Gehaltssprung für Ingenieure
Der neue VDI Gehaltsreport ist wieder da und damit die Möglichkeit für Ingenieure aller Branchen zu überprüfen, ob sie genug verdienen. Die Analyse liefert stichhaltige Argumente für das nächste Gehaltsgespräch.
Vor allem jüngere, topqualifizierte Ingenieure werden heute händeringend gesucht. Die Wirtschaft kann ihren akuten Bedarf auch durch Arbeitskräfteimport aus dem Ausland, trotz Green Card-Regelung, offenbar nicht mehr gut abdecken.
Dass sich diese Entwicklung positiv auf die Gehälter der Ingenieure auswirken muss, ist nachvollziehbar. Für den Einzelnen ergibt sich dadurch die Chance eines spürbaren Gehaltsnachschlags, wenn er gut vorbereitet in das nächste Gehaltsgespräch geht. Das gilt vor allem für diejenigen, die erst vor wenigen Jahren unter eher ungünstigen Bedingungen einen Job angenommen haben.
Eine ideale Orientierung bieten in diesem Zusammenhang die neuesten Einkommensdaten des VDI aus einer groß angelegten Befragung. Sehr unterschiedlich war die Entwicklung in den einzelnen Branchen: Im EDV-Bereich und in der Elektrotechnik sind die deutlichsten Anstiege zu verzeichnen. Ein Einkommenssprung von 13 % bis etwa 15 % innerhalb von zwei Jahren ist deutlicher Ausdruck des immer wieder beklagten Personalengpasses in diesen Branchen. Ganz anders erging es Ingenieuren in der Kraftfahrzeugindustrie: Sie bilden mit einer Gehaltszunahme von nur 5,1 % das Schlusslicht bei den Steigerungen. Nicht besser sieht es im Bau- und Baunebengewerbe aus (5,4 %).
Aber Achtung, die Prozentwerte spiegeln auch strukturelle Veränderungen wider und lassen demzufolge nicht direkt auf einzelne Positionen schließen! Der einzelne Ingenieur ist deshalb ergänzend auf eine individuelle Analyse seiner Einkommenssituation angewiesen, wie sie vom VDI, dem größten Ingenieurverein auf dem Europäischen Kontinent, angeboten wird (www.ingenieureinkommen.de).
Die in Westdeutschland angestellten Ingenieure beziehen in der Mitte ihres Berufslebens ein jährliches Gehalt von 130 000 DM bis 150 000 DM. Weniger wird in Ostdeutschland verdient: Ingenieure erhalten dort im Alter von 30 bis 40 Jahren üblicherweise ein Jahreseinkommen zwischen 85 000 DM und 120 000 DM. Dies ist allerdings eine deutliche Verbesserung gegenüber 1998, als die Einkommen noch etwa um 20 000 DM im Jahr niedriger lagen.
Trotz aller Steigerungen wartet aber eine Einkommens-Schallmauer auf die meisten Ingenieure: Die Analyse zeigt, dass knapp ein Viertel der in der Industrie angestellten Ingenieure im Laufe ihres Berufslebens ein jährliches Einkommen von 160 000 DM erreicht. Die jüngeren Altersjahrgänge werden sich langfristig aber eher an etwas niedrigeren Werten orientieren müssen, da, wie bei allen Akademikergruppen, die früher herausgehobene Stellung im Unternehmen in Zukunft nicht mehr so ohne weiteres erreichbar sein wird. Große Konzerne gehen nämlich davon aus, dass der Akademikeranteil auf weit über 30 % der Beschäftigten anwachsen wird.
Und wo arbeiten angestellte Ingenieure und Ingenieurinnen? 22% von ihnen engagieren sich in Betrieben mit 1 bis 100 Mitarbeitern, 21 % in Unternehmen mit 101 bis 500 Beschäftigten und 28 % der Befragten verdienen ihr Geld in größeren Betrieben mit 501 bis 5000 Mitarbeitern. Konzerne und Großunternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern beschäftigen mit 28 % etwa ein Drittel der Befragten. Für alle Ingenieure gilt: Mit zunehmender Berufserfahrung wird es schwieriger, aus Großbetrieben in kleinere zu wechseln und umgekehrt, da sich die fachlichen und überfachlichen Anforderungen z.T. erheblich unterscheiden.
Noch schwieriger ist es, sich aus einer selbständigen Tätigkeit wieder in einen Betrieb einzugliedern. Der Weg in die Selbständigkeit sollte deshalb gut geplant und vorbereitet sein. Selbständige und freiberufliche Ingenieure erwirtschaften im Durchschnitt 600 000 DM im Jahr, bei einem persönlichen Gewinn von 130 000 DM. Nicht wenige Selbständige müssen aber mit deutlich geringeren Überschüssen klar kommen. Die Tagessätze liegen in der Regel zwischen 800 DM und 1200 DM. Kleinere Büros arbeiten sogar für nur 200 DM am Tag. Der oft hinter vorgehaltener Hand zitierte Tagessatz von 3000 DM ist eher die Ausnahme. Die Aufträge der freiberuflichen bzw. selbständigen Ingenieure kommen zumeist aus der Privatwirtschaft, nur 18 % aus dem öffentlichen Wirtschaftsektor. Für alle Ingenieure, ob sie nun angestellt sind oder selbständig arbeiten, bietet der VDI mit seinem computergestützten Expertensystem zur Gehaltsanalyse, in das auch die Daten der aktuellen Umfrage eingeflossen sind, eine professionelle Dienstleistung. Wer will, erfährt konkret, was er verdienen sollte.
Da sich der Service allein auf den Bereich der Ingenieure, Naturwissenschaftler und Informatiker konzentriert, bietet er optimale Auflösung. Auch zieht der VDI keine Einkommensangaben von Online-Nutzern oder aus anderen Quellen zur Analyse heran, weil daraus in der Regel zu niedrige Einkommensangaben resultieren. Stattdessen verwendet der VDI ausschließlich jene Daten, die aus postalischen schriftlichen Befragungen von über 80 000 im Beruf stehenden VDI-Mitgliedern gewonnen wurden. Diese Verfahrensweise ist zwar erheblich teurer als andere Methoden der Datenerhebung, garantiert aber wirklichkeitsgetreue Ergebnisse, auf die es hier ankommt. Von Zeit zu Zeit wird die Datenbasis anhand von Quervergleichen zu anderen seriösen Datenquellen (z.B. Kienbaum) überprüft.
Konkret hat der VDI in einer gemeinsamen Aktion mit den VDI nachrichten im Jahr 2000 wieder seine im Beruf stehenden Mitglieder nach ihren Einkommen befragt. Alle Branchen und Fachrichtungen wurden einbezogen. Für selbständige Ingenieure stand ein eigenes Fragebogenmodul zur Verfügung. Das Ergebnis ist der neue VDI Gehaltsreport 30. HOLGER HILLMER
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