Forschende synthetisieren erstmals festes Goldhydrid
Ein internationales Team am European XFEL hat unter extremem Druck und hoher Temperatur eine bislang unbekannte Verbindung aus Gold und Wasserstoff hergestellt. Das sogenannte feste Goldhydrid widerspricht bisherigen Annahmen zur chemischen Reaktivität von Gold und eröffnet neue Perspektiven für die Forschung unter Hochdruckbedingungen.
Künstlerische Darstellung: Mittels Röntgenpulsen untersuchte ein internationales Team an Forschenden am European, wie Gold mit Wasserstoff reagiert und sogenanntes Goldhydrid bildet.
Foto: Greg Stewart/SLAC
Gold gilt in der Chemie traditionell als äußerst reaktionsträge. Diese Eigenschaft führte dazu, dass das Edelmetall in vielen Bereichen als nahezu inertes Material betrachtet wurde. Forschende am European XFEL konnten nun jedoch nachweisen, dass Gold unter speziellen Bedingungen sehr wohl chemische Bindungen eingehen kann. In Experimenten am weltgrößten Röntgenlaser gelang es erstmals, eine feste chemische Verbindung von Gold mit Wasserstoff zu erzeugen – festes Goldhydrid. Dieser Befund erweitert das Verständnis über das Verhalten von Metallen unter extremen physikalischen Bedingungen und stellt bisherige Annahmen infrage.
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Herstellung von Goldhydrid
Die Synthese erfolgte an der High-Energy-Density-Experimentierstation (HED) des European XFEL. Das Forschungsteam nutzte eine Diamantstempelzelle, um Gold auf über 40 Gigapascal (GPa) zu komprimieren. Gleichzeitig wurde das Material mit ultrakurzen Röntgenlaserblitzen auf rund 2 500 °C erhitzt. Unter diesen Bedingungen reagierte das Gold mit Wasserstoff, der aus eingebetteten Kohlenwasserstoffen freigesetzt wurde. Das Ergebnis war eine bislang unbekannte Gold-Wasserstoff-Verbindung. „Wir konnten nachweisen, dass das Gitter der Goldatome oberhalb von 40 GPa eine hexagonal-dicht gepackte Anordnung bildet mit ungeordneten Wasserstoffatomen in den Zwischenräumen“, erklärt Mungo Frost vom SLAC National Accelerator Laboratory. Die Verbindung erhielt die Bezeichnung Goldhydrid und besitzt die chemische Formel Au2Hx, wobei der Wasserstoffgehalt x mit steigendem Druck zunimmt.
Superionischer Zustand des Wasserstoffs
Eine der auffälligsten Eigenschaften des Goldhydrids ist die ungewöhnliche Beweglichkeit des Wasserstoffs im Kristallgitter. Die Atome bewegen sich sehr leicht durch die hexagonal-dicht gepackte Struktur, was in der Fachwelt als superionischer Zustand bezeichnet wird. Diese Eigenschaft wurde bisher vor allem bei wasserstoffreichen Materialien beobachtet. Dass sie nun bei einer goldhaltigen Verbindung nachgewiesen werden konnte, gilt als bedeutender wissenschaftlicher Befund.
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Stabilität nur unter Hochtemperatur-Bedingungen
Bei Abkühlung zerfällt das Goldhydrid wieder zu normalem Gold mit flächenzentriert kubischer Struktur. Dies lässt den Schluss zu, dass die Verbindung nur bei hohen Temperaturen stabil bleibt. Frühere Versuche hatten diese Verbindung vermutlich nicht entdeckt, da Proben in der Regel vor der Analyse auf Raumtemperatur abgekühlt wurden. Die neue Methodik am European XFEL ermöglichte es erstmals, das Material unter den notwendigen Bedingungen zu untersuchen.
Bedeutung für die Hochdruckforschung
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass selbst so reaktionsträge Elemente wie Gold unter extremen Druck- und Temperaturbedingungen ganz neue chemische Eigenschaften aufweisen können“, sagt Ulf Zastrau, Leiter der HED-Experimentierstation bei European XFEL. Das Team geht davon aus, dass unter ähnlichen Bedingungen auch andere Edelmetalle bislang unbekannte Verbindungen eingehen könnten. Die Entdeckung hat zudem praktische Konsequenzen für die Hochdruckforschung. Gold wurde bisher oft als inertes Referenzmaterial in Experimenten eingesetzt. Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass diese Praxis überdacht werden muss.
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Ausblick auf weitere Forschungen
Zukünftige Arbeiten sollen klären, ob sich vergleichbare Effekte auch bei anderen Edelmetallen erzielen lassen und welche physikalischen oder chemischen Besonderheiten diese Verbindungen aufweisen. Die Untersuchungen wurden am European XFEL in Schenefeld bei Hamburg durchgeführt, einer der leistungsfähigsten Einrichtungen für Röntgenlasertechnologie weltweit. Die dort verfügbaren Methoden eröffnen der Materialforschung neue Möglichkeiten, um chemisches Verhalten unter extremen Bedingungen zu erkunden und bisher unbekannte Verbindungen zu identifizieren.




