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Schutz von Ressourcen 13.11.2023, 07:00 Uhr

Wie neue Verfahren in der Photovoltaik-Herstellung die Umwelt entlasten

Für die Produktion herkömmlicher Solarmodule wird in der Regel Silber verwendet. Der Rohstoff ist jedoch begrenzt und teuer. Zudem werden viel zu oft noch funktionsfähige Solarmodule entsorgt. Zwei Start-Ups haben zukunftsweisende Lösungen entwickelt, die bei der Herstellung von Photovoltaik Ressourcen und Umwelt schonen sollen.

Solar-Modul auf einem Feld

Bislang wird der Rohstoffverbrauch bei Herstellen von Solaranlagen zu wenig thematisiert.

Foto: PantherMedia / Sophonnawit

Photovoltaik spielt neben Windenergie eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. Im vergangenen März ist die Zahl der Photovoltaik-Anlagen im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent gestiegen. Der Bundesverband Solarwirtschaft prognostiziert für 2023 sogar, dass Deutschlands Nachfrage nach Solarstromanlagen das siebte Jahr in Folge prozentual zweistellig wachsen wird. Die Gründe für den Solar-Boom sind vielfältig. Zum einen können sich Hausbesitzer mit Sonnenstrom zum Teil selbst versorgen und sich somit unabhängiger von schwankenden Strompreisen. Zum anderen steigt vielerorts das Umweltbewusstsein, sodass mehr Menschen auf nachhaltig produzierten Strom setzen.

Doch so nachhaltig die Energieerzeugung mit Photovoltaik ist, erfordert die Herstellung von Solarmodulen auch einiges an Energie und Rohstoffen. Um den Weg für den großflächigen Ausbau von PV-Anlagen frei zu machen, ist daher ein verantwortungsbewusster Umgang mit den nötigen Rohstoffen entscheidend. Zwei Start-ups aus Freiburg und Braunschweig haben zukunftsweisende Lösungen entwickelt, die dazu beitragen sollen, Ressourcen und Umwelt bei der Produktion von Photovoltaik zu schonen. Die deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt beide Start-ups mit der Green-Start-up-Förderung. 

Kupfer statt Silber in PV-Modulen

Für die Herstellung von Solarmodulen, insbesondere von Leitbahnen und Kontakten, wird Silber verwendet. Das Edelmetall ist jedoch teuer, und nur begrenzt verfügbar. „Derzeit werden etwa 17 Prozent des jährlich in Minen abgebauten Silbers für Solarzellen genutzt“, sagt Katharina Braig vom Gründungsteam des Freiburger Startups PV2+. Ohne neue technische Innovationen, denkt sie, wird die Solarindustrie bis zum Jahr 2030 das gesamte Silber aus dem Bergbau nachfragen. Neben der begrenzten Verfügbarkeit von Silber kann der Bergbau in den Abbauregionen außerdem zu Konflikten von Landrechten, Umweltverschmutzungen oder sozialen Auswirkungen auf die Lebensweise einheimischer Gemeinden führen.

Daher arbeitet das Startup PV2+ an einer vielversprechenden Lösung für Solarzellenhersteller, bei der Kupfer das Silber ersetzt. „Kupfer ist 100-mal günstiger und 1.000-fach verfügbarer als Silber“, sagt Braig. Allerdings ist Kupfer aufgrund seiner Eigenschaften nicht für das Siebdruckverfahren geeignet, das sonst zur Aufbringung von Silberkontakten eingesetzt wird. Kupfer würde bei diesem Verfahren seine elektrische Leitfähigkeit verlieren. Die Funktionsfähigkeit der Solarzelle wäre nicht mehr gewährleistet. Vor diesem Hintergrund hat das Startup PV2+ ein spezielles Galvanik-Verfahren entwickelt, bei dem die Solarzelle in ein Kupfer-Elektrolyt-Bad getaucht wird. Dabei wird das Kupfer mit elektrochemischen Prozessen aufgetragen. Auf diese Weise behält Kupfer seine Leitfähigkeit und stellt eine Alternative zum Einsatz von Silber dar.

Das Ergebnis: Nachhaltige, günstige und effiziente PV-Module

Kupfer statt Silber bei der Herstellung von PV-Modulen zu verwenden, birgt gleich mehrere Vorteile. Nach Angaben des Startups PV2+ produzieren die PV-Module mit Kupfer mehr Strom als herkömmliche PV-Anlagen. Der Grund dafür liege in den schmalen Kupferleitungen, die zu einer geringeren Verschattung führen. Darüber hinaus sei Kupfer in Deutschland aufgrund einer hohen Recyclingquote leicht verfügbar. Das führe wiederum zu kürzeren Transportwegen und zur Einsparung klimaschädlicher Emissionen.

„Für ein schnelles, ressourcenschonendes Wachstum der Solarindustrie und eine dauerhafte kostengünstige Bereitstellung grüner Energie kann diese Entwicklung ein Meilenstein sein“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.

Lebenszeit von PV-Modulen verlängern

Neben dem Einsatz möglichst nachhaltiger Rohstoffe spielt auch die Nutzungsdauer von Photovoltaik eine wichtige Rolle bei der Schonung von Ressourcen. Wie auch andere technische Geräte unterliegen Solarzellen einem natürlichen Verschleiß. Ihre Leistungsfähigkeit nimmt mit der Zeit ab, was zu einem geringeren Energieertrag führt. Allerdings werden viel zu oft Solarmodule entsorgt, die noch voll funktionsfähig sind.  „Jedes zweite entsorgte Solarmodul funktioniert noch – das ist eine enorme Verschwendung“, sagt Luisa Schulze, Geschäftsführerin des Startups Better Sol aus Braunschweig. Oft würden Solarmodule aus Solarparks aus ökonomischen Gründen ausgemustert werden, obwohl sie noch über 80 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit haben.

Um dieser Verschwendung entgegenzuwirken, hat Schulze zusammen mit Mitbegründer Mirko Laube ein intelligentes und automatisiertes Verfahren entwickelt, das gebrauchte PV-Module auf seine zu erwartende Rest-Lebensdauer und Leistung prüft. Alle PV-Module mit mindestens 80 Prozent Leistung werden zu einem günstigen Preis wieder verkauft. Das Testverfahren des Startups Better Sol kann somit die Lebenszeit von PV-Modulen deutlich verlängern, kostbare Ressourcen schonen und Verbrauchern eine kostengünstige Möglichkeit bieten, nachhaltig Strom zu produzieren.

Von Ines Klawonn