Erfolg durch ehrenamtliches Engagement
In den USA hat man ohne Freiwilligenarbeit („Volunteering“) in der Vita fast keine Chance, eine Führungsposition zu bekommen. In Deutschland ist das freiwillige Engagement zwar nicht so wichtig für die Karriere – aber es kann sie deutlich beflügeln.
Andreas Galkowski studiert Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Niederrhein – und sitzt seit zwei Jahren im Vorstand. Ehrenamtlich, bei den Wikinger-Kanufreunden. Mit diesem Engagement im Wildwasser-Club kann er später auch im Bewerbungsmarathon die Nase vorn haben.
„Leider sind sich viele dessen gar nicht bewusst. Wir erleben es immer wieder, dass ein Bewerber beispielsweise schon lange eine kirchliche Jugendgruppe leitet und das im Lebenslauf nicht erwähnt“, sagt Gudrun Bolduan, Geschäftsführerin des Berliner Büros für Berufsstrategie. „Hat man intensiv ehrenamtlich gearbeitet, kann das ein größeres Gewicht haben als ein vierwöchiges Schnupperpraktikum.“
In den USA hat man ohne Freiwilligenarbeit in der Vita nahezu keine Chance, eine Führungsposition zu bekommen. „Volunteering“ gehört zum Kanon der Selbstverständlichkeiten, auf die eine Bewerbung hin abgeklopft wird.
Auch hier zu Lande setzen sich immer mehr Menschen fürs Gemeinwesen ein: Wie eine bundesweite Studie des Bundesministeriums für Familie herausgefunden hat, engagiert sich jeder Dritte über 14 Jahren ehrenamtlich. Fünf Stunden in der Woche investiert jeder der Aktiven durchschnittlich pro Woche – vorwiegend für das Gefühl, „etwas Sinnvolles zu tun“, das gleichzeitig Spaß macht.
Darüber hinaus ist es für drei Viertel der Engagierten wichtig, ihre Kenntnisse und Erfahrungen zu erweitern. Rund 20 % spornt überdies ein möglicher beruflicher Nutzen an.
„Man lernt sehr viel – für sich selbst und auch für die Arbeit“, meint Andreas Galkowski. Der 27-Jährige ist schon seit 1993 Trainer für Kinder und Jugendliche, später hat er zusätzlich das Amt des Jugendwarts übernommen. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn die Kleinen Erfolg haben und sich freuen – dann freue ich mich auch.“ Nun, als 1. Vorsitzender, ist viel Organisatorisches hinzu gekommen: Der 27-Jährige kümmert sich um Gelder und Versicherungen, plant Vereinsaktionen und Jugendfahrten, koordiniert Wettkämpfe … Er ist sich sicher, dass man sein „Ehrenamt lebt“.
Vor dem Studium hat er bei Henkel in Düsseldorf eine Ausbildung gemacht und als Techniker gearbeitet – da ging auch schon mal die Hälfte des Urlaubs für die Freiwilligenarbeit drauf. Dank flexibler Arbeitszeit gelang es ihm auch bei Terminen in der Woche, alles unter einen Hut zu bekommen. Und das direkte Feedback, das er im Ehrenamt bekommt, motiviert ihn immer wieder – auch wenn“s mit dem Studium mal stressig wird. Die Erfahrungen möchte der Düsseldorfer auf keinen Fall missen: „Ich habe mittlerweile eine viel bessere Menschenkenntnis und habe einiges im Umgang mit anderen gelernt.“
Das seien Impulse, die auch für den Beruf wichtig seien: „Man wird selbstbewusster und fällt sicherer Entscheidungen.“ Das kann Tanja Jaser, Personalreferentin bei IBM in Stuttgart, nur unterstreichen: „Ein Ehrenamt zeigt, dass diese Bewerber früh Verantwortung übernehmen wollen. Es ist oft ein Indiz dafür, dass die Kandidaten team- und konfliktfähig sind und andere motivieren können.“
Freiwilligen-Tätigkeiten seien zwar keine Grundvoraussetzung für die weitere Karriere, spielen als Einstellungskriterium bei IBM aber durchaus eine wichtige Rolle. Wer sich ehrenamtlich einsetzt – egal, ob im kulturellen, sozialen, sportlichen oder ökologischen Bereich – zeigt soziale Kompetenz und hat nicht selten Erfahrungen im Projektmanagement.
Sabine Paschke, Verantwortliche für Recruiting-Strategien bei Ford in Köln, sieht einen weiteren möglichen Trumpf: „Geht es beispielsweise um Führungsverantwortung bei einer neuen Stelle und jemand hat noch keine oder keine hinreichende Führungserfahrung, war allerdings in ehrenamtlicher Funktion als Vorstandsmitglied oder Vorsitzender eines Vereins tätig, so kann eine ehrenamtliche Tätigkeit sicher von erheblichem Vorteil sein.“ Mit den Aktivitäten sollte man also nicht hinter dem Berg halten, nur bei politischer oder gewerkschaftlicher Arbeit ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Dass man ein Ehrenamt natürlich nicht rein „joborientiert“ angehen sollte, liegt auf der Hand. In erster Linie ist Engagement eine private Sache. Doch dass außeruniversitäres und außerberufliches Engagement sich bei Bewerbungen gut macht, ist ein positiver Nebeneffekt. „Ehrenamtliche können oft Dinge mitgestalten. Das macht zufrieden“, sagt Gudrun Bolduan. Und: Sie lernen neue Facetten der Welt kennen. Ein Ingenieur, der mit Kindern arbeitet, oder eine Informatikerin, die Krankenbesuche macht, schafft sich einen Ausgleich zum Job und kann durch die andere Sichtweise neue Kreativität gewinnen.
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