Zum E-Paper
Umgang mit Ressourcen 29.01.2024, 07:00 Uhr

Maßnahmen gegen weltweit sinkende Grundwasserpegel

Eine neue Studie zeigt, dass die Grundwasservorkommen weltweit rapide sinken. Gründe dafür sind veränderte Niederschlagsmuster und ein steigender Wasserbedarf. Neben den alarmierenden Ergebnissen bietet die Studie jedoch auch lehrreiche Beispiele, wie die Grundwasserverknappung gelöst werden kann


Um einer Erschöpfung des Grundwassers entgegenzuwirken, gilt es die globale Grundwasserdynamik besser zu verstehen. Foto: PantherMedia /rajastills

Um einer Erschöpfung des Grundwassers entgegenzuwirken, gilt es die globale Grundwasserdynamik besser zu verstehen.

Foto: PantherMedia /rajastills

In Deutschland stammen etwa 74 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasservorkommen. Daneben wird Grundwasser vor allem in der Industrie, unter anderem zur Nahrungsmittelproduktion, sowie in der Landwirtschaft zur Bewässerung eingesetzt. Ebenso spielt Grundwasser eine wichtige Rolle in verschiedenen ökologischen Prozessen. Es kann beispielsweise den Wasserstand von Flüssen und Seen beeinflussen, zur Aufrechterhaltung der Biodiversität beitragen oder als thermischer Stabilisator in Gewässern wirken. Grundwasser ist somit eine lebenswichtige Ressource, die sich über soziale, wirtschaftliche und ökologische Bereiche erstreckt. Ein großer Vorteil: Im Gegensatz zu Rohstoffen wie Erdgas, Erdöl und Erzvorkommen, kann sich Grundwasser erneuern. Vorausgesetzt, die äußeren Faktoren lassen es zu. Doch der Klimawandel und eine übermäßige Wasserentnahme beeinflussen die natürlichen Prozesse der Grundwassererneuerung erheblich. Das zeigt nun auch eine Studie von Forschenden der University of Carlifornia, Sanata Babara. Laut den Ergebnissen der umfangreichen Untersuchung sinken die Grundwasserpegel rapide – und das weltweit. Die Studienergebnisse helfen jedoch auch, die Grundwasserdynamik besser zu verstehen.

Messdaten zeigen: Grundwasserpegel sinken

Für die Studie untersuchten die Forschenden über 170.000 Grundwassermessstellen sowie die Entwicklung von 1.693 Grundwasserleitern. Als Grundwasserleiter oder Aquifer werden geologische Formationen mit hinreichender Durchlässigkeit bezeichnet, die das Leiten oder die Entnahme von Grundwasser ermöglichen. Je nach geologischer Ausprägung der Grundwasserleiter lassen sich drei Grundtypen unterscheiden: Porengrundwasserleiter, Kluftgrundwasserleiter und Karstgrundwasserleiter.

Die Auswertung der umfangreichen Datengrundlage ergab, dass die Grundwasserpegel seit 1980 fast überall auf der Welt drastisch gesunken sind. Doch nicht nur die sinkenden Pegelstände beunruhigen die Forschenden. Vor allem das seit 2000 beschleunigte Absinken der Grundwasserpegel zeige, wie groß das Problem ist. „Dass die Grundwasserpegel weltweit stark gesunken sind, hat uns nicht überrascht, aber, dass sich das Tempo in den letzten zwei Jahrzehnten noch beschleunigt hat, hat uns schockiert“, sagt Hansjörg Seybold, Mitautor der Studie und Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH).

Weltweit steigender Grundwasserbedarf

Die Ursache für das schwindende Grundwasser sehen die Forschenden vor allem in dem hohen Wasserbedarf von Landwirtschaft und Industrie. Aufgrund einer wachsenden Weltbevölkerung muss zunehmend mehr Nahrung produziert werden. Dies setzt die Bewässerung von Feldern und Pflanzen voraus. Ebenfalls erfordert die Viehzucht erhebliche Mengen an Wasser. Nicht zuletzt wird für die Verarbeitung und Produktion von Lebensmitteln viel Wasser benötigt. Um also negative Umweltauswirkungen zu minimieren und den zukünftigen Wasserbedarf sicherzustellen, ist eine effiziente und nachhaltige Nutzung von Wasser in der Landwirtschaft und Industrie von großer Bedeutung.

Klimawandel verschärft Grundwasser-Problem

Neben einem steigenden Wasserbedarf beeinflusst der Klimawandel das Grundwasservorkommen. Die globale Erderwärmung verändert Niederschlagsmuster, sodass es in vielen Regionen in den vergangenen Jahren deutlich wärmer und trockener geworden ist. Gleichzeitig steigt hier der Wasserbedarf für landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Trockenheit und der damit einhergehende hohe Wasserbedarf für die Bewässerung von Pflanzen führen dazu, dass sich die Grundwasservorkommen in diesen Gebieten, wenn überhaupt, nur sehr langsam erholen. So sind die Grundwasserreserven in den Trockengebieten des Iran, laut der Studie, mit am stärksten gesunken. Ebensowenig helfen Starkniederschläge. Bei den kurzen, aber heftigen Regenfällen ist der Boden nicht in der Lage, das Wasser aufzunehmen. Das Wasser fließt, ohne ins Grundwasser zu sickern, oberflächlich ab.

Grundwasserpegel können sich erholen

„Die Studie hat jedoch auch gute Nachrichten“, sagt Debra Perrone, Co-​Autorin. „In einigen Gebieten haben sich die Aquifere dann erholt, wenn die Politik Maßnahmen ergriffen hat oder wo alternative Wasserquellen entweder zur direkten Nutzung oder zur Regeneration der Grundwasserreserven verwendet werden können.“

Ein Positiv-Beispiel ist der Genfer Grundwasserleiter, der etwas 700.000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. Durch unkoordiniertes Abpumpen von Wasser ist sein Grundwasserpegel zwischen 1960 und 1970 erheblich gesunken, sodass sogar einige Brunnen geschlossen werden mussten. Um den Grundwasserpegel wieder anzuheben, einigten sich Behörden und Politik auf eine künstliche Zufuhr von Wasser aus einem nahegelegenen Fluss. Die Maßnahme war schließlich erfolgreich und führte dazu, dass sich der Grundwasserleiter erholte.

Auch in Spanien gelang es den Behörden den Los Arenales Aquifer mit Wasser aus den Pyrenäen mittels einer Pipeline wieder aufzufüllen. Im US-amerikanischen Arizona wurde das Wasser aus dem Colorado River genutzt, um die Grundwasserleiter im nahegelegenen Avra Valley zu speisen, ebenfalls mit Erfolg.

Zwar zeigen solche Fallbeispiele, dass die richtigen Maßnahmen dem sinkenden Grundwasser entgegenwirken können, doch fordern die Forschenden dennoch ein schnelles Handeln der Politik.

„Sind die Grundwasserleiter in Halbwüsten und Wüsten fast erschöpft, kann es Jahrhunderte dauern, bis sie sich erholen, weil es schlicht nicht genug Niederschläge gibt, um diese Aquifere schnell wieder aufzufüllen“, sagt Scott Jasechko, Erstautor der Studie und Wissenschaftler der University of Carlifornia. „Wir können deshalb das Problem nicht auf die lange Bank schieben“, betont Seybold.

Von Ines Klawonn