Karriere 24.03.2000, 17:24 Uhr

Karriere machen in Kalifornien

Als einzige Hochschule in Deutschland bietet die FH Karlsruhe den Studiengang Sensorsystemtechnik an. Einer der Absolventen forscht jetzt an einem renommierten Forschungs-Labor in den USA. Ein Arbeitsplatz sei den angehenden Ingenieuren sicher, so Professor Ulrich Grünhaupt, der das Fach in Karlsruhe vertritt.

Für Torsten Stezelberger erfüllte sich ein Wunschtraum. Die amerikanische Eliteuniversität Berkeley räumte ihm die Chance ein, für zunächst zwölf Monate am Lawrence Berkeley National Laboratory zu arbeiten. Neu ist ihm diese Umgebung allerdings nicht, denn schon seine Diplomarbeit hatte er bei dem renommierten Institut mit der Note „sehr gut“ abgeschlossen. Der 27-Jährige, der an der FH Karlsruhe Sensorsystemtechnik studiert hat, war zusammen mit anderen Wissenschaftlern damit befasst, die Versuchsbedingungen der am Südpol eingerichteten Amundson-Scott-Station zu optimieren. Von dort aus versucht ein internationales Forscher-Team in die Tiefen der Galaxis vorzudringen.
Herzstück dieser Versuchsstation ist ein bis in 2300 m Tiefe reichender Detektor, der die von Sternen abgestrahlten und am Nordpol ankommenden Neutrinos erkennen kann. Diese Elementarteilchen sind in der Lage, Materie zu durchdringen. Neutrinos, die in der Arktis auftreffen, passieren also die Erde, werden jedoch abgebremst und geben dabei die freiwerdende Energie als Strahlung ab. Das Eis des Südpols dient sozusagen als Detektormedium in einer weitestgehend störungsfreien Umgebung. Über die im Detektor aufgereihten optischen Module lassen sich die Lichtspuren der Neutrinos verfolgen und daraus wiederum Rückschlüsse über deren Entstehungsort im All ziehen. Mit dieser Methode ist es möglich, auch solche Sterne zu orten, die mit Hilfe optischer Signale oder der Radioastronomie nicht entdeckt werden können.
Die Weiterleitung der Signale an die oberirdische Forschungsstation erfolgte bisher auf analogem Wege, doch mittlerweile haben die Wissenschaftler in Berkeley ein Verfahren entwickelt, um die Information direkt an den Detektormodulen zu digitalisieren und dann weiterzuleiten. Damit der Zeitpunkt jedes einzelnen Lichtblitzes genau bestimmt werden kann, ist es aber notwendig, die Korrelation zwischen dem unterirdisch eingehenden Signal und der messtechnischen Erfassung in der oberirdisch gelegenen Versuchsstation neu zu definieren.
Wie diffizil diese Aufgabe ist, lässt sich schon daran erkennen, dass dazwischen 3 km Kabel liegen und die maximale Abweichung der Messungen nicht mehr als fünf Nanosekunden betragen darf, will man zu verwertbaren Aussagen gelangen. „Meine Aufgabe war es, die Laufzeit der digitalen Signale bis zur Erdoberfläche unter Laborbedingungen zu ermitteln“, so Torsten Stezelberger. Dafür baute der Karlsruher Wissenschaftler eine entsprechende Hardware auf und simulierte die Situation in der Forschungsstation Amundson-Scott mit Hilfe künstlicher Signale.
Das Know-how für solche kniffligen Aufgaben erwarb Torsten Stezelberger in dem achtsemestrigen Studiengang Sensorsystemtechnik an der Fachhochschule in Karlsruhe. Sie ist die einzige Hochschule in Deutschland, die diesen Studiengang anbietet, und das, obwohl „Sensortechnik ein Zukunftsmarkt ist, auf dem ständig neue Leute gesucht werden“, so Ulrich Grünhaupt.
Die Karlsruher Studenten erhalten eine breite Grundausbildung, die auf Physik, Chemie und Mathematik ruht. Sie lernen die verschiedensten Probleme und Aspekte der Sensortechnik kennen, sammeln Erfahrungen mit einzelnen Sensortypen und eignen sich Kenntnisse über Möglichkeiten der Signalverarbeitung an. „Die Studenten bekommen also das Rüstzeug, mit dem sie sich im Berufsleben sehr schnell in firmenspezifische Aufgabenstellungen einarbeiten können. Ein Arbeitsplatz ist ihnen deshalb nach Abschluss des Studiums auch so gut wie sicher,“ so Grünhaupt.
Seit neun Jahren gibt es an der Fachhochschule Karlsruhe den Studiengang Sensorsystemtechnik. 250 angehende Ingenieure haben in diesem Zeitraum ihren Abschluss gemacht, jedes Semester kommen rund 40 Studienanfänger hinzu. Eine Zulassungsbeschränkung gibt es bis jetzt nicht, denn noch hält sich die Zahl der Bewerber und Studienplätze die Waage. Seit dem Wintersemester 98/99 können Studenten zwischen Diplom- und Masterstudiengang wählen. 40 ausländische Studenten, vor allem aus Indien, China und Pakistan, werden in den nächsten zwei Jahren mit dem Master of Science abschließen.
Dass vor allem junge Leute aus Schwellenländern nach Deutschland kommen, ist für Ulrich Grünhaupt nicht weiter überraschend. Es sei eine Illusion zu glauben, nur weil internationale Studiengänge angeboten würden, strömten plötzlich Studenten aus den USA und dem europäischen Ausland massenweise an deutsche Hochschulen. „Viele ausländische Studenten ziehen es eben doch vor, ihr Studium im englischsprachigen Raum zu absolvieren“.
Internationale Kontakte haben Ulrich Grünhaupt und seine Mitarbeiter aber auch schon vor Einführung von Bachelor und Master gepflegt. So wird von Karlsruhe aus ein Projekt in China betreut. In der nordchinesischen Provinz Liaoning tritt der Hun-River während der Regenzeit regelmäßig über die Ufer und führt zu verheerenden Überschwemmungen. Um dem vorzubeugen, soll ein Sensor-Frühwarnsystem installiert werden, das zunächst auf dem Rhein bei Karlsruhe-Maxau getestet wird. Dort schwimmt eine Messplattform, die ständig Wasserstand, Temperatur, Sauerstoffgehalt, Strömungsgeschwindigkeit und pH-Wert an die Fachhochschule übermittelt. MONIKA ETSPÜLER
Torsten Stezelberger, Diplom-Ingenieur von der FH Karlsruhe, arbeitet an einem Forschungsprogramm, in dem Methoden entwickelt werden, um solche Sterne zu orten, die mit optischen Signalen oder mit der Radioastronomie nicht mehr ausgemacht werden können.

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