Vom Bäckerburschen zum „Börsen-Koch“
Ohne Visum und Geld zog er 1991 nach New York. Elf Jahre später ist Markus Koch der bekannteste deutsche Börsenberichterstatter.
Allabendlich blickt er auf dem New Yorker Börsenparkett in die Fernsehkameras und fesselt für einige Minuten Hunderttausende von Zuschauern. Markus Koch übermittelt mehr als nur die aktuellsten Kurse für die Telebörse von n-tv. Das Aktienfieber hat ihn schon vor Jahren gepackt: Als Gymnasiast im hessischen Glashütten verdiente er sich nebenbei seine Brötchen bei einem Bäcker, dessen Hobby spekulieren war. Das weckte das Interesse des Pennälers. Mit dem Geld von Verwandten und Lehrern sowie 70 000 DM Bankkredit stieg der „Börsen-Koch“, wie ihn Mitschüler nannten, groß ins Geschäft ein – und verlor.
Was ihm damals blieb, waren verärgerte Verwandte, enttäuschte Lehrer, eine Bank, die ihr Geld wiederhaben wollte und – die Faszination von der Börse. Nach all dem Ärger daheim, beschloss er – mit einer Brokerausbildung beim Wertpapierhaus Hornblower Fischer im Gepäck – 1991 direkt in das „Allerheiligste des Kapitals“, in die New Yorker Wall Street, umzuziehen.
Ohne Visum und Geld begann der Start für den damals 20-Jährigen in der Neuen Welt mit einer langen Durststrecke. Das änderte sich, als Koch auf den als „Dauerbullen“ bekannten Fondsmanager Heiko Thieme stieß. Der öffnete ihm bald die Tore in die heiligen Hallen des Top-Brokerhauses Bear Stearns & Co.
Endlich konnte der Hobby-Börsianer professionell „mit Aktien arbeiten, Charts, Nachrichten und Analysen bewerten und mit Brokern dealen.“ Wie bei vielen Brokerhäusern müssen auch bei Bear Stearns Änfänger 60 neue Kunden akquirieren, um bleiben zu können. „Viele Konten habe ich nicht eröffnet, aber es reichte.“
Schon bald merkte Koch, dass sinkende Provisionen und der Trend zum Onlinegeschäft den traditionellen, auf Privatkunden spezialisierten, Brokern auf Dauer das Wasser abgraben würden. Weil es kaum deutschsprachige Börsenberichterstattungen gab, gründete Koch 1994 seine Presseagentur IRM Services, Inc. Ein Jahr später startete er dann in einer „Dunkelkammer“ von Heiko Thieme mit gebrauchtem PC und Telefon für 19,99 $ mit eigenem Büro durch.
Schwierig war es, mit großen amerikanischen Konzernen ins Geschäft zu kommen. „Wozu mit euch eine Sendung machen. Wir gehen nicht nach Europa, Europa kommt zu uns“, wurde Koch oft belehrt. Nach und nach bekam er aber doch Aufträge wie zum Beispiel von kleinen Sendern wie Radioropa. Dann begannen die Berichterstattungen vom New Yorker Börsenparkett zunächst für den Hessischen Rundfunk und ab April 1996 für n-tv.
Aber anfangs gab es nicht nur begeisterte Fans. Koch wurde von einigen Zuschauern gebeten, von der Balustrade der New Yorker Börse zu springen. Dieses Schreiben hängt heute als Mahnmal in seinem Office. Mittlerweile hat sich der Börsenkommentator an den Blick in das schwarze Loch der TV-Linse gewöhnt. „Man muss eine Verbindung mit dem Zuschauer aufbauen können und das geht eben am Besten, wenn man natürlich ist“, so Koch. Er hat die Börse nie als Welt von Zahlen sondern von Menschen verstanden, „von denen es die verrücktesten auf dem New Yorker Parkett gibt.“ Koch will seinen Zuschauern das Wall Street-Leben rüberbringen. Nicht nur Fakten, sondern auch Gefühle, die Ängste und Hoffnungen, die die Broker empfinden.
Viel wichtiger als Einzelwerte und Tagesereignisse sind für ihn Trends und Stories. Seine Aufgabe sei, rechtzeitig zu wittern, wann sich die Stimmung verändert und dies der Aktienfan-Gemeinde mitzuteilen. Selbst nach acht Jahren New York, ist für ihn der Gang über das Parkett – wo sich täglich etwa 4000 Makler tummeln und 50 Mrd. $ hin- und hergeschoben werden – „etwas Magisches.“
Oft wird Wall Street als Spielkasino karikiert. Vorurteile, meint Koch, denn um ein erfolgreicher Händler zu sein, dürfe man kein enges Verhältnis zum Geld haben. Sonst fehle die geistige Flexibilität, die man für den Erfolg braucht. DIETER W. HEUMANN
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