Die Promotion als Karrierekick
VDI nachrichten, Berlin, 24. 11. 06, jul – Rund 2000 Maschinenbauer haben letztes Jahr ihre wissenschaftliche Ausbildung mit einem Doktortitel gekrönt. Durchschnittlich promovieren weniger als 1 % eines Jahrgangs. Dass es jedoch jede Mühe wert ist, zeigen Hans Egermeier und Volker Weber.
Mitten im Endspurt seiner Promotion erreicht man Hans Egermeier auf der Fresenius-Erfindermesse in Düsseldorf. Vier Tage lang darf er dort seine Unternehmensidee „xmedio“ vorstellen, die auf neuartigen Computerspielen für Trainingsgeräte basiert, die oft eintönige Fitness- und Rehaübungen in kurzweilige Trainingsspiele verwandeln sollen.
Zusammen mit einem Informatiker hat er dazu spezielle Programme entwickelt, die ein spielerisches Feedback geben, ob Trainingsvorgaben wie die optimale Pulsfrequenz eingehalten werden. „Unsere Zielgruppe sind unter anderem stark übergewichtige Kinder, die sich mit unseren Spielen leichter für das Gerätetraining motivieren lassen, während ihre Trainingsintensität gleichzeitig spielerisch kontrolliert wird“, so Egermeier.
Nach seinem Maschinenbaustudium an der TU München und der Diplomarbeit an der kalifornischen Uni Berkeley ermöglichte ihm die Promotion am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der TU München einen doppelten Vorteil: „Zum einen wird mir der Doktortitel demnächst Türen öffnen, die mir sonst verschlossen blieben, zum anderen ist der Zugang zur gesamten Infrastruktur des Instituts für mich die wichtigste Gründungsunterstützung“, bilanziert der 31-Jährige. So fungiert Institutsleiter Michael Zäh als Gründungsmentor und unterstützt seine gründungswilligen Doktoranden auch darin, dass sie bereits aus ihrem Institutsbüro heraus ihre Geschäftsidee vorantreiben können.
Das iwb hat damit längst auf die Klagen vieler Promovierter reagiert, die deutschen Hochschulen zu lange Promotionen, eine unbefriedigende Betreuung durch den Doktorvater sowie neben Finanzierungsproblemen auch noch Belastungen durch promotionsferne Aufgaben vorwerfen. Diese Kritik wird inzwischen auch vom Wissenschaftsrat unterstützt, der eine stärkere Strukturierung der Doktorandenausbildung fordert.
Kritische Töne, die Volker Weber (33) nur vom Hörensagen kennt. Für den promovierten Wirtschaftsingenieur stand früh fest, in die Beratung zu gehen. „Nach meinem Studium an der TU Kaiserslautern habe ich mich dann doch zunächst für die Promotion entschieden, auch weil ich am iwb der TU München die Chance bekam, nicht Studien im Elfenbeinturm zu betreiben, sondern umgehend Wissenschaft und Praxis miteinander zu verbinden, um Erfahrung für meine spätere Beratertätigkeit zu sammeln.“
Wie Hans Egermeier kam er auch nach zwei Jahren in den Institutsleitungskreis, eine Besonderheit am iwb. Dort übernehmen Doktoranden bereits Führungsverantwortung u. a. für wissenschaftliche Mitarbeiter, Budget und Auftragsakquise. „Die Aufgaben hatten schon viel mit dem späteren Beraterleben zu tun und waren daher für mich eine sehr gute Berufsvorbereitung“, so Weber. Etwa sorgten zahlreiche Firmenprojekte dafür, „eine super Basis für meinen jetzigen Job zu legen“. Nach der Promotion konnte sich Weber dank dieser Erfahrungen, überdurchschnittlichen Leistungen und längeren Auslandsaufenthalten seinen Arbeitgeber aussuchen und entschied sich für die Boston Consulting Group.
Der scheinbare Umweg der fünfjährigen Promotion hat sich für ihn gelohnt, „ich habe dort unheimlich viel gelernt und bin dem Institut sehr dankbar“. Auch Hans Egermeier möchte keinen Tag seiner Promotionsjahre missen, „allein die Fähigkeiten, strukturiertes Arbeiten gelernt zu haben, delegieren zu können oder die Erfahrungen im Umgang mit Kunden sind für mich Gold wert“. Für ihn ist die industrienahe Kultur, die am iwb vorgelebt wird, der Schlüssel zum Erfolg seiner Gründeridee. Das auf dem Weg zum Doktor-Titel gefürchtete mühsame Abstrampeln überlässt er auch in Zukunft den sportlichen Nutzern seiner Computerspiele. ANDREAS LEIMBACH
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