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Forschungsprojekt 31.01.2024, 10:00 Uhr

Biogasanlagen werden CO2-frei

Bisher kann nur gut die Hälfte des Biogases als grünes Methan genutzt werden. Mit einer neuen Technik wird auch der Rest zum klimaneutralen Brennstoff.

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Biogasanlagen sind ein wichtiger Baustein der Energiewende.

Foto: PantherMedia/manfredxy

Biogasanlagen produzieren ein Gemisch aus Gasen, vor allem Methan und Kohlenstoffdioxid (CO2). Bei der Verbrennung von Methan wird nur so viel CO2 frei wie die Pflanzen zuvor aus der Atmosphäre entnommen haben. Auch das direkt produzierte CO2 belastet das Klima aus dem gleichen Grund nicht. Für Andre Heel, Professor für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil, war das dennoch alles andere als zufriedenstellend. Sein Ziel war es, den Methanertrag einer Biogasanlage auf nahezu 100 % zu steigern.

CO2-Umwandlung mit grünem Wasserstoff

Um dieses Ziel zu erreichen entfernt er im ersten Schritt aus dem Rohgas, das gut 50 % Methan, etwa 45 % CO2 und weitere Gase enthält, Schwefel, Ammoniak und störende Gase. Übrig bleibt ein Gemisch aus Methan und CO2. Dieses reichert er mit grünem Wasserstoff an, um das Klimagas ebenfalls in Methan umzuwandeln. Das hat er geschafft. Mit der Methanisierung des CO2 kann die gesamte Gasproduktion eines Fermenters in energetisch nutzbares synthetisches Erdgas umgewandelt werden, das klimaneutral ist.

Zuerst klappte es mit einem Nickel-Katalysator

Diese Methanisierung ist jedoch ein zäher Prozess. Er kommt nur in Gang, wenn ein hochwirksamer Katalysator der Reaktion auf die Sprünge hilft. Den hat Heel mit seinem Team in zehnjähriger Forschungsarbeit entwickelt. Der „SmartCat“, wie Heel ihn nennt, basiert auf dem bei Katalysatoren häufig eingesetzten Metall Nickel. Dieser spaltet CO2 und H2 auf und ermöglicht so die Neukombination der Elemente zu CH4 (Methan) und H2O (Wasser). Diese Reaktion findet bei einer Temperatur von rund 300 °C und normalem Luftdruck statt, also bei relativ milden Bedingungen, was nicht allzu viel Energie verschlingt.

Jetzt ist Eisen die erste Wahl

„Der SmartCat produziert nahezu reines Methan, was kein anderer Katalysator bisher schafft“, sagt Heel. Doch zufrieden war er immer noch nicht. Nickel könne für Menschen und Umwelt problematisch sein. „Daher haben wir uns gefragt, ob wir mit Eisen ähnlich gut Ergebnisse erzielen können. Eisen ist unschädlich, breit verfügbar und richtig günstig.“ Innerhalb von zwei Jahren ist es ihm und der promovierten Chemieingenieurin Stefanie Mizuno gelungen, diesen idealen Reaktionsbeschleuniger zu entwickeln.

Der Eisenkatalysator basiert auf dem gleichen Konzept wie der auf Nickelbasis. Die Metallpartikel werden auf Zeolith aufgebracht, ein keramisches Trägermaterial mit extrem vielen feinen Poren, der das während der Methanisierung entstehende Wasser aufnimmt und festhält. Dieser Adsorptionsprozess ist essenziell, damit die Methanisierung ungehindert abläuft und möglichst das gesamte CO2 in Methan umgewandelt wird.

Erfolg durch Dotierung

Doch erste Tests waren unbefriedigend. Der Eisenkatalysator verlor schon nach kurzer Zeit seine Wirkung. Doch Mizuno ließ sich nicht entmutigen. Sie fügte winzige Mengen eines anderen Metalls – welches es ist sagt sie nicht – hinzu, um das Eisen zu stabilisieren. Diese Dotierung hatte Erfolg. Der Katalysator bringt fast die gleiche Leistung wie der SmartCat. Allerdings sieht die Energiebilanz schlechter aus. Die Methanisierung erfordert eine Temperatur von 400 °C und einen Druck von 15 bar. Das entstehende Methan besitzt direkt – also ohne nachgeschaltete, teure Aufreinigung – die für die Netzeinspeisung erforderliche Qualität.

Kontinuierlich dank Zwillingsreaktor

Der Prozess verläuft zudem nicht kontinuierlich. Wenn sich der Zeolith mit Wasser vollgesogen hat muss er getrocknet werden. Um dennoch ohne Pause produzieren zu können entschieden sich die Forschenden, einen Zwillingsreaktor einzusetzen. Im ersten läuft die Methanisierung ab, während im zweiten der Zeolith getrocknet wird. Dann tauschen die Anlagen ihre Aufgaben. Im nächsten Schritt soll das Verfahren in einer realen Biogasanlage getestet werden. Dann lässt sich erst sagen, wie hoch die Kosten sind.

Von Wolfgang Kempkens