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+++ Exklusiver Fachbeitrag +++ 08.03.2021, 08:00 Uhr

Prägende Architektur mit energieeffizientem Innenleben

Im Auftrag der damaligen WestLB entstand auf dem ehemaligen Gelände des Münsteraner Zoos Anfang der 1970er Jahre ein repräsentatives Bürogebäude. Seit 2002 wird es von der Westdeutschen Landesbausparkasse genutzt, das Innenleben wurde seither in mehreren Stufen saniert. Im Rahmen des neuesten Projekts sollte die Energieeffizienz des Gebäudes weiter gesteigert werden. Energieventile leisten dazu einen wichtigen Beitrag.

Das Gebäude der LBS Münster wurde Anfang der 1970er Jahre gebaut. Foto: Belimo

Das Gebäude der LBS Münster wurde Anfang der 1970er Jahre gebaut.

Foto: Belimo

Die terrassenförmige Bauweise des Gebäudes mit Cortenstahlfassade und goldbedampften Glasflächen wirkt vom Aasee aus betrachtet fast wie ein Boot. Auf 10.000 Quadratmeter bebauter Fläche, verteilt auf drei Gebäudeteile (A, B und C), steht eine Bruttogeschossfläche von 70.000 Quadratmetern zur Verfügung. In den sieben oberirdischen Etagen befinden sich vor allem vollklimatisierte Büroflächen (20.000 Quadratmeter) sowie Besprechungs- und kleinere Archivräume. In den beiden obersten Etagen sind die Technik-Räume untergebracht. Die vier Keller-Etagen beherbergen Parkdecks sowie Technik- und Lagerräume. Insgesamt 13 Komfortklimaanlagen klimatisieren und kühlen im Sommer die Büroflächen über eingebaute Kühldecken.

Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Gebäudes ist eine Kernsanierung von 1996 bis 2000. Aus diesem Zeitraum stammt der Großteil der heute in Betrieb befindlichen technischen Anlagen. Nur die beiden Schiffsdiesel im Keller für die Notstromversorgung sind älter. Auch bei dieser Kernsanierung war der energieeffiziente Betrieb des Gebäudes schon Thema und es wurden verschiedene Strategien verfolgt. 2013/14 wurde das Energiekonzept neu überdacht und verschiedene Maßnahmen in mehreren Bauabschnitten definiert.

Langjähriger Partner der LBS Münster im Bereich der Gebäudetechnik und -automation, sowohl beim Engineering, der Entwicklung von Steuerungstechnik, inklusive Schaltschrankbau, als auch im Service und der Projektierung, ist die Trox HGI GmbH aus Hörstel. Mit rund 140 Mitarbeitern betreut das Unternehmen aus dem Kreis Steinfurt bundesweit zahlreiche Projekte im Bereich der Gebäudeautomation von Neu- und Bestandsanlagen. Auch der Service für die Produkte der Trox Group gehört zum Aufgabenspektrum. Die Konzernmutter, ein Hersteller von Zentral-Lüftungsanlagen mit Sitz im niederrheinischen Neukirchen-Vluyn, zählt zu den Weltmarktführern im Bereich Volumenstromregler, Brandschutzklappen und Lüftungstechnik-Komponenten.

Neues Energiekonzept senkt die Abgabenlast

Das LBS-Gebäude auf dem ehemaligen Gelände des Münsteraner Zoos betreut die Trox HGI GmbH bereits seit mehr als 20 Jahren. Entsprechend war man 2013/2014 auch bei der Erstellung eines neuen Energiekonzeptes federführend beteiligt. Eine wesentliche Anforderung: Die Energiekosten des Gebäudes sollten deutlich gesenkt werden. Im ersten Schritt wurde daher die Wärmeversorgung des Gebäudes erneuert. Das Konzept aus Fernwärme, Wärmepumpen und Absorptionskältemaschine wurde abgelöst durch ein mittelgroßes erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk (Hocheffizienz-KWK-Anlage: 450 kW elektrisch und 480 kW thermisch) für die Grundlastversorgung ergänzt um zwei Gas-Brennwertkessel für die Spitzenlasten in den Wintermonaten. Der bestehende Fernwärmeanschluss fungiert nur noch als Back-up. Dank der Modernisierung kann die LBS nun im Durchschnitt bis zu 2,3 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr, etwa 40 % des Gesamtstrombedarfs, selbst erzeugen.

Schnell jedoch war klar, dass dies nicht ausreicht, da auch in den Sommermonaten viel Energie für die Kühlung und Klimatisierung des Gebäudes benötigt wird. Auch hier wollte man effizienter werden. 2016/17 wurde daher die Kälteversorgung in Angriff genommen – mit einer zusätzlichen Herausforderung: Die Bundesregierung verabschiedete in dieser Zeit ein neues Energiedienstleistungsgesetz, sodass die Themen Energie-Audits (DIN EN 16247) und Energiemanagementsystem (DIN EN ISO 50001) ebenfalls bedacht werden mussten.

Zuerst entfernte man die beiden veralteten und sehr pflegeintensiven offenen Kühltürme auf dem Gebäudedach. Sie wurden durch Rückkühlwerke ersetzt. Da der Gebäudebetrieb weiterlief und die Kälteversorgung, beispielsweise auch für die beiden Serverräume, durchgehend sichergestellt werden musste, konnten die Arbeiten nur schrittweise umgesetzt werden. Die Erneuerung der Hardware war aber nur ein Schritt zu mehr Energieeffizienz. Genauso wichtig war die optimale Steuerung der neuen Anlagen, zumal die freie Kühlung durch Kälte von außen nun auch in der kalten Jahreszeit und den Übergangszeiten genutzt werden sollte. Dies eröffnet ein hohes Potenzial zur Energieeinsparung. Ein weiterer wichtiger Punkt zur Verbesserung der Energieeffizienz ist das detaillierte Erfassen und Auswerten der Energieverbräuche. Nur wer weiß, wohin die Energie fließt, erkennt wo noch Potenzial für Optimierungen vorhanden ist. Zwar hatte man bei der LBS bereits in der Vergangenheit einen guten Überblick über den Gesamtenergieverbrauch, doch nun wurden die Verbräuche wesentlich detaillierter aufgezeichnet – für einzelne Mieter, einzelne Etagen, die Küche, die Kältezentrale und so weiter. Man wollte genau sehen, welche Maschinen und Verbraucher wie viel Energie abnehmen.

Transparente Energieflüsse

Durch den dauerhaften Service, den die LBS bei Trox HGI abruft, kennt das Unternehmen die Gegebenheiten im alltäglichen Betrieb am besten und hatte daher die Aufgabe sich mit der effizienten Steuerung, inklusive Schaltschrankbau und Programmierung, der neuen Wärme- und Kältetechnik über die Gebäudeleittechnik (GLT) zu befassen. Die detaillierte Darstellung der Energieflüsse im gesamten Gebäude war eine zentrale Anforderung. Genauso wichtig war und ist, gerade bei einem Gebäude dieser Größenordnung, ein vernünftiger hydraulischer Abgleich, damit sich die Komponenten im System nicht gegenseitig beeinflussen und beispielsweise alle Pumpen effizient laufen können. Hier kommt ein Produkt von Belimo zum Einsatz, das Energy Valve.

Energy Valves in der Heizzentrale steuern und überwachen die Energieflüsse.

Foto: Belimo

Das Energieventil vereint fünf Funktionen in einer Einheit: Volumenstrommessung, druckunabhängige Regelung, automatischer hydraulischer Abgleich, luftblasendichte Schließung und Monitoring. Durch die permanente Volumenstrommessung besteht die Möglichkeit der direkten Leistungsregelung, unabhängig von Differenzdruck und Wassertemperatur, beziehungsweise der Leistungsberechnung. Wenn die Vor- und Rücklauftemperaturen (ΔT) und der Volumenstrom bekannt sind, kann die Leistungsabgabe berechnet werden. Kommt noch der Faktor Zeit hinzu, kennt man den Energieverbrauch. Werden diese Werte nun zusammen mit den Daten in einer modernen GLT (Innen- und Außentemperaturen, Nutzerdaten) betrachtet, ist eine sinnvolle und effektive Regelung möglich. Die automatische Durchflussregelung des Energieventils liefert immer den geforderten Durchfluss, unabhängig von Differenzdruckschwankungen. Das Ventil lässt nur die Wassermenge durch, die eingestellt ist. Durch den luftblasendicht schließenden Regelkugelhahn im Energieventil entstehen keinerlei Leckagen bei geschlossenem Ventil. Das bedeutet, es strömt tatsächlich nur Wasser durch das Ventil, wenn es strömen soll. Das ist besonders aus Energiespar- und Kostengründen wichtig.

Permanent Messdaten für hydraulischen Abgleich

Das Energieventil verfügt außerdem über eine integrierte Delta T-Limitierung. Der Delta-T Manager stellt selbsttätig sicher, dass ein einstellbarer Differenztemperaturgrenzwert nicht unterschritten wird. Damit werden die Pumpenenergie, der Verschleiß sowie die Geräuschentwicklung reduziert und man arbeitet immer im optimalen Bereich des Verbrauchers.

Ein weiterer großer Vorteil des Energieventils ist der automatische hydraulische Abgleich. Der bei den Gewindearmaturen integrierte Ultraschallzähler übermittelt permanent die Messdaten an den ebenfalls integrierten Regelkreis. Die Ventile werden elektronisch angesteuert und eingestellt. Hierfür ist nur eine Person notwendig und der Abgleich ist in wenigen Sekunden pro Strang durchzuführen, kein Vergleich mit einem klassischen manuellen Abgleich.

Das Energieventil sorgt zudem für die notwendige Transparenz im Wärme- und Kältenetz. Neben dem integrierten Volumenstromsensor messen zwei weitere Sensoren die Medium-Temperaturen im Vor- und Rücklauf. Damit werden zahlreiche Anlagedaten – wie beispielsweise Differenztemperatur, Durchfluss, Leistungsabgabe am Wärmetauscher oder Energieverbrauch – permanent gemessen und im Ventil gespeichert. Aktuelle Werte lassen sich jederzeit vor Ort mit einem Laptop oder über das übergeordnete Gebäudeleitsystem, im LBS-Gebäude per BACnet IP, abrufen. Der im Energieventil integrierte Webserver zeichnet alle Anlagendaten der vergangenen 13 Monate auf. Diese können anschließend am PC ausgewertet werden, um weitere Optimierungspotenziale zu identifizieren. Außerdem kann das Energieventil Daten zur Leistungsfähigkeit von im Kreislauf installierten Komponenten wie beispielsweise Wärmetauschern sammeln und ausgeben. Damit kann deren Effizienz über die Zeit dokumentiert und ein notwendiger Service rechtzeitig angezeigt werden.

Im Vergleich zu einer konventionellen Regelventil-Lösung fallen beim Energy Valve mit seinen vielfältigen Funktionen zwar höhere Investitionskosten an. Doch durch die einfache Installation und den damit verbundenen niedrigeren Installationskosten, dem erheblich einfacheren hydraulischen Abgleich und der einfachen Anpassung bei einer Veränderung in einzelnen Räumen oder am Gebäude, ergeben sich Zusatznutzen, die eine konventionellen Lösung in diesem Umfang nicht leisten kann. Auch Komponenten wie Abgleichdrossel, Energiemessung und so weiter, die bei der konventionellen Lösung zum Ventilpreis hinzukommen, sind beim Energieventil von Belimo schon integriert. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus, liegen die Kosten beim Einsatz des Energieventils sogar unter denen der konventionellen Lösung.

Energieventile an zentralen Stellen

In der Heizzentrale der LBS ist an jedem Erzeuger, dem BHKW, den beiden Brennwertkesseln und der Fernwärmeeinspeisung, ein Energieventil integriert, um die Energieflüsse zu steuern und zu überwachen. So kann man jederzeit sehen, was im System passiert und entsprechend eingreifen. Für die Kälteversorgung hat jeder Gebäudeteil in der Kältezentrale einen eigenen Kälteverteiler für die Kühldeckenregelung und die Zubringer für die Lüftungsanlagen. Sowohl hier, als auch an den Verteilungen untereinander, den Turbo-Kältemaschinen (2 x 950 Kilowatt) und der Wärmepumpe (1 Megawatt als Kälteerzeuger) sind ebenfalls Energieventile integriert. Mit einem COP-Wert von über 6 stellt die Wärmepumpe ungefähr 90 % des Jahres die Kälteversorgung des Gebäudes sicher. Nur im Sommer kommt bei Spitzenlasten eine Turbo-Kältemaschine unterstützend dazu.

Umschaltklappen in der Kältezentrale ermöglichen das Hin- und Herschalten zwischen den verfügbaren Kälteerzeugern.

Foto: Belimo

In der Kälteversorgung sind Umschaltklappen verbaut, um bei Bedarf zwischen den verfügbaren Kälteerzeugern hin- und herschalten zu können – je nachdem, welche Kälteerzeuger aktuell arbeiten sollen. Die Wärmepumpe fungiert hier als „Master“, verbunden mit einem Rückkühlwerk. Ein zweites Rückkühlwerk ist für die beiden Turbokältemaschinen zuständig. Es sind also zwei Rückkühlwerke für drei Verbraucher vorhanden. Die Abstellklappen sind dicht schließend, was sehr wichtig ist, da durch den Höhenunterschied (Kältezentrale im 2. Untergeschoss und Rückkühlwerke im 7. Obergeschoss) ein enormer Druck auf den Klappen lastet. Gäbe es zum Beispiel auf einer Seite eine Leckage im Kühlkreislauf, wird so verhindert, dass die andere Seite leerläuft. Hubventile, die früher eingesetzt wurden, können das nicht leisten, da sie bauartbedingt nicht dicht schließen.

Daten sorgen für Transparenz

Visualisierung GLT: Gebäudeteil A, Freie Kühlung. Grafik: Trox HGI/LBS

Zwar wurden auch früher verschiedene Daten über Zähler erfasst und manuell abgelesen, aber nicht mitgeschrieben, so dass eine längerfristige Auswertung nicht stattfand. Auch durch die Energieventile ist man bei der LBS nun in der Lage sehr viele Daten zu erfassen, auszuwerten und bei Störungen und vor allem in Bezug auf die Energieeffizienz entsprechend zu reagieren. Alle Verbraucher sind über wesentliche Messpunkte in der GLT abgebildet. Die Daten werden permanent geloggt, so dass sie auch rückwirkend über mehrere Jahre zur Betrachtung herangezogen werden können. Auch bei einer Nutzungsänderung bestimmter Räumen (beispielsweise ein Lager wird zum Call-Center) hat man jederzeit den Überblick und kann auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren und im Sinne der Energieeffizienz handeln. 2019 war das erste volle Betriebsjahr für die neue Technik der Kältezentrale. Die Auswertung zeigt: Es wurden ungefähr 200.000 Kilowattstunden Strom eingespart, das entspricht etwa 93 Tonnen CO2. Die Freikühlung hat insgesamt 750 Megawattstunden Kälte erzeugt. Zahlen, die sich sehen lassen können.

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Von Christa Weil

Christa Weil ist freie Journalistin aus Trebur. Bild: Autorin