„Wir wollen unbedingt die gesamten Energieverluste minimieren“
VDI nachrichten, Bacau, 20. 4. 07, mg – Das neue EU-Mitgliedsland Rumänien setzt auf Energieeffizienz und die Modernisierung der Kraftwerke. Hierbei ist deutsches Know-how gefragt, wie ein Beispiel in der 240 000 Einwohner zählenden Stadt Bacau zeigt. Ende Juni geht dort ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk in Betrieb, das der Stuttgarter Technologiekonzern M+W Zander als Generalunternehmer baut.
Schauen Sie, die bisherigen Wahrzeichen Bacaus.“ Anto Filipovic zeigt auf die beiden 120 m hohen Schornsteine, die die Plattenbauten am Rand der Bezirkshauptstadt um ein Mehrfaches überragen. Aus einem der beiden steigt schmutzig gelblicher Rauch, der andere ist stillgelegt. Auch von den beiden massigen Kühltürmen ist nur einer in Betrieb. Auf dem Weg zum Generatorraum des Kohlekraftwerks dampft und raucht es aus den dicken Abgasrohren, Wasser tropft herunter. Im vorderen Teil des Schaltraums brannte es im vergangenen Jahr.
Rund 100 m weiter nördlich beginnt schon rein optisch ein neues Zeitalter. Gegenüber dem Kraftwerksdinosaurier aus den 1950er Jahren erscheint der blank geputzte blaue Container wie ein Winzling. Er birgt das Herzstück des neuen erdgasbetriebenen Kraftwerks mit Kraft-Wärme-Kopplung, den Gasturbinengenerator (Solar Titan 130). Dahinter der Abhitzekessel, die Wärmeübergabestation und der neue Schornstein, der nur noch 26 m in die Höhe ragt. Der Gaskompressor ist noch mit einer blauen Plane abgedeckt. Männer mit gelben Helmen sind weiter hinten eifrig am Montieren.
„Wir liegen optimal im Zeitplan“, freut sich Filipovic, Projektleiter von M+W Zander. Mit einer elektrischen Leistung von 14,25 MW und einer thermischen Leistung von 25 MW soll das neue Blockheizkraftwerk dann die Grundlastversorgung der 240 000-Einwohner-Stadt mit elektrischem Strom und Fernwärme gewährleisten. Bis voraussichtlich im kommenden Jahr soll die zweite Ausbaustufe fertiggestellt sein, dann kann das Braunkohlekraftwerk vollends abgeschaltet werden. „Durch die Modernisierung können wir den Wirkungsgrad des Kraftwerks von derzeit 35 % auf rund 70 % verdoppeln“, erzählt Filipovic stolz.
Die Hälfte der Investitionskosten der beiden Ausbaustufen in Höhe von circa 20 Mio. € werden durch Fördermittel abgedeckt. „Durch Einspareffekte im laufenden Betrieb und den Verkauf des überschüssigen Stroms können wir unseren Eigenanteil refinanzieren“, erklärt Romeo Stavarache, Bürgermeister von Bacau und Vorstand der Stadtwerke (CET). Zu gute kommt ihm hierbei der neue Bonus von 7 Cent/kWh für die Einspeisung von Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung in Rumänien. Zudem baut er auf Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten im europäischen Emissionshandel.
Der agile Kommunalpolitiker Stavarache gibt sich auch nicht allein mit dem effizienteren Kraftwerk zufrieden. „Wir wollen unbedingt die gesamten Energieverluste minimieren. Hierzu werden wir eine verbrauchsabhängige Abrechnung einführen, Wohnungszähler installieren, das marode Fernwärmenetz modernisieren, ein Monitoringsystem aufbauen und Anreize zur Wärmedämmung geben.“ Das Energieeinsparpotenzial allein durch eine verbesserte Isolierung der Plattenbauwohnungen liege bei über 50 %.
„Durch eine Umlenkung von Subventionen unterstützen wir die Effizienzsteigerung, den Klimaschutz und die örtliche Versorgungssicherheit“, betont Vasile Muntenita vom zuständigen Innenministerium in Bukarest. Bacau habe die Zeichen der Zeit erkannt und sich als eine der ersten Kommunen an dem laufenden 3,5-Mrd.-€-Förderprogramm „District Heating 2006 – 2009 Qualitiy and Efficiency“ beteiligt. Man baue darauf, dass nun auch andere Städte rechtzeitig nachzögen und an dem Programm partizipierten.
Um auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien verstärkte Anreize zu geben, werde ein Einspeisegesetz diskutiert, berichtet Ministeriumsvertreter Muntenita. Die Einspeisung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung wird derzeit schon honoriert. Der Modernisierungsbedarf im Kraftwerksbereich ist jedenfalls groß. Kapazitäten im Umfang von 8260 MW sollen bis 2020 in Rumänien stillgelegt, parallel dazu sollen 6900 MW Kraftwerksleistung bis 2010 neu errichtet oder modernisiert werden. „Für deutsches Know-how bieten sich hier enorme Chancen“, betont Günter Schneider, Sprecher der Geschäftsführung von M+W Zander FE. HANS-CHRISTOPH NEIDLEIN
Hälfte der Investitionskosten wird durch Fördermittel abgedeckt
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