Molekulare Schichten speichern Daten dauerhaft
VDI nachrichten – Den dichtesten nichtflüchtigen Speicher präsentierte HP kürzlich in Stockholm. Er nutzt organische Moleküle als Speichermedium und soll mit leicht beherrschbaren Technologien zu fertigen sein.
Einen Durchbruch in der Molekularelektronik verkündete HP Anfang September anlässlich eines Symposiums zum 175-jährigen Jubiläum des Königlich Schwedischen Technologie Instituts in Stockholm. Einem Team um R. Stanley Williams, HP-Fellow und Director Quantum Science Research der HP Labs, ist es gelungen, den dichtesten elektronisch adressierbaren nichtflüchtigen Speicher zu schaffen, der bislang in der Literatur belegt ist.
»Unser Konzept ähnelt dem der derzeit viel diskutierten magnetoresistiven Speicher«, meinte Williams im Gespräch mit den VDI nachrichten am Rande einer Tagung in Bonn. Wie diese Mrams bestehen die HP-Speicher aus einem doppelten Gitter sich kreuzender Leiterbahnen, zwischen denen nun allerdings keine magnetisierbare Schicht liegt, sondern eine Schicht aus speziellen Molekülen. »Beim Anlegen einer Spannung an den Kreuzungspunkten dieses Gitters ändert sich der Widerstand des Materials sprunghaft. Zum Auslesen dieser Widerstandsänderung reicht dann eine kleinere Spannung«, erläutert der HP-Forscher das Prinzip.
In seinen theoretischen Überlegungen war Williams von einer Widerstandsänderung um den Faktor 3 ausgegangen, in der Realität zeigte sich an Testchips eine Änderung um den Faktor 10 000. Das sei wesentlich mehr als die rund 40 % Änderung, die bei Mrams zur Speicherung ausgenutzt werden. Doch nicht nur der große Widerstandsbereich, der laut Williams hohe Sicherheit bei der Erkennung der gespeicherten Werte ergebe, auch die relativ leichte Herstellbarkeit und die Feinheit der Strukturen sprächen für die neue Technologie. Das Labormuster von Williams Team, ein 64-bit-Speicher mit molekularen Schaltern als aktiven Elementen, passt in eine Fläche von 1 µm². Zum Vergleich: Rund 1000 solcher Schaltkreise würden auf der Spitze eines menschlichen Haares Platz finden. Gefertigt wurden die Schaltkreise mit Hilfe eines Nano-Imprint-Lithografie genannten Fertigungsverfahrens. Williams: »Dieses Druckverfahren erlaubt es ähnlich der CD-Produktion über einen Master schnell und kostengünstig komplette Wafer mit zahlreichen Schaltkreisen herzustellen.«
Das patentierte Verfahren läuft laut Williams in wenigen, gut beherrschbaren Fertigungsschritten ab: In einem ersten Schritt wurde eine Form mit acht parallelen Stegen zu je 40 nm Breite erstellt. In einem dreistufigen Prozess pressten die Forscher diese Form in eine Polymer-Schicht auf einem Silizium-Wafer und erzeugten dort acht parallele Gräben, die anschließend mit Platin gefüllt wurden, um Drähte zu bilden. Danach brachten sie eine einzige Schicht elektronisch schaltbarer Moleküle auf die Oberfläche auf und wiederholten den ersten Schritt mit einer um 90° versetzten Form zur Erzeugung von weiteren acht Drähten auf der Molekularschicht.
Mit Hilfe einer Kombination von optischer und Elektronenstrahl-Lithografie, so Williams, konnte der Master innerhalb eines Tages hergestellt werden. Der eigentliche Druckvorgang dauert lediglich wenige Minuten. Bis zur industriellen Fertigung der molekularen Speicher wird es nach Williams optimistischer Schätzung dennoch mindestens 5 Jahre dauern. »Zuerst«, so der Forscher, »müssen wir unsere Theorie des Prinzips überdenken, denn die Realität zeigte sich deutlich besser als unsere Vorüberlegungen.« Ohne ein gesichertes Verständnis würde aber kaum ein Chiphersteller in eine neue Fertigungstechnologie investieren.
»Allerdings«, so Williams weiter, »sind die Ähnlichkeiten zur Mram-Fertigung so groß, das wir unsere Schaltungen später mit den gleichen Tools erzeugen können. Denn dass die Mram-Technik zuerst auf den Markt kommen wird, hält Williams für sicher. Zu groß sei der Bedarf nach nichtflüchtigen Speichern, die auch ohne Stromversorgung ihre Informationen halten und so in Handys und anderen mobilen Geräten für sichere Datenspeicherung sorgen. »Allerdings hat Mram nur das Potential für ein bis zwei Generationen. Die Zellen sind z. B. bis zu 100-mal größer als in unseren Speichern.« Bei den mit molekularen Speichern realisierbaren Speichergrößen falle dann auch die relativ geringe Anzahl der Lösch-/Speicher-Zyklen nicht ins Gewicht, denn so Williams wenn man genug Speicherplatz habe, brauche man nicht so viel zu löschen.