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Linearführungen 06.02.2024, 12:48 Uhr

Digitale Zwillinge von kleinen, komplexen Objekten

Ein 3D-Scanner kann naturgetreue Aufnahmen beispielsweise von Insekten erstellen und ermöglicht so die Digitalisierung von bisher analogen Insektensammlungen.

Ziel bei der Entwicklung des Scanners: Die Oberflächen von Insekten detailgetreu dreidimensional zu vermessen – zum Beispiel von einem Feldsandlaufkäfer. Foto: Small World Vision GmbH

Ziel bei der Entwicklung des Scanners: Die Oberflächen von Insekten detailgetreu dreidimensional zu vermessen – zum Beispiel von einem Feldsandlaufkäfer.

Foto: Small World Vision GmbH

Der photogrammetrische Makro-3D-Scanner des Start-ups Small World Vision fertigt digitale Zwillinge von kleinen, komplexen, farbigen Objekten. Mit diesen naturgetreuen 3D-Aufnahmen können zum Beispiel Museen analoge Insektensammlungen digitalisieren. Im Scanner verbaut sind hochgenaue und spielarme Komplettachsen von THK, die von Indunorm, dem größten Vertriebspartner des Herstellers in Europa, geliefert wurden.

Dr. Sebastian Schmelzle: „Um zufriedenstellende Ergebnisse zu erhalten, müssen die Scanner extrem genau verfahren können.“

Foto: Small World Vision GmbH

„Die Idee dieses Projekts wurde aus der Not geboren“, erinnert sich Dr. Sebastian Schmelzle. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachbereichs Biologie an der Technischen Universität (TU) in Darmstadt arbeitete Dr. Michael Heethoff daran, die komplexen Oberflächen von Insekten detailgetreu dreidimensional zu vermessen. „Bis dato gab es dafür keine geeignete Möglichkeit“, sagt Schmelzle. Zunächst sah der Wissenschaftler einen sogenannten Structured Light Scanner vor, der mithilfe projizierter Lichtmuster und eines Kamerasystems diese Aufgabe meistern sollte. Die Ergebnisse waren jedoch zu ungenau.

„Mit unserer Neuentwicklung erhielten wir exakte Resultate ohne Parallaxenfehler.“ Dr. Sebastian Schmelzle

In einer Kooperation von TU Darmstadt und Prof. Dr. Bernhard Ströbel von der Hochschule Darmstadt entwickelte das Team daraufhin einen Scanner, der mit einer hochpräzisen Kamera in der Lage ist, eine Vielzahl an Schichten eines Objekts aufzunehmen. Daraus kann das Gerät blitzschnell die Schärfen ermitteln. Schmelzle: „Mit unserer Neuentwicklung erhielten wir exakte Resultate ohne Parallaxenfehler.“

Von der Uni in die Wirtschaft

2018 veröffentlichte er mit seinen Kollegen den Prototyp Disc-3D als Open-Source-Projekt – konnte damit also nachgebaut werden. Ab da wurde die Nachfrage nach einem kommerziellen Gerät immer stärker. „Mit unserem Scanner lassen sich detail- und farbgetreue digitale Zwillinge mit hoch aufgelösten Texturen erstellen. Etwas Vergleichbares gibt es bisher noch nicht auf dem Markt“, erläutert Schmelzle. „Die 3D-Modelle eignen sich etwa, um mehrere Jahrhunderte alte Insekten zu digitalisieren und so für die Nachwelt zu archivieren. Sie bieten aber auch für den Forschungs-, Bildungs- und Unterhaltungssektor einen neuartigen, dreidimensionalen Zugang zum Mikrokosmos.“

Der photogrammetrische Makro-3D-Scanner DISC3Dplus von Small World Vision ermöglicht naturgetreue 3D-Aufnahmen von kleinen, komplexen, farbigen Objekten.

Foto: Small World Vision GmbH

Mit dem Ziel, den Scanner zum leistungsfähigen Serienprodukt Disc-3D-plus weiterzuentwickeln, entstand an der TU Darmstadt ein Start-up mit drei festen Mitarbeitern, die Small World Vision GmbH, und ausgewählten Zulieferern. Dazu gehört auch Indunorm Bewegungstechnik. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Duisburg und einem Standort in Stuttgart ist der größte europäische Vertriebspartner des japanischen Linearführungsherstellers THK.

Mit einer hochpräzisen Kamera ist der Scanner in der Lage, eine Vielzahl an Schichten eines Objekts aufzunehmen.

Foto: Small World Vision GmbH

Schmelzle, der bei Small World Vision den Bereich Sales & Management verantwortet: „Um zufriedenstellende Ergebnisse zu erhalten, müssen die Scanner extrem genau verfahren können. In den ersten Versuchen an der TU Darmstadt setzten wir noch Gleitführungen ein. Auf Dauer brachten diese jedoch nicht die gewünschte Steifigkeit und Präzision.“ Die Uni stand damals in Kontakt mit THK-Vertriebsmitarbeiter Rainer Klimek: „Unser Portfolio umfasst nicht nur die Herstellung der technischen Komponenten, sondern auch die technische Beratung vor Ort“, sagt er. „Wir wählten für diese Anwendung das passende Produkt aus und berechneten die benötigten Spindel- und Führungsgrößen. Schließlich empfahlen wir unsere Komplettachse der Baureihe SKR.“

Ohne die Komplettachsen der Baureihe SKR wäre die hohe Präzision des Scanners nicht möglich.

Foto: Indunorm

Die Linearachse setzt sich aus zwei THK-Führungen und einem Kugelgewindetrieb zusammen, die sich in einem steifen Gehäuse befinden. Sie besitzt eine Außenschiene im breiten U-Profil mit hoher Moment- und Verdrehsteifigkeit. In der Außenschiene sind Innenwagen und Kugelgewindemutter integriert. Die Linearführung besteht aus vier Kugelreihen mit Kreisbogenlaufrillen. Dieser Aufbau ermöglicht einen gleichmäßigen Lauf unter Vorspannung.

Ulrich Haas, Indunorm Bewegungstechnik: „Die Linearführung punktet auch durch einen langzeitwartungsfreien Betrieb.“

Foto: Indunorm

„Damit profitiert Small World Vision von einer hochsteifen Führung“, erklärt Klimek: „Zudem werden Schwankungen des Verschiebewiderstandes durch Belastungsänderung minimiert. Dies stellt eine hohe Vorschubgenauigkeit sicher.“ Und Indunorm-Experte Ulrich Haas ergänzt: „Die Linearführung punktet auch durch einen langzeitwartungsfreien Betrieb mit hohen Geschwindigkeiten und geringen Laufgeräuschen – Eigenschaften, die für die Endkunden besonders wichtig sind. Unter anderem schaffen sie so auch eine angenehme Arbeitsatmosphäre.“ Small World Vision hat die extrem präzise und steife Achse überzeugt. Sie garantiert absolute Spielfreiheit selbst bei geänderter Drehrichtung, und sie ist komplett einbaufertig. „Auch ist die Wiederholgenauigkeit bei den hohen Anforderungen an die Präzision jederzeit gegeben“, erläutert Haas. Jungunternehmer Dr. Sebastian Schmelzle ist von Indunorm als Zulieferer überzeugt: Denn eine garantierte rasche Lieferung setzt er voraus – und diese erfolgt zeitnah und zuverlässig. Kommen die Achsen bei Small World Vision an, überprüfen sie die Fachleute in Darmstadt, bevor sie sie einbauen.

Rainer Klimek von THK. „Unser Portfolio umfasst nicht nur die Herstellung der technischen Komponenten, sondern auch die Beratung vor Ort.“

Foto: THK

Seit Sommer 2022 verkauft das Start-up die hochpräzisen 3-D-Geräte an seine Kunden. „Ohne Zulieferer wäre der Erfolg nicht möglich“, resümiert Schmelzle. „Denn gerade mit den hochpräzisen SKR-Achsen von THK konnten wir unseren Makro-3D-Scanner erst bauen und so den Markt revolutionieren.“ Dazu kommt: Small World Vision kann zum einen natürlich nicht alles selbst herstellen, zum anderen gibt es viele Teile, die speziell angefertigt werden müssen. „Unsere Zulieferer müssen kompetent, zuverlässig – und vor allem technisch versierte Partner für uns sein“, beschreibt Schmelzle. „Dabei ist es für uns wichtig, unser Know-how im Haus zu behalten.“

Von Indunorm/Udo Schnell