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Windradrecycling 01.04.2019, 00:00 Uhr

Rotorblätter in Zementwerken

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) sind aufgrund ihrer Festigkeit und Flexibilität vielseitig einsetzbar – so auch bei der Herstellung von Rotorblättern für Windenergie- anlagen. Die Möglichkeiten der Wiederverwertung waren bislang aber begrenzt.

Der Vorschredder der Bremer Firma neocomp wird befüllt. Bild: Nehlsen GmbH &  Co. KG

Der Vorschredder der Bremer Firma neocomp wird befüllt. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

Die Deponierung GFK-haltiger Abfälle verbietet die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASI) seit 2005. Die Bremer Firma neocomp bietet jedoch seit vier Jahren eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung für die GFK-Aufbereitung an – gerade hinsichtlich der aktuellen Diskussion um das Recycling einer steigenden Anzahl ausgedienter Rotorblätter. Die Firma ist eine Beteiligungsgesellschaft der in Lüneburg beheimateten neowa GmbH sowie der Nehlsen GmbH & Co. KG aus Bremen.

Das neue Verfahren ermöglicht eine umweltgerechte und wirtschaftliche Verwertung von GFK in einem Zero-Waste-Prozess. Die dabei produzierten Stoffe werden bei der Zementherstellung thermisch und stofflich verwertet. Darüber hinaus ist auch ein Einsatz der Materialien in der weiterverarbeitenden Industrie möglich. So entsteht ein geschlossener nachhaltiger Verwertungskreislauf. Jährlich verarbeitet neocomp in der Anlage in Bremen bereits 30.000 Tonnen GFK-haltiger Abfälle – Tendenz steigend.

Material wird über das Auflageband in den Querstromzerspaner der neocomp transportiert. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

Material wird über das Auflageband in den Querstromzerspaner der neocomp transportiert. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

 

Schrittweise Verwertung

In der Anlage werden GFK-Abfälle sowie Reststoffe aus der Papierindustrie verarbeitet. Die GFK-Abfälle setzen sich aus Produktionsabfällen und End-of-Life-Abfällen wie Rotorblätter ausgedienter Windkraftanlagen, Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen zusammen. Die Rotorblätter selber werden in einem speziellen Verfahren bereits auf der Baustelle in transportfähige Längen geschnitten und somit sauber und wirtschaftlich zur Anlage gebracht. In der neocomp erfolgt die verfahrenstechnische Behandlung in einem mehrstufigen Prozess.

Ein Bagger befüllt den Vorschredder von neocomp. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

Ein Bagger befüllt den Vorschredder von neocomp. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

 

Nach dem Zumischen der Reststoffe aus der Papierindustrie, wird diese Materialmischung mit dem Bagger in den Trichter eines Vorzerkleineres efördert. Über ein Aufgabeband gelangt das geshredderte Material in ein containerartiges Gehäuse, den Querstromzerspaner, wo es fein zermahlen wird. Bei diesem Prallverfahren dreht sich eine Ankerkette wie man es von großen Seeschiffen kennt mit einer Umdrehungszahl von 800 oder 1.000 Umdrehungen pro Minute.

Ein Bagger befüllt den Querstromzerspaner der neocomp. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

Ein Bagger befüllt den Querstromzerspaner der neocomp. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

 

Das Ergebnis ist ein grau-weißer Ersatzbrennstoff mit Teilchen kleiner als 50 Millimeter. Diese dienen als Substitut für die Rohmaterialien Kohle und Sand in der Zementherstellung. Das im GFK enthaltene und im Ersatzstoff verbleibende Silizium ist ein wichtiger Rohstoff für die Zementproduktion. Die Spuckstoffe – also die Leichtrejekte aus der Papierindustrie – liefern den notwendigen Brennwert. Des Weiteren entspricht die Konzentration an chemischen Elementen genau dem Anforderungsprofil der Industrie und des Gesetzgebers an diese Stoffe. Derzeit produziert die neocomp GmbH mit der GFK-Anlage 100 Tonnen Ersatzstoffe pro Tag.

Verladen des Endmaterials: Einsatzstoffe für die Zementindustrie. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

Verladen des Endmaterials: Einsatzstoffe für die Zementindustrie. Bild: Nehlsen GmbH & Co. KG

 

Ausbau der Kapazitäten

An Faserverbundabfällen wird es in Zukunft nicht mangeln, wie die Situation in der Windenergiebranche beispielhaft zeigt: Laut dem Bundesverband Wind Energie waren Ende 2016 insgesamt 27.270 Windenergieanlagen in Deutschland in Betrieb. Eine Anlage hat eine durchschnittliche Lebensdauer von 20 Jahren. Spätestens dann haben die aus GFK gefertigten Rotorblätter das Ende ihres Lebenszyklus‘ erreicht und müssen entsorgt werden. Mit Blick auf diese Prognosen sowie die hohe Nachfrage nach den Ersatzstoffen am Markt plant das Unternehmen schon jetzt den Ausbau der internen Kapazitäten und knüpft Kontakte zu weiteren Branchen als Abnehmer der Ersatzstoffe.

Von Mika Lange

Mika Lange, neocomp, Leiter Entsorgung GFK/CFK, ml@neowa.eu