Auf der Baustelle 04.11.2025, 15:39 Uhr

Bauzeitverlängerung: Darf die Kostenberechnung angepasst werden?

Es dauert länger, die Kosten steigen: Wenn Bauprojekte nicht termintreu abgeschlossen werden, führt dies häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Das Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 20.5.2025 – 2 U 38/24) hat über einige für die Praxis wichtige Fragen entschieden.

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Foto: Panthermedia / discovery (YAYMicro)

Der beklagte Auftraggeber hat den klagenden Architekten mit Leistungen der Leistungsphasen 7 und 8 beauftragt. Gemäß dem Vertrag sollte sich das Honorar nach den anrechenbaren Kosten des Objekts auf Grundlage der Kostenberechnung des Architekten W. (der die Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 6 erbracht hatte) richten. Nach dem Vertrag konnte der Kläger zudem bei Überschreitung der vertraglich vereinbarten Bauzeit um mehr als sechs Monate ein Honorar von 250 Euro für jede angefangene Woche der Überschreitung beanspruchen. Als Bauzeit war im Vertrag vereinbart: „Baubeginn: 08/2018, Fertigstellung: 02/2020“.

Der Kläger macht geltend, dass in der Kostenberechnung mehrere erforderliche Leistungen nicht oder mit zu geringen Beträgen angesetzt seien. Außerdem habe es zahlreiche Nachträge von Unternehmern gegeben. Er habe bis Februar 2021 Abnahmen mit den Unternehmen durchführen müssen. Der Beklagte meint, da sämtliche Wohnungen bereits zum 1.10.2020 an die Mieter übergeben worden seien, habe es danach keine Arbeiten der ausführenden Unternehmen mehr gegeben.

Korrektur der Kostenberechnung möglich

Das Oberlandesgericht stellt klar, dass eine fehlerhafte Kostenberechnung korrigiert werden könne. Wenn die Kostenberechnung zu niedrig aufgestellt worden sei, könne der Auftragnehmer sein Honorar auf der Basis der zutreffenden Kostenberechnung geltend machen, wenn er nicht ausnahmsweise aufgrund einer gestellten Schlussrechnung gebunden sei. Eine etwaige Korrektur sei aber bezogen auf den Zeitpunkt der Entwurfsplanung, also nach dem damaligen Erkenntnisstand, vorzunehmen. Dass sich bei langen Planungs- und Bauzeiten und daraus sich ergebenden tatsächlich gestiegenen Baukosten der Zeitfaktor zu Lasten des Planers auswirke, sei die Folge der vom Gesetzgeber beabsichtigten Abkopplung der Honorierung von den tatsächlichen Baukosten. Die Kostenberechnung enthalte oftmals noch nicht alle Kosten, die sich später aufgrund der viel detaillierteren Leistungsverzeichnisse ergäben.

Wenn in der Kostenberechnung Kostenansätze vergessen oder zu niedrig angesetzt worden sind, ist eine Korrektur möglich. Der Kläger konnte aber entsprechende Fehler nicht belegen. Hinsichtlich der Kosten der von den Unternehmern gestellten Nachträgen war der Ansatz des Klägers fehlerhaft, weil er die tatsächlichen Baukosten angesetzt hat. Wenn Nachtragsleistungen zu berücksichtigen sind, müssen die Kosten rückwirkend auf den Zeitpunkt der Entwurfsplanung (seinerzeitiger Kostenstand) ermittelt werden: Wie wären seinerzeit – ohne die Kenntnis der tatsächlichen Höhe der Nachträge – die Kosten prognostiziert worden?

Allgemeine Aussage erläuterungsbedürftig

Das Gericht lässt im konkreten Fall aber eine Anpassung nicht zu, da die Kosten der Nachträge die tatsächlichen Baukosten beträfen. Anders sei es dann, wenn die Nachträge Folge einer Umplanung durch den Kläger seien. Umplanungen hat er indessen nicht hinreichend darlegen können. Das Gericht hat sich dementsprechend mit dieser Frage nicht weiter beschäftigt. Die allgemeine Aussage, eine Korrektur der Kostenberechnung habe immer auf dem Kostenstand zum Zeitpunkt der Entwurfsplanung zu erfolgen, erscheint aber jedenfalls erläuterungsbedürftig: Wenn auf Veranlassung des Auftraggebers umgeplant wird und insoweit erneut (unter anderem) in die Entwurfsplanung eingestiegen wird, ist meines Erachtens der Kostenstand zum Zeitpunkt der Erbringung der Wiederholungsleistungen anzusetzen.

Die Tatsache der Bauzeitverlängerung war zwischen den Parteien grundsätzlich nicht streitig. Es ging im Kern um den Zeitraum, für den die vereinbarte Zusatzvergütung geltend gemacht werden könne. Diese Frage stellt sich auch in Fällen, in denen es keine Vereinbarung über eine Zusatzvergütung gibt, sondern der Planer sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage stützt: Welcher Zeitraum ist als verlängerte Bauzeit anzusetzen? Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ansatzpunkt ist jedenfalls die Fertigstellung der Leistung durch den Bauunternehmer.

Gericht: Bauzeit endet mit Abnahmereife

Das Gericht entscheidet, dass die Bauzeit grundsätzlich mit der Abnahmereife (Mitteilung des Unternehmers, dass er ein abnahmereifes Werk anbiete) ende. Auf die tatsächliche Abnahme komme es nicht an, da diese sich aus verschiedenen Gründen verzögern könne. Es sei jedoch eine angemessene Frist für die Durchführung der Abnahme hinzuzurechnen. Der Zeitraum, der für Mängelbeseitigungsarbeiten der Unternehmer anfiele, sei nicht zu berücksichtigen.

Da die Abnahmezeitpunkte unstreitig waren und auch nach Einzug der Mieter noch Arbeiten am Objekt und in einzelnen Wohnungen durchgeführt worden waren, konnte der Kläger für zwölf Wochen (allerdings nicht wie von ihm geltend gemacht für 26 Wochen) die vereinbarte Zusatzvergütung beanspruchen.

Dem Gericht ist im Grundsatz zuzustimmen: Mit der Abnahmereife ist die Bauzeit beendet. Die Zeit der Mängelbeseitigungsleistungen schließt sich nur – um die Bauzeitverlängerung verschoben – an, verursacht aber keinen verlängerungsbezogenen Aufwand. Mit derselben Begründung müsste allerdings auch die angemessene Frist für die Abnahme ausgeklammert werden.

Von Dr. Reinhard Voppel, Rechtsanwaltskanzlei Osenbrück, Bubert, Kirsten, Voppel, Köln

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