Solinger Marketing: Eine Stadt stellt sich dem Ingenieurmangel
Solingen, die Stadt an der Wupper, ist als Klingenstadt und Zentrum der deutschen Schneidwarenherstellung bekannt und als einzige Stadt seit 1938 weltweit markenrechtlich geschützt. Wie die Stadt das nutzen möchte, um ihren Wert zu steigern, Ingenieure zu holen und sich als Marke zu etablieren, sagt Frank Balkenhol, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Solingen.
VDI nachrichten: Die Stadt Solingen soll als Marke etabliert werden. Wie kam es zu dieser Idee?
Balkenhol: Die Idee existiert schon über 600 Jahre. Solingen ist seitdem eine etablierte Marke und als einziger Städtename der Welt gesetzlich geschützt. Der Name steht für Qualität, aber auch Designkompetenz und Kreativität. Dazu gehört, dass die Stadt seitdem gegen illegale Kopien ihrer Qualitätsprodukte kämpft. Solingen hat aber die Marke kaum gepflegt, das wollen wir ändern. Wir wollen den hohen Bekanntheitsgrad für die Ziele der Stadt nutzen.
Welche Ziele sind das?
Die Strategie wird unterlegt durch den Wettbewerb von Standorten um, wie ich es nenne, die „3 Ks“: Kapital, Köpfe und Kinder. Hier will sich Solingen erfolgreicher durchsetzen. Dabei gilt es, die Marke wieder erlebbarer zu machen und emotional zu verankern. Das heißt konkret: Die Bekanntheit der Marke erhöhen und das Markenversprechen Qualität auf den gesamten Standort übertragen, das Image und den Markenwert der Klingenstadt steigern, um zusätzliche Kaufkraft und Besucher nach Solingen holen. Solingen soll sich künftig als Zentrum für den aktiven Marken- und Produktschutz zwischen Berlin und München etablieren.
Wie gehen Sie dabei vor?
Wir schnüren drei Maßnahmenpakete: Das Schaffen von emotional Erlebbarem, das „Zeigen und Kommunizieren“ durch Botschaften, unterstützt durch unsere Imagekampagne „Sicher groß werden“ – wir sind immerhin 2009 schon zum fünften Mal in Folge sicherste Großstadt Deutschlands. Drittens durch das Schaffen von entsprechender Infrastruktur und Netzwerken.
Welche Aktivitäten sind 2010 noch geplant?
Das Bergische Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement als An-Institut der Universität Wuppertal wird eine Initiative mit dem Titel „InnoIntegral“ angehen, bei der das Thema innovative Produktentwicklung unter Berücksichtigung von Ergonomie und Design im Vordergrund steht. Immerhin stammen aus Solingen weltweit die drittmeisten RedDot-Awards. Weiterhin wurde bereits im Rahmen von Create.NRW ein Tag zum Schutz des geistigen Eigentums durchgeführt und es finden Workshops zum Thema „Marken- und Produktschutz“ für junge Gründer statt.
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Ziel Ihrer Markenkampagne ist es, Solingen „erlebbar“ zu machen. Wie soll das umgesetzt werden?
Etwa durch unser Schneidwaren- und Designkontor. Hinzu kommen Maßnahmen wie eine Karte, die auf alle Werksverkäufe hinweist, das deutschlandweit einzigartige Museum Plagiarius mit 250 Exponaten oder der Solingen-Truck als rollendes Werbeschild. Wir haben Willkommenspakete für Neubürger und Neu-Unternehmen eingeführt. Auch die touristische Infrastruktur wurde ausgebaut: Der Brückenpark Müngsten mit der Schwebefähre zählt seit 2007 mehr als 200 000 neue Besucher jährlich.
Welche Konsequenzen wird die Markenkampagne für die Infrastruktur der Stadt haben? Was wird sich ändern?
Einige Einrichtungen in Solingen passen schon jetzt hervorragend in das Markenkonzept, wie das Deutsche Klingenmuseum, oder Veranstaltungen wie der MesserGabelSchere-Markt oder die Messer-Macher-Messe. Es fehlte bislang so etwas wie das Museum Plagiarius oder das Bergische Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement oder die Solingen-Info im Südpark als Tourismusanlaufpunkt. Künftig wäre ein „Haus des deutschen Marken- und Produktschutzes“ Teil der Vision. Schön wäre, wenn eines der braunen touristischen Hinweisschilder an der Autobahn auf die Klingenstadt hinweisen würde.
Was haben Sie in Bezug auf ihr Ziel, Fachkräfte zu gewinnen, bereits erreicht?
Auch da haben wir verschiedene Hebel, an denen wir ansetzen: Wir haben ein Clusterprojekt begonnen mit den Schwerpunkten „Forschung und Entwicklung“, „Fachkräfte und Personal“ sowie „Netzwerkmanagement und Standortmarketing“. Ein runder Tisch der Agentur für Arbeit und Wirtschaftsförderung erarbeitet exemplarisch anhand der Metallbranche ein Konzept zur Bekämpfung des prognostizierten Fachkräftemangels. Präventiv gibt es eine Personalplanung für die kleinen und mittelständischen Betriebe der Metallbranche unter dem Tenor: Wie sichere ich mir das Wissen der Älteren und gebe es weiter an die Jüngeren?
Das Thema Fachkräftemangel scheint bei den Unternehmen angekommen zu sein. Welches sind die größten Arbeitgeber Solingens? Und: In welchen Bereichen werden Ingenieure gebraucht?
Wir haben mehr als 9700 Unternehmen in Solingen, die größten Arbeitgeber sind Wilkinson, Hammerstein, Walbusch, Haribo und Zwilling. Wichtigste Branche ist die Metallbe- und Verarbeitung mit den Schwerpunkten Schneid- und Haushaltswaren, Werkzeuge, Bestecke und Schließtechnik – zusammen mit dem Märkischen Kreis und dem Raum Stuttgart sind wir führender Metallstandort in Deutschland. Ingenieure werden aber nicht nur im Metallbereich, sondern vor allem in der Elektronik und Elektrotechnik gebraucht. Auch in der Produktentwicklung und im Design ergeben sich vielfältige Möglichkeiten.
SABINE HENSE-FERCH
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