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Weichenstellung für die nächste PV-Generation 14.07.2025, 10:00 Uhr

Repowering macht alte Photovoltaik-Anlagen fit für die Zukunft

Repowering alter Photovoltaik (PV)-Anlagen: In Baden-Württemberg steht die Energiewende nicht mehr nur im Zeichen des Ausbaus, sondern zunehmend auch im Zeichen der Erneuerung. Denn immer mehr PV-Anlagen kommen in die Jahre.

Ein neues Faktenblatt informiert zu Repowering von Photovoltaik (PV)-Anlagen. Foto: KEA-BW

Ein neues Faktenblatt informiert zu Repowering von Photovoltaik (PV)-Anlagen.

Foto: KEA-BW

Das Leistungsvermögen älterer PV-Anlagen sinkt, ihre einst attraktiven Förderungen laufen aus. Über 5 800 PV-Anlagen allein in Baden-Württemberg sind 2023 aus der EEG-Förderung gefallen – das sind mehrere tausend Dächer, auf denen heute wertvolle Fläche brachliegt oder weit unter ihren technischen Möglichkeiten arbeitet. Doch anstatt auf Rückbau oder bloßen Weiterbetrieb zu setzen, rückt eine Option in den Vordergrund, die für viele bislang ein blinder Fleck war: das sogenannte Repowering. Gemeint ist damit die gezielte Modernisierung bestehender PV-Anlagen durch Austausch zentraler Komponenten.

In welchen Fällen sich das Repowering lohnt

Ein neues, praxisorientiertes Faktenblatt, veröffentlicht vom Photovoltaik-Netzwerk Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie dem Solar Cluster Baden-Württemberg, liefert nun strukturierte Informationen, unter welchen Voraussetzungen sich Repowering wirtschaftlich rechnet. Adressiert werden damit sowohl private Anlagenbetreiber als auch Unternehmen, Kommunen und Industriebetriebe. Ziel ist es, nicht nur technische Klarheit zu schaffen, sondern auch rechtliche und ökonomische Orientierung zu bieten. Denn längst ist die PV-Modernisierung mehr als eine rein technische Angelegenheit – sie ist auch ein strategisches Werkzeug im Instrumentenkasten der Energiewende.

Der wirtschaftliche Kipppunkt der Altanlage ist entscheidend

Altanlagen, die seit über zwei Jahrzehnten in Betrieb sind, stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Die Solartechnik hat in den letzten 20 Jahren enorme Effizienzsprünge gemacht – während Module von Anfang der 2000er-Jahre noch rund 100 bis 130 W Leistung pro Quadratmeter lieferten, sind heute Werte von über 200 W/m2 Standard. In der Praxis bedeutet das: Der Austausch alter Module durch neue kann die Leistung auf dem vorhandenen Dach nahezu vervierfachen – ohne zusätzlichen Platzbedarf. Besonders relevant ist das für Eigentümer, deren Anlagen nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung gefallen sind. Der Wegfall der garantierten Einspeisevergütung verändert das wirtschaftliche Fundament einer PV-Anlage grundlegend. Wer in dieser Situation einfach weitermacht wie bisher, verschenkt nicht nur bares Geld, sondern riskiert auch, auf Dauer nicht einmal mehr die laufenden Betriebskosten zu decken.

Denn die Marktvergütung für ausgeförderte Altanlagen liegt heute nur noch bei wenigen Cent pro Kilowattstunde – deutlich unter dem Niveau, das Neuanlagen im Rahmen der EEG-Vergütung erhalten. Der entscheidende Hebel: Wird im Zuge des Repowerings die komplette Anlage modernisiert und die Anmeldung als Neuanlage durchgeführt, beginnt der 20-jährige EEG-Vergütungszeitraum von vorn. Ein wirtschaftlich bedeutsamer Schritt, der auch steuerliche und fördertechnische Konsequenzen mit sich bringt. Wer heute repowert, profitiert nicht nur von neuen Garantien der Komponentenhersteller, sondern auch von einer besseren Wirtschaftlichkeitsrechnung: Höhere Erträge treffen auf niedrigere Wartungskosten und geringere Ausfallzeiten.

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Doch das neue Faktenblatt beschränkt sich nicht auf Standardfälle. Es zeigt auf, wie unterschiedlich die Ausgangslagen sein können. So lohnt sich Repowering auch dann, wenn ohnehin eine Dachsanierung ansteht. Gerade im gewerblichen und kommunalen Bereich bietet diese Konstellation großes Synergiepotenzial. Wer das Dach neu eindeckt, muss gemäß der PV-Pflicht in Baden-Württemberg ohnehin mindestens 60 % der für Solarenergie geeigneten Fläche mit Modulen belegen. Eine Pflicht, die seit 2022 für neue Nichtwohngebäude und seit 2023 auch für grundlegende Dachsanierungen gilt. Der kombinierte Eingriff spart nicht nur Gerüstkosten, sondern auch Abstimmung und Logistik. Zudem wird der Betrieb der PV-Anlage nicht durch spätere Baumaßnahmen unterbrochen.

PV-Anlagen-Repowering ist ein doppelter Gewinn – ökonomisch wie technisch

Noch ein weiterer Fall wird im Faktenblatt detailliert behandelt: der gestiegene Eigenverbrauch. Viele Haushalte und Betriebe haben in den letzten Jahren ihren Strombedarf durch neue Verbraucher deutlich erhöht – etwa durch Wärmepumpen, Elektromobilität oder veränderte Produktionsprozesse. Die einst optimal dimensionierte PV-Anlage reicht dann nicht mehr aus, um einen nennenswerten Anteil des Eigenbedarfs zu decken. In solchen Fällen führt an einem Repowering kaum ein Weg vorbei. Denn statt auf zusätzliche Module auszuweichen – was oft am Platz scheitert – bietet der Austausch gegen leistungsstärkere Komponenten eine elegante Lösung. Der Eigenverbrauchsanteil steigt, Netzbezug sinkt, und in Kombination mit Speicherlösungen lässt sich die Autarkiequote signifikant erhöhen.

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Was bei der Planung zu beachten ist

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Anlage zu repowern? Und worauf sollte man achten, bevor man sich an die Modernisierung macht? Das Faktenblatt liefert hierzu eine strukturierte Entscheidungsgrundlage. Dabei steht eine einfache Formel im Mittelpunkt: Lohnt sich die Maßnahme wirtschaftlich oder nicht? Die zentrale Methode: eine Einnahmen-Ausgaben-Bilanz. Dabei müssen nicht nur die Investitionskosten für neue Module, Wechselrichter und eventuell Speicher betrachtet werden, sondern auch Betriebskosten, mögliche Förderungen und steuerliche Aspekte. Eine neutrale Bewertung ist entscheidend – idealerweise durch eine unabhängige Energieberatung oder ein Fachunternehmen mit Spezialisierung auf PV-Repowering. Grafiken im Faktenblatt veranschaulichen die Rechenwege und erleichtern auch weniger technikaffinen Betreibern den Einstieg.

Zudem ist es wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen. Die EEG-Novelle 2023 spielt hierbei eine zentrale Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Einspeisevergütung, Meldepflichten und Netzanschlussregelungen. Auch Netzbetreiber müssen frühzeitig eingebunden werden – etwa bei der Frage, ob die neue Anlagengröße noch mit dem bestehenden Anschluss kompatibel ist oder ob Verstärkungen notwendig werden. Für Unternehmen können auch die Themen Gewerbesteuer oder Investitionsabzugsbetrag relevant werden – eine sorgfältige steuerliche Beratung ist in solchen Fällen ratsam.

Neue Garantieleistung

Ein oft unterschätzter Aspekt sind die Garantieleistungen. Während Altanlagen häufig über keine gültigen Garantieansprüche mehr verfügen, bringen neue Komponenten oft zehn, 20 oder mehr Jahre Garantie mit. Auch das Risiko plötzlicher Ertragsausfälle sinkt durch neue Technik deutlich – insbesondere bei Wechselrichtern, die oft das erste Verschleißteil im System darstellen. In Summe ergibt sich ein Technologievorsprung, der sich nicht nur in Zahlen, sondern auch in Betriebsstabilität und Zukunftssicherheit auszahlt.

Nicht zuletzt betont das Faktenblatt auch die Rolle von Photovoltaik im Kontext kommunaler Klimastrategien. Viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt, was CO2-Neutralität oder den Anteil erneuerbarer Energien angeht. Alte PV-Anlagen zu ertüchtigen, ist in diesem Zusammenhang ein wirkungsvoller Hebel – insbesondere, weil der Flächenbedarf keine neuen Eingriffe erfordert. Auch für die öffentliche Hand gilt daher: Repowering ist kein Randthema, sondern Teil einer Gesamtstrategie.

Da Faktenblatt „Repowering von Photovoltaik-Anlagen“ ist kostenlos auf der Webseite des Photovoltaik-Netzwerks verfügbar.