Ursachen für Hawaiis Feuertragödie ermittelt
Im August 2023 wüteten große Waldbrände auf der Insel Maui. Forschende der New York University Grossmann School of Medicine und der University of California fanden nun heraus, dass sie in dieser Zeit die häufigste Todesursache auf der Insel waren. Die Gründe hatten jedoch oftmals nur indirekt mit den Feuern zu tun.
Forschende haben die Ursachen der Waldbrände auf Maui ermittelt.
Foto: smarterpix / yelantsevv
Im Sommer 2023 verwüsteten gewaltige Brände die Stadt Lāhainā auf Maui, Hawaii, und veränderten das Leben vieler Menschen nachhaltig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten, wie diese Katastrophe die Sterberaten in der Region beeinflusste. Dabei stellten sie fest, dass im August deutlich mehr Menschen starben als in durchschnittlichen Vergleichsmonaten der Vorjahre. In Zahlen ausgedrückt war die Sterblichkeit um etwa zwei Drittel höher als erwartet. Besonders extrem zeigte sich der Anstieg in der Woche mit den intensivsten Feuern. Die Brände entwickelten sich damit kurzfristig zu einer der Haupttodesursachen der Insel, was die Tragweite der Katastrophe verdeutlicht.
Die Forschenden betonen, dass die Folgen solcher Ereignisse nicht nur durch die offiziellen Opferzahlen beschrieben werden können. „Waldbrände können zu einem messbaren Anstieg der Sterblichkeit in der gesamten Bevölkerung führen, der über die offiziellen Todeszahlen hinausgeht“, erklärte Michelle Nakatsuka von der Grossman School of Medicine und Co-Autorin der Studie. Diese Feststellung unterstreicht, dass die Auswirkungen weitreichender sind, als es auf den ersten Blick scheint. Auch der Gedanke, Präventionsmaßnahmen in den Vordergrund zu stellen, zog sich durch die Analysen. Nakatsuka forderte, verstärkt Strategien einzubinden, die auf den Erfahrungen und dem Wissen der hawaiianischen Ureinwohner beruhen. Dazu zählt die Wiederherstellung traditioneller Anbau- und Ökosysteme, die natürlicherweise widerstandsfähiger gegen Brände sind.
Klimawandel erhöht Brandgefahr: Folgen für Gesundheit und Leben
Die Brände von Maui zeigen, dass Extremereignisse eng mit der globalen Klimakrise verbunden sind. Die Studie hebt hervor, wie wichtig es ist, nicht nur die sichtbaren Schäden an Infrastruktur oder Natur zu erfassen, sondern auch die gesundheitlichen Auswirkungen zu untersuchen. Um die Übersterblichkeit zu berechnen, nutzten die Forschenden umfangreiche Datenreihen vergangener Jahre. So wurden Todesfälle von August 2018 bis Juli 2023 herangezogen und bei der Analyse um Einflüsse wie die Corona-Pandemie bereinigt. Erst diese Methode machte deutlich, in welchem Maße die Brände die Mortalität in nur wenigen Wochen nach oben trieben. Die Erkenntnisse sind bedeutsam, denn aufgrund des Klimawandels werden Feuerkatastrophen häufiger und intensiver. „Klimawandel erhöht Brandgefahr“ wird damit zu einer greifbaren Realität, die direkt in die öffentliche Gesundheit hineinwirkt.
Viele Betroffene starben unmittelbar durch Rauch, Flammen oder Verletzungen. Andere verloren ihr Leben indirekt, weil sie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung oder ihren Medikamenten hatten. Auch chronische Krankheiten konnten sich verschlimmern, wenn Arzttermine ausfielen oder Therapien unterbrochen wurden. Die Analyse verdeutlicht, wie vielfältig sich Brände auf die menschliche Gesundheit auswirken. Sie sind weit mehr als eine Naturkatastrophe; sie greifen in das gesamte Versorgungs- und Gesundheitssystem ein.
Übersterblichkeitsrate von 67 Prozent
Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung war die Übersterblichkeitsrate. Im August 2023 ereigneten sich 82 Todesfälle mehr als im langjährigen Durchschnitt zu erwarten gewesen wäre – ein Anstieg um 67 Prozent. Besonders dramatisch zeigte sich dies in der Woche ab dem 19. August, in der die Sterblichkeit 367 Prozent höher lag als üblich. Viele Verstorbene erreichten nicht einmal mehr medizinische Einrichtungen: So lag der Anteil an Todesfällen ohne medizinische Ursache bei 80 Prozent, rund 12 Prozentpunkte höher als in Vergleichsmonaten. Dies deutet darauf hin, dass eine erhebliche Zahl an Menschen ums Leben kam, bevor sie Hilfe erhalten konnte.
Nakatsuka wies zudem auf eine interessante Parallele hin: Während der Brände gingen andere Todesursachen spürbar zurück, ähnlich wie während der Lockdowns in der Corona-Pandemie. Weniger Verkehrsunfälle oder andere akute Todesursachen traten auf, da sich das öffentliche Leben stark einschränkte. Auch betonte sie, dass Todesfälle unter Umständen erst nach dem untersuchten Zeitfenster erfasst werden könnten, beispielsweise durch die zeitlich verzögerte Verschlechterung chronischer Krankheiten.
Das ist zugleich die methodische Schwäche der Studie: Da sie nur einen kurzen Zeitraum analysiert hat, konnten langfristige gesundheitliche Folgen nicht erfasst werden. Die Analyse zeigt jedoch, dass Katastrophen wie die Brände von Lāhainā nicht nur Opfer durch die Katastrophe selbst fordern. Vielmehr schränken sie die gesamte Gesundheitsversorgung ein, was indirekt zu mehr Todesfällen führt.
Präventive Maßnahmen notwendiger denn je
Die Autoren sehen dringenden Handlungsbedarf bei der Einführung vorbeugender Maßnahmen: Auf der einen Seite müssten medizinische Strukturen so angepasst werden, dass direkt Betroffenen im Falle einer Katastrophe sofort geholfen werden kann. Zugleich gilt es, die medizinische Versorgung für alle Anderen aufrecht zu erhalten.
Darüber hinaus ist es notwendig, die ökologischen Strukturen zu verändern. Dazu zählen die Entfernung trockener, invasiver Gräser sowie die Wiederherstellung traditioneller Wassersysteme und ökologischer Landwirtschaftsformen, die natürlicherweise resilienter sind gegen die Ausbreitung von Bränden. Erst mit solchen Strategien wird sich die Wahrscheinlichkeit künftiger verheerender Brände reduzieren. Letztendlich lässt sich nur so die Zahl der Opfer deutlich senken.




