„Auf Kraft des weltweiten Netzwerkes verlassen“
VDI nachrichten, Düsseldorf, 22. 10. 04 – McKinsey zählt mit 1800 Mitarbeitern zu den größten Unternehmensberatungen in Deutschland und präsentiert sich verstärkt als attraktiver Arbeitgeber für Ingenieure. Eine Möglichkeit ist die Beschäftigung als Spezialist für Lean Manufacturing. Vorbereitet auf diese Arbeit werden Hochschulabsolventen in einem Kompetenzzentrum in Hannover.
Eigentlich wollte ich gar nicht in die Beratung“, erinnert sich Carsten Sürig (38), wenn er an seine Zeit an der RWTH Aachen zurückdenkt. Der Elektroingenieur studierte und promovierte an der Renommieruni. „Eine typische Ingenieurkarriere eben“, meint Sürig heute über seine Zeit vor der Beratung. Damals stellte er sich vor, dass Unternehmensberatungen „nur 25-jährige Betriebswirtschaftler und keine 30-jährigen promovierten Ingenieure suchen“.
Seit 1996 aber weiß er, dass Consultants wie McKinsey gerade auf Ingenieure angewiesen sind, wenn es etwa um strategische und organisatorische Herausforderungen im Bereich Hightech oder in der Grundstoff- und Automobilindustrie geht. Inzwischen hat Carsten Sürig als Partner die bei Consultingunternehmen höchste Karrierestufe erreicht.
Ganz so weit, aber auf einem vielversprechenden Weg, sind die Wirtschaftsingenieure Frank Wiesner (31) und Javier Girón Blanco (26) noch nicht. Ihr Job begeistert beide allerdings schon heute und sie nicken zustimmend, als Sürig erzählt, dass der Reiz bei der Arbeit als Consultant darin bestehe, „schon in den ersten Berufsjahren ein vergleichsweise großes Rad zu drehen“. So war“s bei seiner ersten Studie für ein europäisches Energieversorgungsunternehmen. „Wir schauten uns damals das jährlich wiederkehrende Einkaufsvolumen von einer halbe Milliarde Euro an.“
Seinen ersten Karrieresprung bei McKinsey hat Frank Wiesner bereits hinter sich. Er entschied sich wie seine Kollegen für eine Beratung, weil er nicht gleich zu Beginn seiner Karriere für längere Zeit in ein- und demselben Industrieunternehmen und in einer bestimmten Branche arbeiten wollte. Wiesner interessiert sich für operative Problemstellungen und möchte die Prinzipien der schlanken Fertigung in verschiedenen Industrien anwenden. „Zurzeit bin ich in ein Projekt im Fertigungssektor eingebunden, ich habe aber auch schon in der Chemieindustrie, auf einer Ölplattform und in der Logistik gearbeitet.“
Um auf diese Vielfalt an Aufgaben vorbereitet zu sein, startete Wiesner seine Ausbildung zum Spezialisten für Lean Manufacturing als Fellow im Production Systems Design Centre (PSDC) in Stratford-upon-Avon (Großbritannien), dem ersten von weltweit vier McKinsey-Kompetenzzentren für Lean Manufacturing. „Fellows“ sind in der McKinsey-Sprache junge Consultants, die unmittelbar nach dem Studium in die Unternehmensberatung einsteigen. Nach zwei Jahren im PSDC wechselte der damals 28-jährige Wiesner in den Operations-Beratungsbereich, um Klienten bei Lean Manufacturing Projekten zu unterstützen.
Knapp zwei Jahre muss der in Guatemala geborene Javier Girón Blanco auf diesen Moment noch warten. Der Wirtschaftsingenieur, der an der TU Berlin noch den Master of Science aufsattelte, stieg erst im August, so wie sein Kollege Wiesner zuvor, in ein PSDC-Programm ein. Er arbeitet seitdem in Hannover im gerade eröffneten vierten Kompetenzzentrum für Lean Manufacturing von McKinsey. Die ersten Trainings hat er hinter sich. Nun steckt er in einem ersten Projekt bei einem Autozulieferer in Süddeutschland.
Hohe Mobilität, viel Flexibilität werden von jungen Beratern erwartet. So wie die Klienten, wechseln meist auch die Branchen. Eine typische Arbeitswoche sieht für einen Berater so aus: vier Tage beim Klienten, ein Tag im Büro. „Der Tag im Büro ist eminent wichtig, weil wir dann im persönlichen Dialog mit Kollegen Wissen austauschen können“, stellt Frank Wiesner fest. Dass Berater schnell die Flughäfen dieser Welt kennen lernen und aufgrund der projektbezogenen Tätigkeit auch längere Arbeitstage haben, gehört zum Geschäft.
Was aber veranlasst Unternehmen, Berater einzuschalten? „Weil die Profitabilität runtergeht, der Markt einbricht oder Betriebsblindheit eine zielgerichtete Analyse verhindert“, weiß McKinsey-Partner Carsten Sürig, „und oft liegen die Probleme gerade dort, wo man sie nicht vermutet – z. B. in der Produktion.“
Aber wie werden die für jede einzelne Firma typischen Prozesse begriffen, wie die unsichtbaren Informationskanäle zwischen Abteilungen erkannt? Frank Wiesners Antwort ist so einfach wie verständlich: „Hinschauen, zuhören, verstehen und nicht nur auf Kostenstellen schielen. Im Beratungsbereich Manufacturing schauen wir uns die Prozesse, wie bei allen anderen McKinsey-Studien, genau an.“ Später werden Problemfelder abgegrenzt. Denn er habe nie die Aufgabe, meint Wiesner, die gesamte Firma zu optimieren. Er müsse vielmehr komplexe Probleme in kleinere Einheiten herunterbrechen. „Wenn wir während dieser Prozesse mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen sprechen, finden wir schnell heraus, wie die formellen und informellen Informationsflüsse funktionieren.“
Frank Wiesner und PSDC-Fellow Javier Girón Blanco können sich wie ihre Berater-Kollegen auf die „Kraft des weltweiten Netzwerks von McKinsey“ (Sürig) verlassen. Oder anders gesagt: Ohne dieses Netzwerk wäre eine solide Arbeit kaum möglich.
Carsten Sürig z. B. wird in den nächsten Wochen mit Klienten, den Besitzern von Kohle-Minen in China, das Thema „Lean Operation im Bergbau“ diskutieren. „Mit Sicherheit werde ich auf die Erfahrung der Kollegen aus Nordamerika, Australien oder Südafrika zurückgreifen, die bereits Expertisen zu diesem Thema erstellt haben.“ Da lebe McKinsey auch von der Größe und der Internationalität der Beratung.
In diesem Umfeld werden sich Ingenieure zurecht finden, die in der Lage sind, eine bestimmte Methodik auf immer neue Bereiche anzuwenden. Lean Manufacturing z. B. stammt aus der Toyota-Philosophie, „lässt sich aber genau so im Bergbau, im Energiebereich oder in Verwaltungsprozessen anwenden“, weiß Javier Girón Blanco, der einige Zeit in Japan gearbeitet hat. Die für solche Prozesse notwendigen analytischen Fähigkeiten vermittelt die Ingenieurausbildung. Wenn sich zu dieser Problemlösungskompetenz auch noch ein hohes Maß an Sozialkompetenz gesellt, könnte sich ein junger Ingenieur später bei McKinsey den Weg zum Partner ebnen. „Beratung hat sehr viel mit Menschen zu tun“, fasst Carsten Sürig zusammen, „deshalb ist Sozialkompetenz elementar.“
Wer ganz viel Stehvermögen hat, dem glückt unter Umständen der Sprung in die Vorstandsetage eines Industrieunternehmens. Rolf Breidenbach, seit Anfang 2004 Chef des Automobilzulieferers Hella, ist so ein Beispiel. Er ist Ingenieur und war zuletzt Partner bei McKinsey. G. FRECHEN
Mc Kinsey im Detail
Die amerikanische Unternehmensberatung McKinsey beschäftigt in Deutschland 1800 Mitarbeiter, davon 1100 Berater und 120 Partner. Im Jahr 2003 lag der Umsatz bei 590 Mio. €. Unter den Beratern bilden die Ingenieure mit 19 % nach den Wirtschafts-wissenschaftlern die zweitgrößte Gruppe. Das Unternehmen sucht verstärkt Ingenieure. Einstiegsoptionen wie das Fellowship-Programm für Generalisten oder der zweijährige Besuch eines Production Systems Design Centers (PSDC) als Spezialist erleichtern Ingenieuren den Einstieg in eine Consultant-Laufbahn. Auf dem Weg zum Partner warten verschiedene Entwicklungsstufen mit wohlklingenden Titeln: Fellow, Associate, Engagement Manager (Projektleiter), Associate Principal, Principal (Partner). Fr |
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