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Elektrochemisches Verfahren 26.06.2023, 07:00 Uhr

Wasser ohne viel Aufwand von PFAS reinigen – Es ist möglich

Ein internationales Forschungsteam aus dem Saarland und den USA hat eine Methode entwickelt, um eine bestimmte Gruppe schädlicher Chemikalien unkompliziert aus dem Wasser entfernen zu können: Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS). Ein massives Umweltproblem könnte durch ihre Entwicklung mittelfristig gelöst werden.

Fluss

So idyllisch ein Fluss aussehen kann - PFAS sind in ihm versteckt.

Foto: panthermedia.net/DenKostiukBO

Die Zahl der PFAS ist groß. Geschätzt sind mehr als 10.000 Varianten in Umlauf, und alle davon sind menschengemacht – in der Natur kommen die Per- und polyfluorierte Chemikalien nicht vor. Zumindest ursprünglich nicht. Denn vor allem kurzkettige PFAS sind ausgesprochen langlebig, weswegen sie sich in den vergangenen Jahren zunehmend in der Umwelt angereichert haben. Genau das gilt als großes Problem.

Denn PFAS sind inzwischen überall zu finden: im Boden, in der Luft und im Wasser. Darüber gelangen sie in Pflanzen und Tiere und so schließlich in die Nahrungskette des Menschen. Welche Schäden sie bei Mensch und Natur verursachen, ist noch nicht im Detail erforscht, aber es gibt Hinweise unter anderem Hinweise darauf, dass sie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Krebs führen könnten. Auch auf die Funktionsfähigkeit bestimmter Organe nehmen sie womöglich Einfluss, etwa der Leber. Umso wichtiger ist es, PFAS aus der Umwelt zu entfernen.

Die attraktiven und problmatischen Eigenschaften der PFAS

Das ist allerdings nicht so einfach. Zum einen nimmt ihre Menge immer weiter zu, weil sie in der Industrie vielfach Verwendung finden. Denn ihre Eigenschaften sind ausgesprochen praktisch – sie sind fett-, wasser- und schmutzabweisend. Unter anderem sind sie daher in Funktionskleidung zu finden, in Pfannen und in Kosmetika.

Innovativer Schwamm saugt Schwermetalle aus dem Wasser

Auf der anderen Seite ist es nicht so leicht, sie aus der Umwelt wieder zu entfernen. Aus dem Wasser müssen sie beispielsweise aufwendig herausgefiltert werden. Das ist möglich mit Aktivkohle oder mit speziellen Membranen. Allerdings: Die Membranen sind teuer und mit der Aktivkohle entsteht ein neues Problem. Die PFAS können nämlich aus den Filtern nicht wieder herausgelöst werden, weswegen ein weiterer Schritt angewendet werden muss, um die PFAS endgültig zu vernichten. Eine Möglichkeit ist es, die Filter zu verbrennen – für die Umwelt auch nicht gerade eine perfekte Lösung.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Universität des Saarlandes und der University of Illinois in den USA haben einen Weg gefunden, PFAS aus dem Wasser zu entfernen und sie ohne große Umstände wieder freizusetzen. Das ist wichtig, damit die Chemikalien eingesammelt und anschließend direkt vernichtet werden können.

Metallocene als effektive PFAS-Filter

Das neue Verfahren ist eine elektrochemische Methode, die mithilfe einer bestimmten Gruppe metallhaltiger Polymere funktioniert, sogenannter Metallocene. Eine dieser Verbindungen ist Ferrocen, das auf Eisenbasis aufgebaut ist. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben entdeckt, dass Elektroden aus Ferrocen PFAS-Moleküle aus dem Wasser herausfiltern können, und das gilt schon für winzige Mengen. Diesem Ansatz folgend haben sie selbst ein Metallocen entwickelt (Cobaltocen), das noch effektiver ist als Ferrocen.

Das Beste daran: Wenn die Fachleute an Ferrocen oder Cobaltocen eine Spannung anlegen, geben diese die PFAS-Moleküle wieder ab. „Und das kann Cobalt deutlich besser als Eisen“, sagt Frank Hartmann von der Universität des Saarlandes. „Das bedeutet nichts anderes, als dass wir eine Methode gefunden haben, wie man PFAS zum einen aus dem Wasser entfernen kann und darüber hinaus, wie man sie wieder freisetzen kann, sodass man die Elektrode vielfach nutzen kann“, sagt Markus Gallei Professor für Polymerchemie an der Universität des Saarlandes, wo dieser Forschungsbereich angesiedelt ist. „Anders als den Aktivkohlefilter, den ich vernichten muss, nachdem die PFAS-Moleküle in ihm hängengeblieben sind, kann ich die Metallocene tausendmal schalten, wenn ich will.“

Was jetzt noch fehlt, ist eine Weiterentwicklung dieser elektrochemischen Methode, um sie in großem Maßstab, etwa in Filteranlagen, anwenden zu können.

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Von Nicole Lücke