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PFAS Wasserkreislauf 05.05.2025, 10:00 Uhr

Gefährliche Werkstoffe im Fokus: Wie ein EU-Projekt zur Schadstoffreduktion beiträgt

Wie lassen sich PFAS aus dem Wasserkreislauf entfernen? Das EU-Projekt PROMISCES zeigt, wie moderne Probenahme, Risikomodellierung und internationale Kooperation helfen, Schadstoffe wie PFAS in Berlin und Europa nachhaltig zu überwachen, zu bewerten und zu minimieren.

Das PROMISCES-Projekt adressierte die Herausforderungen durch PFAS. Diese synthetischen Schadstoffe gefährden Umwelt und Gesundheit und stellen ein Hindernis für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Wassersektor dar. Ziel des im April 2025 zu Ende gegangenen Projekts war es, konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Green-Deal-Ziele und des EU-Aktionsplans „Zero Pollution“ voranzutreiben. Grafik: KWB

Das PROMISCES-Projekt adressierte die Herausforderungen durch PFAS. Diese synthetischen Schadstoffe gefährden Umwelt und Gesundheit und stellen ein Hindernis für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Wassersektor dar. Ziel des im April 2025 zu Ende gegangenen Projekts war es, konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Green-Deal-Ziele und des EU-Aktionsplans „Zero Pollution“ voranzutreiben. Grafik: KWB

Das europäische Forschungsprojekt PROMISCES, das im April 2025 zu Ende ging, widmete sich den Herausforderungen durch per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Diese synthetischen Schadstoffe sind extrem langlebig, biologisch nicht abbaubar und reichern sich in der Umwelt an. Damit stellen sie eine massive Gefahr für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit dar – und sind zugleich ein erhebliches Hindernis für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, insbesondere im Wassersektor.

PFAS erschweren sowohl die Wiederverwendung von Wasser als auch das Recycling kontaminierter Materialien. Eine zusätzliche Herausforderung besteht in der begrenzten analytischen Erfassbarkeit: Trotz tausender existierender Verbindungen sind bislang nur wenige davon messtechnisch eindeutig identifizierbar. Vor diesem Hintergrund zielte PROMISCES darauf ab, mit konkreten Maßnahmen die Ziele des europäischen Green Deal und des EU-Aktionsplans „Zero Pollution“ zu unterstützen.

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Internationale Kooperation für nachhaltige Lösungen

Unter Federführung des französischen geologischen Dienstes BRGM arbeiteten 27 Partner aus neun Ländern gemeinsam an sieben europäischen Fallstudien. Im Mittelpunkt standen innovative Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Reduktion von PFAS-Emissionen. Besonders aktiv war das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB), das in der Berliner Fallstudie maßgeblich zur Probenahme, Modellierung und Risikobewertung beitrug.

Fallstudie Berlin: PFAS im urbanen Wasserkreislauf

In enger Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben (BWB), dem Umweltbundesamt (UBA) und der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) untersuchte das KWB die Quellen von PFAS und anderen Industriechemikalien im städtischen Wassersystem. Besonderes Augenmerk galt dabei dem Regenwasserabfluss an Industriestandorten. Die Probenahmen erfolgten in Reinickendorf. Dort entstand ein toxikologisches Bewertungsmodell sowie ein neuer Ansatz zur Optimierung des Wassermanagements im urbanen Raum.

Die Forschenden entwickelten ein Monitoring, das bei 24 Regenereignissen binnen acht Monaten automatisch Proben entnahm. 13 von 26 getesteten PFAS-Verbindungen wurden dabei nachgewiesen. Die Summe der PFOA-Äquivalente überschritten dabei häufig den neu vorgeschlagenen Oberflächenwassergrenzwert von 4,4 ng/L.

Belastung durch Regenabflüsse, Sedimente und Grundwasserströme

PFOA-Äquivalente sind standardisierte Maßeinheiten, mit denen sich die Umweltrelevanz unterschiedlicher PFAS-Verbindungen anhand ihrer Toxizität bewerten lässt. Die Ergebnisse der Berliner Fallstudie belegen, dass auch Regenwasserabflüsse – wenn auch weniger stark als Kläranlagen – zur Belastung von Oberflächengewässern beitragen.

Am Tegeler Flughafensee konnten insgesamt neun verschiedene PFAS nachgewiesen werden. Besonders hohe Konzentrationen von PFOS – einem Stoff, der früher in Feuerlöschschäumen zum Einsatz kam – wurden in Sedimentproben in Nähe eines Einleitungsbereichs gefunden. Auch im Grundwasser stromabwärts fanden sich erhöhte PFAS-Werte, dominiert durch PFOS. Die Expertinnen und Experten schließen daraus, dass insbesondere kontaminierte Sedimente sowie unterirdische Wasserbewegungen für die Belastung verantwortlich sind. Weitere Untersuchungen zu historischen Eintragsquellen und Sanierungsoptionen sind erforderlich.

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Risikomodell für Mensch und Umwelt

Über die chemische Analyse hinaus entwickelte das KWB gemeinsam mit dem spanischen Forschungspartner Eurecat ein Modell zur Bewertung gesundheitlicher Risiken (Human Health Exposure Assessment – HHEA). Damit lassen sich verschiedene Chemikalien hinsichtlich ihrer Expositionspfade und Gefahrenpotenziale miteinander vergleichen. Das Modell zeigt unter anderem, welche Stoffe priorisiert saniert oder ersetzt werden sollten. Es berücksichtigt Trinkwasserpfade ebenso wie die Wiederverwendung von Wasser in der Landwirtschaft oder die Belastung durch kontaminiertes Grundwasser. Auch das HHEA-Modell wird nach Projektabschluss im Mai 2025 veröffentlicht und steht dann Wasserversorgern und anderen Akteuren zur Verfügung.

Zukunftsorientierte Lösungen für eine schadstofffreie Kreislaufwirtschaft

Das PROMISCES-Projekt liefert weitreichende Erkenntnisse und konkrete Maßnahmen zur Reduktion von PFAS. Dazu gehören sowohl technische Verfahren – etwa zur Reinigung von kontaminiertem Boden, zur Sanierung von Grundwasser oder zur Aufbereitung von Sicker- und Trinkwasser – als auch strategische Ansätze zum Ersatz persistenter Chemikalien durch weniger bedenkliche Stoffe. „Das Projekt PROMISCES hat einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen durch PFAS geleistet. Die Berliner Fallstudie und die Arbeiten des KWB haben entscheidend dazu beigetragen, den Eintrag von PFAS in den urbanen Wasserkreislauf besser zu verstehen und gezielten Gegenmaßnahmen den Weg zu ebnen. Damit rückt die Vision einer nachhaltigen und schadstofffreien Kreislaufwirtschaft im Wassersektor ein Stück näher“, betonen die Verantwortlichen am Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH (KWB).

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Entscheidungshilfe für Umweltbehörden und Unternehmen

Ein Highlight der Projektarbeit ist das frei verfügbare Decision Support Framework (DSF). Dieses open-source-basierte Tool wurde unter Mitwirkung des französischen Umweltinstituts INERIS, der niederländischen Behörde RIVM und von Eurecat entwickelt. Es bietet konkrete Anleitungen zur Identifikation, Bewertung und Behandlung von PFAS sowie anderen persistenten Schadstoffen. Das DSF richtet sich an Wasserversorger, Industrieunternehmen und politische Entscheidungsträger gleichermaßen und soll als dauerhafte Wissensplattform fungieren.

Von Text: Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH (KWB) / RMW