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Sensortechnik 03.02.2023, 13:09 Uhr

Crowdsourcing als Möglichkeit zur Gewinnung atmosphärischer Messdaten

Die Entwicklung kostengünstiger Sensoren und die Verfügbarkeit massenhaft vorhandener meteorologischer Messdaten vorwiegend des Luftdrucks, der Lufttemperatur und der Luftfeuchte ermöglichen eine räumliche und zeitliche Verdichtung herkömmlichen Messnetze. Dies eröffnet damit neben der Wissenschaft auch Kommunen, Betrieben und anderen Einrichtungen völlig neue Möglichkeiten z. B. bei der Umweltüberwachung und Beschreibung des Lokalklimas.

Private Messstationen ermittelten an vielen Orten atmosphärischen Daten. Diese sollen via Crowdsourcing zusammengeführt werden. Foto: Thomas Foken

Private Messstationen ermittelten an vielen Orten atmosphärischen Daten. Diese sollen via Crowdsourcing zusammengeführt werden.

Foto: Thomas Foken

Was ist Crowdsourcing?

Unter Crowdsourcing versteht man im Bereich meteorologischer Anwendungen das Sammeln von nicht-klassischen Wetterbeobachtungen aus einer großen Anzahl von Quellen mit hoher Auflösung, insbesondere von einer Reihe von öffentlichen Sensoren, die typischerweise über das Internet verfügbar sind. Fortschritte in der Miniaturisierung von Messwertgebern für meteorologische Elemente wie Temperatur, Feuchte und Druck führten dazu, dass diese Sensoren heute in preiswerten Wetterstationen für den privaten Gebrauch und in vielen weit verbreiteten elektronischen Geräten wie Bordcomputern in Autos, Smartphones usw. enthalten sind.

Crowdsourcing Daten

Neben den amtlichen Wetterstationen gibt es einige Netzwerke, die Daten im Internet zur Verfügung stellen und mittels der beigefügten Meta-Daten bewertet werden können. Auf diese Netzwerke könnte zugegriffen werden, um die vorhandenen meteorologischen Daten zu verdichten. Der Zugang zu den Daten kann über den Datenerzeuger oder das Netzwerk erfolgen und ist ggf. kostenpflichtig. In Deutschland gibt es bereits in einigen Städten Netzwerke, die öffentlich zugänglich sind. Bei Verwendung derartiger Netzwerke sind die Meta-Daten über Standort, Aufstellung und Sensortyp unerlässlich, um Stationen dahingehend einschätzen zu können, ob sie nur lokale Effekte messen oder für ein größeres Gebiet verallgemeinert werden können.

Geeignete Sensoren

In den letzten 10 Jahren wurden meteorologische Sensoren entwickelt, die in großer Zahl verfügbar, preisgünstig und hinsichtlich ihrer elektrischen Eigenschaften auch sehr stabil sind. Ermöglicht wurde dies dadurch, dass Messelemente insbesondere für Temperatur, Feuchte, Luftdruck und Strahlung auf Chips integriert werden konnten. Die funktionelle und konstruktive Einheit eines oder mehrerer Sensorelemente und einer geeigneten Elektronik wird als Smart-Sensor bezeichnet. Die Elektronik dient hierbei dazu, die eigentlichen Sensormesswerte gezielt zu verbessern und geeignet zu kombinieren. Smart-Sensors liefen standardisierte Signale, die in Bussystemen übertragen und weiterverarbeitet und dann auch per Funk übertragen werden können. Die Leistungsaufnahme von Smart-Sensors ist eher gering, so dass Betrieb mit Batterien oder Solarzellen gut und einfach möglich ist.

Bewertung der Datenqualität

Zur Bewertung der Datenqualität gibt es einige Grundvoraussetzungen, die im Wesentlichen mit der Datenverfügbarkeit und Repräsentativität im Zusammenhang stehen. Es ist durchaus möglich, dass die geforderte Qualität nur durch die Verbindung mehrerer Datenquellen erreichbar ist. Messunsicherheiten haben ihre Ursachen sowohl im Sensor selbst als auch in der Aufstellung des Sensors und der Umgebung des Aufstellungsortes. Für die Bearbeitung von Crowdsourcing-Massendaten können Algorithmen zur Einschätzung als auch zur Verbesserung der Qualität des Gesamtkollektivs eingesetzt werden. Die Algorithmen eignen sich insbesondere bei großen Datensätzen von mehreren hundert bis tausend Stationen anstelle anderer Qualitätsprüfungs- und Qualitätskontrollverfahren.

Referenzstationen

Algorithmen zur Bearbeitung von Massendaten sollten typische Fehler in den Daten(-sätzen), wie z. B. Fehler in Metadaten, systematische Messwertabweichungen, Strahlungsfehler bei Lufttemperaturmessungen oder falsche Nullwerte bei Niederschlags- und Windgeschwindigkeitsmessungen erkennen. Insbesondere bei Crowdsourcing-Daten, für die wenige oder keine Metadaten zu Aufstellung oder Exposition vorhanden sind, ist eine Qualitätskontrolle der Daten unerlässlich mit Nutzung von atmosphärischen Referenzdaten. Sind atmosphärische Referenzdaten in geeigneter Qualität und zeitlicher Abdeckung vorhanden, können diese zur Qualitätsprüfung von Crowdsourcing-Daten eingesetzt werden.

Schlussfolgerungen

Durch die massenhafte Verfügbarkeit meteorologischer Daten ergeben sich neue Möglichkeiten der Umweltüberwachung und lokalklimatologischer Untersuchungen für Kommunen, Wissenschaft, Betriebe und sonstige Einrichtungen. Daneben stehen zunehmend preisgünstige Sensoren zur Erfassung von Gas- und Partikelkonzentrationen zur Verfügung. Dies eröffnet auch dem Laien die Möglichkeit, sich wissenschaftlich zu betätigen. Die notwendige Qualitätssicherung von Crowdsourcing-Daten bedarf einer detaillierten und professionellen Bearbeitung, da spezifische Fehler in den Datensätzen erkannt werden müssen und teilweise größere Rechenleistungen notwendig sind.

Prof. Dr. Thomas Foken
Universität Bayreuth, Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER).
Prof. Dr. Benjamin Bechtel
Ruhr-Universität Bochum.
Dr. Matthias Budde
Disy Informationssysteme GmbH, Karlsruhe.
Dr. Daniel Fenner
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Prof. Dr.-Ing. Roy Knechtel
Hochschule Schmalkalden.
Dr. Fred Meier
Technische Universität Berlin.