des Zulieferers auch Konzeption und Inbetriebnahme.

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Ing. Walter Wagner, MBA, ist geschäftsführender Gesellschafter der Ing. Erhard Fischer GmbH. Foto: Autor
Ellen-Christine Reiff, M.A., arbeitet für das Redaktionsbüro Stutensee.