Gründungsfinanzierung 24.09.2004, 18:33 Uhr

Tipps zum Senken der Startkosten

Maschinen müssen nicht unbedingt neu sein. Statt eines eigenen Labors reicht vielleicht auch das Angebot eines Technologiezentrums. Eine vorausschauende Liquiditätsplanung senkt die Zinsbelastung. Kooperationen schonen die eigenen Ressourcen und erweitern das Akquisitionsfeld. Andere Tipps sind aber mit Vorsicht zu genießen.

Leasing von Fahrzeugen, Maschinen und Geräten kann den Gründungsetat spürbar entlasten“, rät das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) in seinem Internetangebot für Gründer. Auch das „Sale-and-lease-back“- Verfahren könne helfen, den Kapitalbedarf zu senken. Dabei verkauft man eine Immobilie oder Maschine an eine Leasinggesellschaft, um sie in Raten zurückzukaufen. Vorteile: freies Kapital, das Objekt belastet die Bilanz des Leasinggebers statt der eigenen, und außerdem kann man Leasingraten voll als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung verbuchen.
Leider taugt der Tipp nicht für Gründer. „Bei Neugründungen unter zwei Jahren ist das Ausfallrisiko zu groß“, stellt Michael Wendel von der Aachener Direkt Leasing AG klar. „Sale-and-lease-back“ komme erst recht nicht in Frage. Die Branche praktiziere dieses Verfahren nach Betrugsfällen nur noch nach genauer Prüfung des Kunden und des Objektes. Bleibt für Gründer nur das Fahrzeugleasing bei Autohändlern. Aber Vorsicht: Bankkredite sind oft günstiger.
Doch wie können Gründer ihren Kapitalbedarf senken? Zunächst sollten sie sich einen Überblick über die anstehenden Investitionen und Betriebskosten verschaffen. Im Internet findet man dafür geeignete Checklisten. Auch wenn die Finanzplanung auf Prognosen fußt, sollte man hier Sorgfalt walten lassen. Denn es handelt sich um die Achillessehne des Businessplans. Potenzielle Geldgeber prüfen die Zahlen genau. Wer unsicher ist, kann seine Planungen bei Kammern und Verbänden prüfen lassen, bevor er sich damit an Geldgeber wendet.
Irene Fahner prüft bei der IHK Berlin Start-up-Konzepte. Gemeinsam mit den Gründern analysiert sie deren Kapitalbedarf und sucht nach Einsparmöglichkeiten. „Gründer sollten überlegen, ob nicht auch gebrauchte Maschinen, Geräte oder Ladenausstattungen in Frage kommen“, rät sie. Auch sollten sie Standorte vergleichen, bevor sie mit Vermietern verhandeln. Bei der Wahl des Standortes solle man zudem Gründerzentren in Betracht ziehen, sofern das Geschäftsmodell dies zulasse.
Gründerzentren empfiehlt auch Business Angel Jörg Bartsch aus Langen. Gerade für Biotech-Gründer böten spezialisierte Zentren komplett eingerichtete Labors, sowie kaufmännische und organisatorische Unterstützung. „Dort können sie sich voll auf die Forschung und Entwicklung konzentrieren – also auf ihre Kernkompetenzen“, so Bartsch. Ein Leitmotiv, das er Gründern ans Herz legt: so viele Aufgaben wie möglich extern vergeben, und sich bloß nicht in Personalkostenabrechnungen oder IT-Problemen verzetteln. Erfahrungsgemäß lauerten hier hohe verdeckte Kosten. Letztlich komme es billiger, wenn man spezialisierte Anbieter dafür bezahlt.
Wenn er als Engel Gründer begleitet, setzt er den Rotstift allerdings zunächst am Geschäftskonzept an. „Am effektivsten spart man, indem man die Fertigungstiefe gering hält“, rät Bartsch. Wer eine neue Technologie entwickle, müsse genau analysieren, wie er sie effektiv am Markt platziert. Oft lohne es sich nicht, selbst ganze Geräte herzustellen, sondern etablierten Herstellern Komponenten und Know-how anzubieten. Auch sei es meist ineffizient, eine eigene Fertigung aufzubauen, wenn die benötigten Anlagen dafür schon anderswo stehen.
Es kommt also auf geschickte Organisation an. Die Autowerkstatt kann ihre laufenden Kosten senken, wenn sie auf ein eigenes Ersatzteillager verzichtet und statt dessen mit Lieferanten kurze Lieferfristen aushandelt. Der Fertigungsbetrieb reduziert Investitionskosten, wenn er soviel Teile zukauft, wie eben möglich, ohne dabei eigene Exklusivkompetenzen aufzugeben. Und wer Wettbewerber als potenzielle Partner begreift und Netzwerke bildet, kann ebenfalls sparen. „Wenn fünf kleine Handwerksbetriebe koordiniert Maschinen anschaffen und ihr Know-how ergänzen, können sie Großaufträge annehmen. Und sie haben dabei eine bessere Kostenstruktur als ein Großunternehmen“, gibt Bartsch zu bedenken.
Gerade bei größeren Vorhaben spart aber auch schon eine kleinteilige Liquiditätsplanung bares Geld. In der Frühphase einer Gründung rät Bartsch, die Geldflüsse wöchentlich zu analysieren: „So kann man recht genau ermitteln, wann man wie viel Geld braucht.“ Statt einmal 500 000 € aufzunehmen und dafür die ganze Zeit Zinsen zu bezahlen, könne man durch gute Liquiditätsplanung genau dann Geld leihen, wenn es wirklich fehlt und so die Zinslast senken.
Kleinteilig hat auch der Münchener Gründer Markus C. Müller mit seinen Mitgründern geplant, als er den Kapitalbedarf seiner Ubitexx GmbH ermittelte. Ubitexx bietet Unternehmen Dienstleistungen rund um PDAs und Smartphones, vom Konzept der Geräteauswahl und -integration ins Netzwerk, über die Datensicherheit bis hin zur langfristigen Betreuung und Schulung der Mitarbeiter. Vor der Gründung schrieb Müller drei Businesspläne auf Grundlage unterschiedlicher Szenarios: Schnelles Wachstum mit Risikokapital, zügiges Wachstum mit einer Bankfinanzierung und ein Szenario, das finanzielle Mindeststandards definierte – und eintrat. „Der Hauptunterschied lag in der personellen Infrastruktur“, erläutert der Gründer.
Zehn Mitarbeiter kosten etwa 400 000 € im Jahr, hier kann ein IT-Dienstleister sparen. Deshalb legte Ubitexx mit einer Hand voll Mitarbeitern los, statt mit zwei Duzend und wächst nun organisch. Müller sieht es mit gemischten Gefühlen. „Hätten wir gleich 25 Leute angestellt, wären wir wohl gescheitert.“ Aber so laufe man dem Markt hinterher, weil die Personaldecke dünn ist. Die ursprüngliche Strategie, freie Mitarbeiter an sein Unternehmen zu binden, hat der Gründer inzwischen aufgegeben. Es seien zweierlei Paar Schuhe, internes Know-how aufzubauen, indem man Mitarbeiter einstellt, und bei guter Auftragslage Freie zu beschäftigen. Denn wer frei arbeite, wolle meist auch frei bleiben.
Gründer sollten sich also keine falschen Hoffnungen machen, wenn sie diesen Spartipp der BMWA-Webseiten befolgen: „Lohnkosten können Sie sparen, indem Sie einen Teil der Arbeiten von freien Mitarbeitern erledigen lassen“. PETER TRECHOW

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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