Software frisst sich rasant durch riesige Zahlenberge
schleppende Abläufe, gerade wenn es an die Auswertung der Daten geht. Das Team von Exasol will die Datenbankanalysen um den Faktor 100 beschleunigen.
Ganz schön mutig! Als Leiter des Netzwerkes der Nordbayerischen Business Angels hat Rouven Westphal viele Gründer scheitern sehen. Unbeeindruckt davon wechselte der 31-Jährige im Herbst 2002 selbst in ein Start-up. Gemeinsam mit dem Gründer Dr. Michael Gutzmann führt er jetzt die Nürnberger Exasol GmbH.
Für den Seitenwechsel griff er tief ins eigenen Portmonee. „Wie alle anderen im Kernteam von Exasol stehe auch ich finanziell im Risiko. Zusammen haben wir einige hunderttausend Euro investiert.“ Ein Punkt, der ihm wichtig ist. Denn früher vertrat er gegenüber Engeln und Gründern, dass mit dem eigenen Risiko die Bereitschaft steigt, Verantwortung zu übernehmen.
Exasol hat es auf eine Nische abgesehen, in der bislang kein Konkurrent in Sicht ist. Und das auf einem rasant wachsenden Markt: der Analyse von Unternehmensdatenbanken. Kaum ein Unternehmen verzichtet heute auf die Analyse seiner Geschäftszahlen. Das gilt gerade im Handel, wo etwa die großen Multimediakaufhäuser ständig ermitteln, welche Kunden zu welcher Uhrzeit welche Summen bei ihnen lassen. An diesen Analysen richten die einzelnen Märkte dann ihre Sortimente und Preise aus. Auch aus Mahnverfahren sind solche aufwändigen Kundenanalysen nicht mehr wegzudenken und führen zu unterschiedlicher Behandlung der säumigen Zahler.
Das Problem dabei: Oft dauert es Tage, die riesigen Datenmengen international agierender Unternehmen auszuwerten. Und solange die Analysen laufen, verlangsamen sich alle Tagesabläufe im System. Abhilfe konnten bisher nur millionenteure Rechneranlagen leisten. Heute hilft Exasol.
Das Nürnberger Start-up hat eine Software entwickelt, die auf parallel geschalteten handelsüblichen PCs läuft und auf Basis von höchst effizienten Algorithmen dafür sorgt, dass sich die Rechner bis zu 100 Mal schneller durch die Datenberge fressen. Möglich wird das, weil die Analyse abgekoppelt und parallel zu den Tagesgeschäften läuft – das heißt, alle anderen Rechner im Firmennetzwerk laufen während der Auswertung mit der üblichen Geschwindigkeit.
Mit dem Data Warehouse Accelerator gewann das Team 2002 den Businessplan-Wettbewerb Nordbayern. In 2003 war es auch auf europäischer Ebene außerordentlich erfolgreich. Die Nordbayern zählten zu den 20 Gewinnern des Europäischen Ist Prize (Information Society Technology Prize), einer der angesehensten Auszeichnungen in der IT-Branche. Sie konnten sich damit gegen 420 Bewerber aus 28 Ländern behaupten.
Väter der neuartigen Technologie sind Dr. Michael Gutzmann und Falko Mattasch, das eigentliche Gründerduo von Exasol. Gutzmann saß an der Uni Jena an seiner Habilitation, als sich vor fast vier Jahren der weltgrößte Pharmainformationsdienstleiter an ihn wandte. Das Unternehmen organisiert unter anderem den Datenfluss zwischen Apotheken und Pharmakonzernen, indem es anhand von Rezepten die Nachfrage nach Medikamenten analysiert. Doch hatte man Probleme beim Auswerten der riesigen Datenmengen.
Gutzmann machte sich mit seinem Studenten Mattasch an eine Lösung, und gemeinsam entwickelten sie die Software, mit der Exasol nun auf den Markt drängt. Inzwischen arbeiten 25 Mitarbeiter an vier Kundenprojekten. „Damit stecken wir bis zur Halskrause in Arbeit“, erklärt Westphal. „Leider haben wir Probleme, passende Leute dafür zu finden“. Es sei eine schwere Aufgabe, unbesetzte Stellen adäquat zu besetzen.
Dank eines engagierten Business Angels, der Technologie Beteiligungsgesellschaft (tbg) der Mittelstandsbank und eigener Einlagen steht Exasol finanziell fest auf eigenen Füßen.
PETER TRECHOW/sta
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