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Finanzierung 29.03.2024, 10:00 Uhr

Power Purchase Agreements auf dem Vormarsch

Mehrjährige Stromlieferverträge zwischen Solar- und Windparkbetreibern und Industrieunternehmen liegen im Trend. Die Unternehmen versprechen sich davon Investitionssicherheit, Preisgarantien und Risikostreuung.

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Foto: PantherMedia/dizain

Langfristige Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements, kurz PPAs) werden im Zuge stark gesunkener Kosten für erneuerbaren Strom zu einem immer beliebteren Geschäftsmodell. Sie werden zwischen Betreibern regenerativer Erzeugungsanlagen wie Solar- und Windparks und Stromabnehmern wie Industrie, Gewerbe oder Stadtwerken abgeschlossen.

Absicherung gegen steigende Strompreise

PPAs ermöglichen es den Anlagenbetreibern, Projekte zu realisieren und den erneuerbaren Strom zu vermarkten, ohne an den EEG-Ausschreibungen für Fördertarife teilnehmen zu müssen. Durch die langen Laufzeiten der PPAs erhalten sie Planungssicherheit bei der Refinanzierung.

Unternehmen können sich so gegen steigende Strompreise absichern und den betrieblichen Klimaschutz vorantreiben. Sie haben die Möglichkeit, Grünstrom mit Herkunftsnachweis zu beziehen. Das verbessert ihre CO2-Bilanz und unterstreicht ihr Engagement für Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Meist Laufzeiten bis zu zehn Jahren

Mit einem PPA vereinbaren Anlagenbetreiber und Stromabnehmer vertraglich die Lieferung einer Strommenge zu einem festgelegten Preis über einen längeren Zeitraum. In der Regel werden Verträge mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren abgeschlossen. In einem PPA werden auch die weiteren Bedingungen, wie zum Beispiel Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung, geregelt.

Bei Onsite-PPAs, auch Direkt-PPAs genannt, wird der erneuerbare Strom vom Anlagenbetreiber in unmittelbarer Nähe des Abnehmers erzeugt und ohne Durchleitung durch das öffentliche Netz geliefert. In der Regel wird für die Stromlieferung das öffentliche Netz genutzt (Offsite PPA) und die im PPA vereinbarte Strommenge bilanziell abgerechnet.

Solarstrom aus Nauen für Kupferverarbeiter

Ein entsprechendes PPA hat beispielsweise die Ulmer Wieland-Gruppe kürzlich mit dem Energiekonzern Vattenfall abgeschlossen. Ein neuer Photovoltaik (PV)-Park im brandenburgischen Nauen mit einer Leistung von 46 MW soll den Kupferverarbeiter zehn Jahre lang mit Solarstrom versorgen.

Die Anlage rund 40 km westlich von Berlin wird derzeit entwickelt und soll 2025 ans Netz gehen. Pro Jahr wird Vattenfall rund 46 GWh Strom liefern, in zehn Jahren also 460 GWh. Das entspricht etwa 10 % des Strombedarfs der Wieland-Werke in Deutschland.

Reduktion von Emissionen vorantreiben

„Auf Basis unserer Nachhaltigkeitsstrategie treiben wir die Reduktion von Emissionen entschlossen voran. Neben der eigenen Stromproduktion durch PV-Installationen ist es Wielands ambitioniertes Ziel, künftig für die elektrifizierten Produktionsanlagen 100 % erneuerbare Energien zu nutzen“, erklärt Erwin Mayr, CEO der Wieland-Gruppe. „Deshalb ist diese Strompartnerschaft mit Vattenfall ein weiterer relevanter Meilenstein für den Klimaschutz und die Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele.“

Unabhängig von Vattenfall will Wieland auch Strom aus einem eigenem Solarpark in Erbach in der Nähe des Ulmer Firmensitzes beziehen. Dort entsteht auf einer Fläche von 24 ha einer der größten Solarparks Süddeutschlands.

Steigende Nachfrage

Nach der politischen Entscheidung gegen einen subventionierten Industriestrompreis in Deutschland rechnen Beobachterinnen und Beobachter in den kommenden Jahren mit einer steigenden Nachfrage nach langfristigen Stromlieferverträgen zwischen Erzeugern und Industrieunternehmen. „Die Nachfrage nach fossilfreien Strompartnerschaften für unsere Solar- und Windkraftanlagen zieht aktuell spürbar an“, betont Christine zu Putlitz, die bei Vattenfall das Marketing für erneuerbare Energien leitet.

Ein Viertel des deutschen Strombedarfs

Laut einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena) könnte das PPA-Volumen hierzulande bis 2030 auf 192 TWh steigen – und damit ein Viertel des gesamten deutschen Strombedarfs decken. Dazu könnte auch die politische Einigung zur EU-Strommarktreform beitragen. Die geplanten Regelungen sehen vor, dass die Mitgliedsstaaten vereinfachte staatliche Kreditbürgschaften für private Stromlieferverträge einrichten. Sollte dieses Instrument auch in Deutschland eingeführt werden, dürfte dies dem PPA-Markt weitere Impulse geben.

Dena erarbeitete Mustervertrag

Ein erster Mustervertrag für den deutschen PPA-Markt wurde von der Marktoffensive Erneuerbare Energien der Dena veröffentlicht. Er soll insbesondere kleinere Unternehmen und Stadtwerke beim Abschluss eines PPAs unterstützen. Der Mustervertrag bietet ihnen die Möglichkeit, auch ohne vertiefte Kenntnisse über PPA-Vertragstypen und Strommarkteffekte einen Liefervertrag abzuschließen. Guidance Notes geben Hinweise zu wesentlichen Aspekten und Gestaltungsmöglichkeiten.

Von Hans-Christoph Neidlein