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Luftgetragene Biostoffe 03.11.2021, 10:00 Uhr

Bioaerosole in der Außenluft messen – ein Ausschnitt

Bioaerosole umfassen ein breites Spektrum verschiedenster Substanzen und Organismen. Sie können harmlos sein oder aber krank machen und aus natürlichen aber auch anthropogenen Quellen freigesetzt werden und sind damit Bestandteil der Außenluft. Wie Bioaerosole analysiert werden und welche Eigenschaften sie haben können zeigen wir in der aktuellen Ausgabe der Gefahrstoffe.

ePIN-Pollenmonitor in Garmisch-Partenkirchen. Foto: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, epin.bayern.de

ePIN-Pollenmonitor in Garmisch-Partenkirchen.

Foto: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, epin.bayern.de

Was sind Bioaerosole?

Bioaerosole sind im Luftraum befindliche Ansammlungen von Partikeln, denen Pilze, deren Sporen, Konidien oder Hyphenbruchstucke oder Bakterien, Viren oder Pollen oder deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte anhaften oder die diese beinhalten. Damit sind Bioaerosole kein physikalisch inerter Stoff, sondern vielmehr ein breites Spektrum verschiedenster Substanzen und Organismen. Bioaerosole können sowohl aus natürlichen als auch aus anthropogenen Quellen freigesetzt werden. Sie sind damit Bestandteile der Außenluft und ihre Höhe und Zusammensetzung kann während eines Jahres durch anthropogene, aber auch durch natürliche Einflüsse wie z.B. Vegetationsperioden, meteorologische Einflüsse, erhebliche Unterschiede aufweisen.

Die heterogene Zusammensetzung von Bioaerosolen stellt grundsätzlich eine sehr große Herausforderung an die messtechnische Analyse in Außenluftproben dar.

Wie werden Bakterien analysiert?

Gängiger Standard zur Analyse von luftgetragenen Bakterien sind Kultivierungsmethoden (Anzüchtung von Bakterien auf unterschiedlichen Nährmedien, siehe hierzu auch VDI 4253 Blatt 1)). Kultivierungsmethoden weisen lebende Bakterien mit großer Sensitivität nach, sofern die Bakterien kultivierbar sind. Tote, geschädigte oder inaktive Organismen oder auch Überdauerungsstadien können mit Kultivierungsmethoden nicht erfasst werden. Lebende Bakterien aus einer Luftprobe können durch Stressoren (z.B. Austrocknungsstress, Temperatur-, UV-Strahlungs-, Oxidationsstress) ihre Kultivierbarkeit und die Fähigkeit, Kolonien auf Nähragar auszubilden, verlieren. Daher geben Kultivierungsmethoden nicht immer die tatsächlich vorliegende Art und Anzahl von Bakterien wider. Weiterhin erfordert die Anzüchtung von Bakterien auf Nährmedien eine gewisse Zeit, so dass belastbare Laborergebnisse je nach Fragestellung und Spezies erst nach mehreren Tagen vorliegen können.

Kultivierungsunabhängige Verfahren

Diese aufgeführten Grenzen der Kultivierungsmethode haben kultivierungsunabhängige Methoden nicht. Aus diesem Grund werden diese in letzter Zeit vermehrt eingesetzt. Weiterhin kann mit kultivierungsunabhängigen Methoden auch ein tieferer Einblick in die qualitative Zusammensetzung von Bioaerosolen erlangt werden. In Heft 9/10 2021 wird eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zu genom-basierten Analysemethoden zur Messung von Bioaerosolen in der Außenluft vorgestellt. Die Autoren haben untersucht, ob nach Sammlung der PM10 Fraktion ausreichend DNA auf den Filtermedien vorhanden ist, um den Verlauf der DNA-Konzentration über ein Jahr in einer ländlichen Umgebungsluft zu verfolgen. Die höchste mediane DNA-Konzentration wurde im Sommer gemessen. Diese Beobachtungen könnten eine Folge erhöhter natürlicher Emissionen sowie verstärkter anthropogener Aktivitäten im Agrarsektor sein. Die Autoren gehen davon aus, dass sich die angewendeten Methoden zur Bestimmung der DNA-Konzentration als geeignet erweisen, um die generelle Exposition gegenüber Bioaerosolpartikeln zu bestimmen.

Wie werden Pollen analysiert?

Ein ganz anderer Aspekt ergibt sich bei der Analyse von Pollen.

In den letzten Jahrzehnten haben allergische Erkrankungen vor allem bei jungen Erwachsenen und Kindern drastisch zugenommen. Sie sind darauf angewiesen, dass sie die aktuelle Pollenbelastung kennen, um rechtzeitig vorbeugend oder medikamentös reagieren zu können.

Ein standardisiertes Verfahren zur Pollenbestimmung ist die Hirst-Typ Pollenfalle (vgl. auch VDI 4252 Blatt 42)). Dieses Verfahren basiert auf einer volumetrischen Methode; die aus der Außenluft auf Kunststoffstreifen gesammelten Pollen werden von Expertinnen und Experten unter einem Mikroskop ausgewertet. Jede Pollenart verfügt über charakteristische Oberflächenstrukturen, die unter dem Mikroskop erkennbar sind. Diese charakteristischen Strukturen machen eine Pollenbestimmung möglich.

In Heft 9/10 2021 sowie in einem Online-Beitrag der Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft wird ein neues, automatisiertes Pollenmessverfahren vorgestellt. Das elektronische Polleninformationsnetzwerk Bayern (ePIN) arbeitet seit Mai 2019 mit acht elektronischen Pollenmonitoren. Diese verfügen über ein vollautomatisch arbeitendes Lichtmikroskop und eine hochauflösende Kamera, die von jeder Polle eine Vielzahl von Bildern macht. Dadurch entsteht ein synthetisches Bild, welches durch eine spezielle Bilderkennungssoftware klassifiziert und einer Pollenart zugeordnet wird. Werden neue Pollenarten von den Hirst-Typ Pollenfallen entdeckt, so können diese der Bilderkennungssoftware der elektronischen Pollenmonitore „beigebracht“ werden. Die Verknüpfung mit den Hirst-Typ Pollenfallen bei Datenanalyse und -auswertung liefert darüber hinaus Erkenntnisse zum Pollenferntransport und zu neu auftretenden und invasiven Pollenarten.

Die vollständigen Texte finden Sie in der aktuellen Ausgaben 9/10.

1) VDI 4253 Blatt 3: Erfassen luftgetragener Mikroorganismen und Viren in der Außenluft; Verfahren zum quantitativen kulturellen Nachweis von Bakterien in der Luft; Verfahren nach Abscheidung in Flüssigkeiten.

2) VDI 4252 Blatt 4: Bioaerosole und biologische Agenzien; Ermittlung von Pollen und Sporen in der Außenluft unter Verwendung einer volumetrischen Methode für ein Messnetz zu allergologischen Zwecken

Dr. Anke Niebaum
Technik und Gesellschaft, VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL)/FB III