Zum E-Paper
Forschungsprojekt 27.05.2024, 12:00 Uhr

Biobasierte Materiallösungen: Pflanzenbasierte Rohstoffe ersetzen Erdöl

Vor drei Jahren startete das von der EU geförderte Projekt INN Pressme. Ziel der 27 Projektpartner aus neun Ländern ist es, ein europaweites Ökosystem für pflanzenbasierte, wiederverwertbare und/oder biologisch abbaubare Verpackungen, Energie- und Transportlösungen sowie Konsumgüter aufzubauen. Die neun Testfälle mit Prototypen sind abgeschlossen und die Ergebnisse vielversprechend.

Antimikrobiell ausgestattete Beschichtung auf 3D gedruckten Schuhsolen. Bei der Entwicklung wirkten Aitiip, Podoactiva, IWN, Fraunhofer ISC und IPC mit. Foto: Victor Aitiip/INN Pressme

Antimikrobiell ausgestattete Beschichtung auf 3D gedruckten Schuhsolen. Bei der Entwicklung wirkten Aitiip, Podoactiva, IWN, Fraunhofer ISC und IPC mit.

Foto: Victor Aitiip/INN Pressme

Der „European Green Deal“ hat eine Roadmap und ein Maßnahmenpaket für eine nachhaltige europäische Wirtschaft mit Null Nettoemissionen bis 2050 vorgelegt. Die EU unterstützt dies auch im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon, in dem INN Pressme gefördert wird. INN Pressme bietet einen doppelten Ansatz zur Unterstützung europäischer Unternehmen bei der Erreichung der Klimaziele: Erstens sollen pflanzenbasierte Rohstoffe für marktfähige, kreislauffähige Produkte entwickelt werden. Dank Nanotechnologie sollen diese Materialien die Leistungen fossilbasierter Materialien erreichen und übertreffen. Zweitens soll die Digitalisierung unterstützt werden, indem Unternehmen Daten und Werkzeuge zur Modellierung der Lebenszyklus-Wertschöpfungskette bereitgestellt werden, die mit der Umstellung der industriellen Produktion kompatibel sind. Dies ist der Schlüssel zur Maximierung der Nutzung von Materialien in der Kreislaufwirtschaft, begleitet von umfangreichen LCA-, LCCA- und LCI-Studien.

So werden Kunststoffe biologisch abbaubar gemacht

Pilotproduktion für biobasierte Materiallösungen startet

Die neun Testfälle für eine Pilotproduktion in verschiedenen Branchen sind abgeschlossen. Die Herstellung der Demonstratoren aus biobasierten Materialien für umweltfreundliche Verpackungen, Energie, Transport und Konsumgüter wurde erfolgreich im Pilotmaßstab demonstriert. Bestehende Pilotanlagen wurden erweitert und angepasst. Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC hat die Aufgabe übernommen, die aus pflanzenbasierten Rohstoffen gefertigten Produkte mit speziellen biobasierten Beschichtungen für ihre Anforderungen fit zu machen. Das Institut war in sechs Testfällen involviert und hat ein bioOrmocer-Material modifiziert, das als Barriereschicht für Verpackungen konzipiert wurde. Kratzbeständige und optische Schichten für Automotive-Anwendungen sowie antimikrobielle und leicht zu reinigende Beschichtungen für Sportprodukte und Schuhsohlen wurden entwickelt.

So wird synthetischer Kautschuk “grün“

Biobasierte Materiallösungen: Der weite Weg vom Labor in den Pilotmaßstab

Das Hochskalieren der Materialmengen erfolgt in festgelegten Schritten, um Anpassungen an Materialformulierung und Herstellprozess durchzuführen. Im Fraunhofer ISC wurde dieses Hochskalieren bis in den Pilotmaßstab durchgeführt. Ein 100-Liter-Lackreaktor und eine Rolle-zu-Rolle Anlage wurden eingesetzt, um Barriereschichten auf modifiziertes Papier aufzutragen. Die Menge von 100 l reicht für bis zu 3 000 m2 beschichteter Fläche aus. Die Beschichtungen mussten auf die Qualität und Anforderungen der biobasierten Substrate abgestimmt werden, da diese komplexe Oberflächen haben und wenig temperatur- oder chemikalienstabil sind. Die Bearbeitung von biobasierten Materialien in Rolle-zu-Rolle-Prozessen ist oft schwierig und die erwarteten Taktraten werden erst mit weiterer Anpassung erreicht.

Trotz aller technischen Herausforderungen wurde mit den erfolgreich bearbeiteten Testfällen bewiesen, dass der Aufbau eines europaweiten Pilotanlagen-Netzwerks gelungen ist und die Kooperation reibungslos funktioniert.

Kunststoff-Fahrrad geht mit neuem Namen in Serie

Eingespielte Infrastruktur für Unternehmen

Dieses Pilotanlagen-Netzwerk wird Unternehmen zukünftig über einen Single Entry Point (SEP) zur Verfügung stehen. Sie erhalten Unterstützung bei der Hochskalierung eigener biobasierter Lösungen mit einer hervorragenden Infrastruktur, ohne in eigene Anlagen investieren zu müssen. Damit reduziert INN Pressme die unternehmerischen Risiken bis zur Marktfähigkeit neuer pflanzenbasierter Produkte. Das letzte Projektjahr wird genutzt, um den SEP aufzubauen und umfassende Lebenszyklus-Analysen sowie End-of-life Bewertungen durchzuführen.

Von Text: Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC / RMW