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Stromversorgung in Afrika 05.10.2022, 13:28 Uhr

Die Natur liefert kostenlos Wasserstoff

Das leichteste aller Elemente entsteht in vielen Regionen, unter anderem in Afrika, durch geochemische Prozesse in geologischen Formationen. Jetzt erkundet ein Konsortium das möglicherweise hohe Potenzial dieses Phänomens für die Energieversorgung.

Auf Wasserstoff ruhen viele Hoffnungen für einen sauberen Energieträger. In Afrika nutzt ein Pilotprojekt Wasserstoff aus natürlichen Vorkommen. Wie groß die Chancen auf wirschaftliche Nutzung solchen weißen Wasserstoffs sind, wird derzeit untersucht. Foto: PantherMedia/aa-w

Auf Wasserstoff ruhen viele Hoffnungen für einen sauberen Energieträger. In Afrika nutzt ein Pilotprojekt Wasserstoff aus natürlichen Vorkommen. Wie groß die Chancen auf wirschaftliche Nutzung solchen weißen Wasserstoffs sind, wird derzeit untersucht.

Foto: PantherMedia/aa-w

Weltweit gibt es in gewaltigen Mengen unterirdische Wasserstoffvorräte. Sie werden nicht ausgebeutet, außer im westafrikanischen Mali. Dort läuft ein kleiner Generator, der Strom für das Dorf Bourakébougou 60 km entfernt von der Hauptstadt Bamakou erzeugt. Das Gas tritt mit einem Druck von 4 bar aus, und das schon seit Jahren, was darauf hindeutet, dass es sich immer wieder erneuert. Mengenmäßig ist das nicht viel. Petroma, ein kanadisches Unternehmen, das das Kraftwerk betreibt und mittlerweile Hydroma heißt, schweigt zum Thema Leistung. Sie dürfte im zweistelligen Kilowattbereich liegen.

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Feenkreise als Indiz für weißen Wasserstoff

Bekannt ist das nur wenigen Insidern, ebenso wie das Vorhandensein von Wasserstoff, der kontinuierlich durch geochemische Reaktionen in geologischen Formationen entsteht. Möglicherweise ist dieses leichteste aller Elemente die Ursache für die Entstehung von sogenannten Feenkreisen, die unter anderem in Afrika, Australien, Russland und Brasilien zu finden sind, relativ runden Flächen mit wenig Bewuchs, im Gegensatz zum Umfeld.

„HyAfrica“ will es genau wissen

Im Rahmen einer Forschungs- und Innovationspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union ist jetzt das Projekt HyAfrica angelaufen – das steht für „Towards a next-generation renewable energy source – a natural hydrogen solution for power supply in Africa“ –, das die Möglichkeit untersuchen soll, natürlichen Wasserstoff, der auch als weißer Wasserstoff bekannt ist, zur Energieversorgung des Kontinents einzusetzen, vor allem zur Stromproduktion, vielleicht sogar für den Export. Beteiligt sind zahlreiche Forschungseinrichtungen in Europa und Afrika.

Kostengünstig und klimafreundlich

HyAfrica will das Nutzungspotenzial des natürlich vorkommenden Wasserstoffs im lokalen Energiesystem vor allem in Marokko, Mosambik, Südafrika und Togo untersuchen und die sozioökonomischen Auswirkungen für die lokalen Gemeinschaften bewerten. Das Projekt zielt auf die Nutzung des in geologischen Formationen vorkommenden Wasserstoffgases und seine Verwendung als primäre Energiequelle. Diese ständig nachwachsende Ressource hat das Potenzial, eine kostengünstige, klimafreundliche Ergänzung zur Herstellung von Wasserstoff mit erneuerbaren Energien zu sein, ohne die negativen Auswirkungen auf Landnutzung, Wasserverbrauch und Rohstoffversorgung, die mit der industriellen Produktion von blauem und grünem Wasserstoff verbunden sind. Grüner Wasserstoff entsteht durch Wasserspaltung mit Wind- und Solarstrom, blauer Wasserstoff aus Methan, wobei das freiwerdende Kohlenstoffdioxid endgelagert oder als Rohstoff genutzt wird.

Der Wasserstoff kommt künftig aus der Tube

„Zusammen mit den lokalen Teams und Universitäten werden wir untersuchen, ob dieser natürlich vorkommende Wasserstoff für die einheimische Bevölkerung wirtschaftlich nutzbar ist“, sagt Projektleiterin Maike Buddensiek vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel.

Weißer Wasserstoff per Zufall entdeckt

Bisher geht man nicht davon aus. Es sind noch nicht einmal die Mengen bekannt, die in den tiefen geologischen Schichten entstehen. Deshalb ist das Projekt in Mali das bisher einzige. Das Wissen über unterirdische Wasserstoffspeicher rührt aus Bohrungen, die aus anderen Gründen niedergebracht worden sind, oft um Brunnen zu bauen oder Methan zu finden. Das Gas entsteht durch Reaktionen zwischen Eisen und Wasser bei bestimmten Temperaturen und Drücken. Bei der Rostbildung entzieht das Eisen dem Wasser den Sauerstoff. Übrig bleibt Wasserstoff. Ein ähnlicher natürlicher Prozess findet mit Magnesium statt.

Von Wolfgang Kempkens