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Smarte Kontrolle am Netzanschluss 26.06.2025, 14:00 Uhr

BSI gibt grünes Licht für neue Steuerboxen

BSI zertifiziert neue Steuerboxen für intelligente Messsysteme: Sie ermöglichen die sichere, gesetzeskonforme Steuerung von E-Mobilität, Wärmepumpen und PV-Anlagen – ein wichtiger Schritt für ein stabiles Stromnetz.

Smarte Steuerboxen zertifiziert (v.l.n.r.): Michael Schmitt, Tamino Lasta, Brian Niehöfer (alle Theben Smart Energy), Sandro Amendola, Dennis Laupichler, Kai Redeker, Michael Brehm (alle BSI). Foto: BSI

Smarte Steuerboxen zertifiziert (v.l.n.r.): Michael Schmitt, Tamino Lasta, Brian Niehöfer (alle Theben Smart Energy), Sandro Amendola, Dennis Laupichler, Kai Redeker, Michael Brehm (alle BSI).

Foto: BSI

Die fortschreitende Elektrifizierung immer weiterer Bereiche im Verkehrs- und Gebäudesektor stellt das Stromnetz vor erhebliche Herausforderungen. Elektromobilität, Wärmepumpen und Photovoltaik (PV)-Anlagen müssen zunehmend dynamisch in das Netz eingebunden werden. Dabei spielt die Steuerbarkeit der angeschlossenen Verbraucher und Erzeuger eine entscheidende Rolle. Am 18. Juni 2025 hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Steuerboxen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen zertifiziert. Sie erfüllen die Anforderungen des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) in Verbindung mit dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und können ab sofort in intelligenten Messsystemen (iMSys) eingesetzt werden.

Steuerboxen sind zentrale Komponenten für das sogenannte netzdienliche Steuern: Sie ermöglichen es Netzbetreibern, in definierten Situationen auf flexible Verbraucher wie Wallboxen, Wärmepumpen oder Batteriespeicher einzuwirken. Dadurch lassen sich Lastspitzen vermeiden, Netze stabilisieren und zugleich erneuerbare Energien effizienter integrieren. Die nun zertifizierten Geräte stammen von den Anbietern eBZ, EFR G, Robotron Datenbank-Software und Power Plus Communications. Die Zertifizierung nach Schutzprofil und Technischer Richtlinie des BSI ist ein wesentlicher Schritt zur flächendeckenden Digitalisierung des Stromsystems.

BSI-Zertifizierung: Kompatibilität und Sicherheitsstandards sind Grundanforderungen

Um im Energiesektor zugelassen zu werden, müssen Steuerboxen hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Sie müssen mit intelligenten Messsystemen kommunizieren können, verschlüsselte Datenübertragung unterstützen und gegen Manipulation abgesichert sein. Das BSI hat in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) konkrete Schutzprofile definiert, auf deren Basis nun erstmals Geräte zertifiziert wurden. Die zugrundeliegende Technische Richtlinie TR-03109 regelt unter anderem die Interoperabilität, Zugriffskontrolle und Auditierbarkeit der Steuerbefehle.

Neben der technischen Zertifizierung wird auch die Praxistauglichkeit durch begleitende Testverfahren validiert. Dabei wird etwa geprüft, ob die Steuerboxen unter realistischen Bedingungen mit unterschiedlichen Gateways, Energieverbrauchern und Softwareplattformen kompatibel sind. Diese Interoperabilitätsprüfungen sollen verhindern, dass Systeme nur herstellerspezifisch funktionieren und damit Innovation und Wettbewerb einschränken.

Der regulatorische Rahmen für die Nutzung der Steuerboxen wurde durch die Novellierung von § 14a EnWG geschaffen. Er sieht vor, dass Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen verpflichtet werden können, in definierten Engpasssituationen Netzbetreibern einen Zugriff auf bestimmte Leistungsbereiche zu ermöglichen. Im Gegenzug erhalten sie reduzierte Netzentgelte. Die Steuerung erfolgt dabei über das intelligente Messsystem, wobei die Steuerbox als physische Schnittstelle fungiert. Perspektivisch wird auch die Kopplung an dynamische Netzampelsysteme diskutiert, die die Steuerung noch zielgenauer machen sollen.

Geprüfter Praxisnutzen für Versorger sowie Verbraucherinnen und Verbraucher

Für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für Installationsbetriebe ergeben sich durch die Zertifizierung klare Perspektiven. Netzbetreiber können nun erstmals auf eine Auswahl interoperabler Geräte zurückgreifen, die verbindlichen Sicherheitsstandards entsprechen. Das soll Planungs- und Investitionssicherheit schaffen. In der Praxis können nun zum Beispiel Ladepunkte für E-Autos oder elektrische Wärmeerzeuger so installiert werden, dass sie in ein intelligentes Lastmanagement eingebunden sind. Voraussetzung ist, dass auch das zugehörige Gateway des Messsystems über eine entsprechende Steuerfunktion verfügt.

In Pilotprojekten wird bereits demonstriert, wie die Steuerung flexibler Verbraucher netzstabilisierend wirken kann. In Kombination mit dynamischen Stromtarifen und örtlichen Netzanalysen könnte sich ein großer Teil der Lastverschiebung automatisieren lassen. Dadurch würden nicht nur Netzausbaukosten reduziert, sondern auch neue Vermarktungsmodelle für Flexibilität geschaffen. Für Hersteller, Stadtwerke und Energiedienstleister ergibt sich somit ein neues Marktsegment.

Auch im Kontext der kommunalen Energiewende könnten Steuerboxen zukünftig eine zentrale Rolle spielen: In Quartieren mit hoher Eigenstromnutzung und gemeinschaftlich genutzten Erzeugungsanlagen könnten Steuerboxen helfen, lokale Netzengpässe zu vermeiden. Die Flexibilität auf dieser Ebene könnte gleichzeitig in übergeordnete Netzdienste eingebunden werden – ein Ansatz, der auch von Verteilnetzbetreibern als Zukunftsperspektive gesehen wird.

Ein zentrales Anliegen bleibt jedoch die Akzeptanz. Damit Endkundinnen und -kunden bereit sind, einen Teil der Steuerbarkeit abzugeben, sind Transparenz, Datenschutz und einfache Bedienkonzepte erforderlich. Die Steuerbox darf nicht als „Black Box“ empfunden werden, sondern muss nachvollziehbar und kontrollierbar in bestehende Smart-Home- oder Energiemanagementsysteme eingebunden werden können. Auch Schulungen für Installateurinnen und Installateure sowie Energieberaterinnen und -berater werden in diesem Zusammenhang an Bedeutung gewinnen.