IT-Branche ist offen für Quereinsteiger
Der Fachkräftemangel im Bereich IT und TK garantiert Berufseinsteigern auch weiterhin gute Aussichten. Stephan Pfisterer, Referent für Bildung und Arbeitsmarkt beim Unternehmensverband Bitkom, zu Aus- und Weiterbildung und Chancen für Quereinsteiger in der IT-Branche.
VDI nachrichten: Wen sucht die IT-Industrie?
Pfisterer: Die Industrie sucht qualifizierte Mitarbeiter im Bereich Software-Entwicklung, IT-Beratung und Datenbankadministration. Wir sind auch offen für Quereinsteiger. Es kommt nicht auf den formalen Abschluss, sondern auf das Know-how an. Diplom-Informatiker und Nachrichtentechniker haben keinerlei Probleme. Der gesamte Bereich Elektrotechnik ist sehr gefragt. Hier entwickeln sich ganz neue Arbeitsfelder.
VDI nachrichten: Haben die Unternehmen bei der Ausbildung versagt?
Pfisterer: Die Unternehmen haben sicherlich nicht versäumt, sich für Aus- und Weiterbildung zu engagieren. Wo immer Unternehmen in Eigenregie etwas machen können – denken Sie an die duale Ausbildung – ist sehr viel passiert. Das Tempo ist meist höher als öffentliche Institutionen – wie z. B. die Berufsschulen mitgehen können. Den Bereich Hochschulausbildung können nur Großunternehmen mit eigenen Akademien abdecken – das ist für Mittelständler aufgrund der Kosten und des organisatorischen Aufwandes nicht möglich. Es handelt sich ja eigentlich auch um eine Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie ist aufgefordert, über die Verbesserung von Studienangeboten zu einer Entlastung beizutragen.
VDI nachrichten: Wie kann sich ein Quereinsteiger für die Softwarebranche fit machen?
Pfisterer: Es gibt eine breite Palette von Angeboten. Man sollte sich vorher über die Inhalte der Fortbildungsmaßnahme informieren. Das heißt, auch über die Struktur der Lehrgänge. Diese Punkte sollten beachtet werden: Sind auch Praxisphasen mit integriert? Gibt es für diese Praxisphasen seriöse Partner, also Unternehmen, die zusätzliches Know-how vermitteln? Ist vor Ort alles auf dem technisch neuesten Stand – also Rechner und Programme? Man sollte solche Maßnahmen nicht zu kurz ansetzen. Es nützt nichts, schnell ein kleines Programmiertool zu beherrschen. Es muss jedem klar sein: Das, was ich heute in einem Lehrgang lerne, wird möglicherweise in drei Jahren niemanden mehr interessieren, also muss man sich auch die Grundlagen erarbeiten, auf denen man eine langfristige Fortentwicklung selbst leisten kann.
VDI nachrichten: Wie wähle ich aus der Vielzahl der Angebote aus?
Pfisterer: Ein Interessent sollte nicht einfach eine Maßnahme nach Katalog buchen, sondern sich beim Anbieter selbst umschauen. Gespräche mit dem Trainer oder mit Teilnehmern decken schnell wunde Punkte auf. Allerdings gibt es bisher keine Möglichkeit, auf ein einheitliches Qualifizierungssystem zurückzugreifen. So etwas ist aber für die Zukunft vorgesehen.
VDI nachrichten: Dem Wust an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen steht der Wust an Berufsbezeichnungen in nichts nach. Es gibt Überlegungen, hier Abhilfe zu schaffen. Ist Bitkom mit von der Partie?
Pfisterer: Wir sind an der Begleitgruppe für das Neuordnungsverfahren IT-Weiterbildung beteiligt. Konkret ausgegangen ist dieses Neuordnungsverfahren von den Markierungspunkten, die im Mai 1999 vom ZVEI, der Telekom, der deutschen Postgewerkschaft und der IG Metall als Verbands- und Sozialpartner vereinbart wurden. Darauf aufbauend wird jetzt eine dreigliedrige Weiterbildungsstruktur konzipiert, die auf dem Niveau der Kammerabschlüsse für die neuen IT-Berufe ansetzt. Es gibt 28 Spezialistenprofile – das sind quasi Tätigkeitsbeschreibungen, die in eine entsprechende Prüfung zum operativen Professional einmünden. Dieser operative Professional ist die Entsprechung für einen international anerkannten Bachelor-Abschluss. Darüber ist noch ein Master-Abschluss angesiedelt: Das sind dann so genannte strategische Professionals.
VDI nachrichten: Was ist der Vorteil dieses Systems?
Pfisterer: Man kann auf der Basis dualer Ausbildungsgänge Karrierepfade einschlagen, für die heute noch ein Hochschulstudium notwendig ist. Wir wollen verhindern, dass begabte Fachkräfte aus den Unternehmen aussteigen müssen, um einen solchen Hochschulabschluss nachzuholen. Das ist eben nicht mehr nötig: Wer eine Ausbildung macht, kann sich so berufsbegleitend in dieser Weise fortentwickeln. Diese Durchlässigkeit in den Unternehmen wird die IT-Berufe zusätzlich attraktiv machen. Im Sommer 2002 wird das System voraussichtlich am Markt sein.
VDI nachrichten: Haben dann Quereinsteiger überhaupt noch eine Chance?
Pfisterer: Auf jeden Fall. Wer heute in die IT-Branche einsteigt, und bereit ist, sich weiter zu qualifizieren, wird seinen Arbeitsplatz behalten, weil er über Praxiserfahrung verfügt, die sich jeder andere Neueinsteiger erst einmal erwerben muss. Auf solche Leute wird man nicht verzichten. Aber die Quereinsteiger werden im Laufe der Jahre weniger werden.
VDI nachrichten: In der Branche haben Leute ab 40 Schwierigkeiten, einen Job zu erhalten. Was raten Sie?
Pfisterer: Soviel ich weiß, gibt es für Menschen ab 40 Jahre keine so großen Probleme. Ab 50 Jahre mag das zum Teil anders aussehen, aber ich glaube auch, dass hier in der Öffentlichkeit der angebliche Jugendwahn der IT-Branche zum Teil herbeigeredet wird. Viele Unternehmen sind einfach froh, wenn sie einen qualifizierten Mitarbeiter bekommen, egal wie alt der ist und wo er herkommt. C. HANTROP
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