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Webinare von Wandelbots 06.07.2020, 15:33 Uhr

Roboter programmieren endlich leicht gemacht – dank eines neuartigen Tools

Industrieroboter zu programmieren, war bislang etwas für Spezialisten. Jetzt hat das Start-up Wandelbots mit dem „TracePen“ eine Lösung entwickelt, mit der jeder Robotern ihre Aufgaben vermitteln kann.

Mithilfe des "TracePen" verkürzt sich die Zeit für das Anlernen eines Roboters erheblich. Foto: Wandelbots

Mithilfe des "TracePen" verkürzt sich die Zeit für das Anlernen eines Roboters erheblich.

Foto: Wandelbots

Dank des neuen Hilfsmittels schaffen es auch ungeübte Mitarbeiter, Industrieroboter einfach und ohne Programmierkenntnisse zu teachen. Mit dieser Innovation möchte das junge Unternehmen Wandelbots ein neues Zeitalter in der Industrieautomation einleiten – und erläutert die Vorteile der modernen Technologie in Corona-Zeiten u.a. mit Webinaren.

Der TracePen soll dazu beitragen, gewinnbringende Technologien auch für den Mittelstand erschwinglich zu machen. Dabei handelt es sich um das erste in größeren Stückzahlen verfügbare Produkt des Start-ups. Wandelbots wurde von Christian Piechnick, heute CEO (Chief Executive Officer) des Unternehmens, gemeinsam mit fünf Doktoranden im Jahr 2017 aus der Exzellenzuniversität TU Dresden ausgegründet und beschäftigt heute ein internationales Team von mehr als 70 Experten am Hauptsitz in Dresden. Mit seinen innovativen Entwicklungen konnte das Start-up auf der „Hannover Messe“ schon mehrfach die Besucher überzeugen. Inzwischen zählen namhafte Industriekonzerne zu den Kunden, wie Infineon und Volkswagen.

Ein weiterer Schritt zur „digitalen Revolution“

Flexibilität und rasche Reaktion auf wechselnde Kundenanforderungen spielen in der Industrie eine immer größere Rolle. Das gilt sowohl für die Mitarbeiter als auch für Maschinen. In Zukunft müssen Roboter einfach und kostengünstig von einer Applikation in die nächste wechseln können. Dafür wird es entscheidend sein, wie einfach sich die Programmierung bewerkstelligen lässt.

Der TracePen ist die „smarte“ Lösung für diese Herausforderung. Bisher war das Programmieren von Robotern den Experten vorbehalten – es war unflexibel, kostenintensiv und langwierig. Bis zu 75 Prozent der Kosten für den Einsatz eines Roboters konnten der Anpassung oder Neuprogrammierung der Software zugerechnet werden. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Automatisierung von Arbeitsabläufen mithilfe des Einsatzes von Industrierobotern vor allem von großen Unternehmen genutzt wurde.

Vorführen statt Roboter programmieren – dies gelingt seit Kurzem mit dem drahtlosen Hilfsmittel TracePen und eigenentwickelter Software.

Foto: Wandelbots

Mit der neuentwickelten Technik können jetzt sogar Laien die Roboter für eine neue Tätigkeit „anlernen“ – so die Aussage von Geschäftsführer Christian Piechnick. Die eröffne neue Chancen auch für KMU (kleine und mittelständische Unternehmen), die geringe Losgrößen produzieren oder aus anderen Gründen Produktionsprozesse häufig verändern müssen.

Der Ablauf sieht folgendermaßen aus: Mithilfe des drahtlosen TracePen zeigt der Bediener dem Roboter den zu erlernenden Weg („Pfad“) direkt am Werkstück. Für die einfache weitere Umsetzung hat Wandelbots eine Software entwickelt, die fast zeitgleich zum Teachprozess den Bewegungsablauf in der zum Produkt gehörenden App darstellt. Der Pfad kann vom Mitarbeiter anschließend am iPad intuitiv im Feinbereich weiter konkretisiert werden.

Breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten

Der TracePen hat die Erprobungsphase hinter sich und bewiesen, dass er für viele unterschiedliche Anwendungen in der Industrie nutzbar ist. Ausführlich betrachtet wurden bisher: Kleben, Entgraten, Inspizieren, Schweißen sowie Pick-and-Place-Aufgaben. Die möglichen Applikationen können über Softwareupdates problemlos erweitert werden.

Pilotprojekte mit namhaften Automobilherstellern haben ergeben, dass der Wechsel zu einem neuen Prozessschritt beim Einsatz der modernen Technik bis zu 70mal schneller abläuft, als es mit herkömmlicher Programmierung bisher der Fall war. Die Kostenreduktion liege bei bis zu 90 Prozent, erläutert der Geschäftsführer.

Wie unterstützt die Software das Anlernen?

Der Nutzer des TracePen kann beim Teachen applikationsspezifisch definieren, ob sich der Roboter von Punkt zu Punkt, linear oder kreisförmig zwischen den festgelegten Punkten bewegen soll. Durch eine integrierte Gelenksteuerung lassen sich die einzelnen Robotergelenke direkt beeinflussen. Wichtig sind bei einem Robotereinsatz stets die Sicherheitsaspekte: Der Mitarbeiter kann daher einen spezifischen Bereich festlegen, in dem der Roboter agieren darf.

Entspricht der vom Anwender vorgezeigte Pfad den Anforderungen an den Prozessschritt, wird er an den Roboter übertragen. Dabei lässt er sich mithilfe der Wandelbots-Software in die jeweilige roboterspezifische Programmiersprache übersetzen. In Sekundenschnelle startet dann der Industrieroboter und bearbeitet präzise das Werkstück.

Für Roboter verschiedener Hersteller geeignet

Ein großer Vorteil ist, dass der einmal erlernte Prozessschritt einfach auf weitere Roboter anderer Hersteller übertragen werden kann. Dies stellt in der Automatisierungswelt eine absolute Neuheit dar: Bisher setzte jeder Roboterhersteller auf seine eigene, proprietäre Programmiersprache. Die App von Wandelbots tritt nun an die Stelle, die bisher ein Programmierexperte einnehmen musste.

Die zum Produkt gehörige iPad-App übersetzt den angelernten Pfad in die jeweilige Roboterprogrammiersprache und exportiert den Code auf den Roboter.

Foto: Wandelbots

Das lohnt sich nicht nur für große Industriekonzerne, sondern auch für KMU: Für diese wird der Robotereinsatz dadurch jetzt erst wirtschaftlich möglich, erläutert Piechnick. Gemeinsam mit dem „5G Lab“ der TU Dresden hat Wandelbots den Einsatz von Industrie 4.0-Technologien in kleineren Unternehmen erprobt, und das mit gutem Erfolg: „Der TracePen senkt die Investitionskosten deutlich. Damit eröffnen sich auch für uns neue Märkte“, sagt Piechnick. Die Zielgruppe für die innovative Technologie reiche vom Hersteller bis zum Anwender von Robotern; besonderes Augenmerk liegt auf Systemintegratoren, die als Technologiepartner fungieren können.

Industriepartner wie Volkswagen unterstützen die Entwicklungen ebenfalls und arbeiten mit Wandelbots bereits seit März 2018 in unterschiedlichen Forschungsvorhaben zusammen. Das jüngste Projekt – eine automatisierte visuelle Inspektion von Bauzuständen – beweise das große Potential der Technologie. Dies bestätigen Verantwortliche von VW und auch Roboterhersteller wie Denso Robotics Europe gleichermaßen.

Wie geht es mit der Markteinführung weiter?

Aufgrund der Corona-Pandemie sind im ersten Halbjahr 2020 alle relevanten Messen ausgefallen. Das junge Unternehmen musste daher auch bei der Produktvorstellung neue Wege einschlagen. In einer Webinarreihe im Juni 2020, unter anderen an renommierten Orten wie der „Gläsernen Manufaktur“ in Dresden, wurde der TracePen den Interessenten vorgestellt und stieß auf breites Interesse. Diese Präsentationen traten an die Stelle der verschobenen Messe „Automatica“. Nun arbeitet das Start-up kontinuierlich auf die nächsten großen Ereignisse hin – die Auslieferung an die ersten Kunden im dritten Quartal 2020. „Physisch“ gezeigt wird der TracePen dem breiten Fachpublikum dann auf der der neuangesetzten Automatica vom 8. bis zum 11. Dezember 2020 (Halle C6, Stand 418) – dort können Kunden die Technik selbst erproben.

Neugierige können sich bis dahin auch nochmals die Webinare anschauen. Demonstriert wird darin unter anderem eine Klebeapplikation mit einem Roboter des Herstellers Universal Robots sowie ein Entgratvorgang mit einem Roboter von ABB.

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Weitere Informationen zum Start-up Wandelbots gibt es hier 

Von Martin Wanitschke, Birgit Etmanski

Martin Wanitschke ist VP of Business Development bei Wandelbots in Dresden. Birgit Etmanski ist Chefredakteurin der Zeitschrift VDI-Z.