Jobs für ältere Ingenieure
Um die hohe Anzahl von arbeitslosen Ingenieuren in den besten Jahren zu reduzieren, gibt es einige Projekte. „Re-Ing“ in Hamburg und „Qwai“ in Stuttgart zählen dazu.
Michael Krause (Name von der Redaktion geändert) ist froh, wieder einen Job zu haben. Drei Jahre war der 54-jährige Maschinenbauer arbeitslos. Seine Bewerbungen liefen ins Leere. Rumzusitzen ist jedoch nicht die Art des allein erziehenden Vaters von drei Kindern. Ehrenamtlich arbeitete er als Dozent an der Wirtschaftsakademie und als Vorsitzender des Prüfungsausschusses bei der Handelskammer. Aber: „Ich wollte unbedingt wieder eine feste Stellung haben“, sagt Krause, der seit einigen Monaten bei einer Hamburger Firma in der Arbeitsvorbereitung tätig ist.
Dass dieser Job weit unter seiner Qualifikation liegt und damit auch finanzielle Abstriche verbunden sind, nimmt er achselzuckend hin. „Für mich ist es wichtig, wieder ein Teil der Gesellschaft zu sein.“ Krause ist überzeugt, dass ihm ein Einstieg in das Berufsleben ohne die Vorbereitung und Unterstützung durch das Projekt „Re-Ing“ (Reintegration von älteren arbeitslosen Ingenieuren) nicht gelungen wäre. Denn, obwohl in Deutschland händeringend Ingenieure gesucht werden, allein im Maschinenbau sind 3500 Stellen nicht besetzt, haben zirka 67 000 Ingenieure keinen Job. Gut die Hälfte davon ist über 50 Jahre. Zu alt für die Wirtschaft. Auch Krause bekam das zu spüren. „Das Alter ist häufig ein Grund für die Absage gewesen“, erzählt er. Manchmal sei es ihm auf Nachfrage direkt gesagt worden.
Die hohe Zahl von arbeitslosen Ingenieuren ist Jörg. W. Mutschler vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Nord in Hamburg ein Dorn im Auge. Die Idee: „10 % der arbeitslosen Ingenieure durch Weiterbildung an den Hochschulen fit für die modernen Anforderungen des Arbeitsmarktes zu machen.“ Gemeinsam mit der Fachhochschule Hamburg entwickelte er das Projekt „Re-Ing“ und schlug damit drei Fliegen mit einer Klappe. Die nur schlecht besetzten Hörsäle in den technischen Studiengängen sollten für die Weiterbildung genutzt, arbeitslose Ingenieure in den Arbeitsmarkt integriert werden und die Unternehmen ihren Personalbedarf decken. Aus etwa 1500 arbeitslosen Ingenieuren suchte das Arbeitsamt Hamburg 130 geeignete Kandidaten aus und schickte sie zu einer Auftakt-Veranstaltung. Nur 60 sind gekommen – und davon gaben auch nur 30 ihre Bewerbung ab. Mutschler: „Wir machten ihnen klar, dass es ein toughes Programm ist.“ Ein PC wurde gestellt, ein Arbeitsaufwand von 40 bis 50 Stunden anvisiert. „Es sollte von den Kandidaten Leistung gezeigt werden.“ Nicht nur, um einen Job zu bekommen, sondern auch, um später von Kollegen akzeptiert zu werden.“ Bei einem Assessment-Center fielen dann noch 15 weitere durch. Die Gründe für die Ablehnungen seien sehr unterschiedlich gewesen, so der VDMA-Geschäftsführer. Einige Ingenieure hätten falsche Gehaltsvorstellungen oder seien einfach schon zu lange arbeitslos gewesen.
Im Oktober des vergangenen Jahres mussten die verbliebenen 15 Ingenieure zwischen 45 und 55 Jahren, die meisten davon Maschinenbauer, während der viermonatigen Theorie wieder die Schulbank drücken. Auf dem Lehrplan standen unter anderem Mechatronik, BWL, 3-D-CAD sowie Marketing und Vertrieb. Anschließend ging es zu einem sechsmonatigen Praktikum in einen Betrieb.
Elf der Teilnehmer haben mittlerweile einen festen Job als Konstrukteur, im Projektmanagement oder Vertrieb – vier brachen das Projekt ab. Falsche Selbsteinschätzung, ein zu weiter Fahrtweg zur Arbeitsstätte, mangelnde Konfliktfähigkeit und auch ein Einstellungsstopp eines Unternehmens seien Auslöser gewesen, erklärt der VDMA-Geschäftsführer. Noch einmal würde Mutschler „Re-Ing“ nicht durchführen. „Es ist zu betreuungsintensiv.“ Allein die geeigneten Unternehmen zu finden, war nicht einfach. „Die Betriebe rennen uns nicht gerade die Türen ein.“ In Zukunft sollen vielmehr vom VDMA freie Stellen akquiriert und Ingenieure individuell für diese Stellen qualifiziert werden.
Auch Dr. Alf Löffler geht diesen Weg. Rund 100 arbeitslose Ingenieure mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren hat er in Zusammenarbeit mit dem VDI Stuttgart für spezielle Schulungsprogramme gewonnen. Bundesweit suchte der ehemalige Geschäftsleiter der Robert Bosch GmbH in Stuttgart und heutige Unternehmensberater die entsprechenden Kandidaten. 50 davon haben wieder einen festen Job. „Die anderen werden auch einen Arbeitsplatz finden“, ist Löffler überzeugt. Zurzeit laufen Projekte in Halle für Fertigungs- und Softwareentwicklungsingenieure. Im Sommer dieses Jahres ist zudem das Projekt „Qwai“ angelaufen, an dem sich neben dem VDI auch der VDMA, die Industriegewerkschaft Metall Baden-Württemberg und Südwestmetall beteiligen. Das Ziel: Innerhalb von drei Jahren 400 Stellen mit „Senioringenieuren“ zu besetzen.
Ohne eine gezielte Qualifikation hätten sie keine faire Chance. Denn eine überdurchschnittlich lange Einarbeitungszeit können sich Betriebe nicht leisten. „Die Unternehmen erwarten leistungsfähige Mitarbeiter.“ Selbst Kollegen würden sie „herausdrücken“, wenn sie nicht die notwendige Leistung bringen. Eine intensive sozialpädagogische Begleitung ist nach langer Arbeitslosigkeit ebenfalls erforderlich. Löffler: „Die Spanne, die sich hinter den Einzelschicksalen verbirgt, ist weit.“ ANGELA SCHMID
Nähere Informationen zu „Qwai“ gibt es beim Bildungsverband Berufliche Qualifikation, Telefon: 0711 – 13534015
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