Laptop-Traum ruht nun in Elternhänden
Jedem Schüler seinen eigenen Laptop, lautet die von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn im August 2000 ausgegebene Devise, die bis 2004 realisiert werden soll. Rund 30 Monate sind seither ins Land gegangen. Der Zwischenstand ist ernüchternd – auch für die Hersteller.
Was den Laptop-Einsatz angeht, zählt das Münchner Michaeli Gymnasium bundesweit zu den Pionieren. Seit 1997 arbeitet jeweils eine siebte Klasse mit tragbaren Computern, gesponsert von Siemens. Mittlerweile sind die Geräte in die Jahre gekommen, wird das Arbeiten in der Laptop-Klasse mehr von technischen Problemen, denn alternativen Lernformen bestimmt.
„I lern“ heißt die Lösung, auf die Schulleiter Hendrik Rehn künftig setzt. Dabei handelt es sich um die kürzlich gestartete Notebook- Initiative der Stiftung „Bildungspakt Bayern“, in deren Rahmen sich fünf Hersteller (Apple, Fujitsu-Siemens, Hewlett Packard, IBM und Toshiba) zur Abgabe vergünstigter Notebooks zum Preis von circa 1000 € bereit erklärten. Ab kommendem Schuljahr werden die Schüler zweier siebter Klassen mit eigenen Notebooks im Schulranzen zum Unterricht kommen. Mehr geht nicht, auch wenn Rehn und die Eltern das gerne hätten. Denn nur zwei Klassenräume wurden, und das erst nach mühsamer Überzeugungsarbeit, von der Stadt München als Schulaufwandsträger mit genügend Netzanschlüssen ausgestattet. Widerstände galt es auch bei den zuständigen Administratoren zu überwinden. Externe Programme waren im Münchner Schulnetz, das noch in diesem Schuljahr stehen soll, nicht vorgesehen.
Kein Wunder, dass Laptopklassen über den Status von Projekten und Initiativen wie „I lern“ oder dem „1000 mal 1000“-Programm in Niedersachsen bislang nicht hinausgekommen sind. Zäh sei das Geschäft mit Laptops an Schulen, charakterisiert Ulrich Groh, Leiter des Fachbereichs Lehre und Forschung beim Computerhersteller IBM, den Status Quo nichts, worum es sich umsatzmäßig zu kämpfen lohne. „Der Schulmarkt ist ein ziemlich langsam voranschreitender Markt. Die Endkunden zu erreichen, ist sehr, sehr schwer.“ Nicht anders lauten die Erfahrungen beim Konkurrenten Fujitsu-Siemens. Schulmarktexperte Wolfgang Vanscheidt meint, dass von einem existierenden Laptop-Absatzmarkt derzeit nicht gesprochen werden könne. Im Gegenteil. Und dabei habe Fujitsu-Siemens „sehr viel Geld in die Hand genommen“, um das E-Learning mit Notebooks voranzutreiben.
Einzig Apple verstreut Optimismus. „Unser Geschäft im Education-Markt wächst im zweistelligen Bereich. Den größten Anteil nehmen Forschung und Hochschulen ein, aber im Schulmarkt erringen wir die größten prozentualen Zuwächse,“ sagt Apple-Pressesprecher Georg Albrecht. Diese Entwicklung rechtfertige weitere Investitionen. Seit Anfang des Jahres sei das für den Markt zuständige Education-Team um vier Mitarbeiter verstärkt worden.
Die Projekte markieren dennoch eine Trendwende: Mit der bislang üblichen Sponsorenpolitik in Form kostenloser Geräte ist Schluss bei den Herstellern. So spendete die Wirtschaft laut Unternehmens-Initiative D21 den Schulen bis zum Jahr 2002 Hard- und Software im Wert von rund 20 Mio. €. Künftig heißt es: Die Eltern müssen ran. Anders, so die D21-Initiatoren, sei der Weg ins digitale Schulzeitalter nicht zu finanzieren. „Nach der festen Überzeugung von D21 führt kein Weg an einer stärkeren und sozial abgefederten Elternbeteiligung von Lernmitteln vorbei,“ heißt es in einer Presseerklärung. Und Laptops, so die Hersteller unisono, seien nichts anderes als Arbeitsmittel, digitale „Federmäppchen“, wie Apple-Sprecher Albrecht meint, nur eben – trotz Rabatt – um ein Vielfaches teurer.
Unter 1000 € kommen die Eltern nicht davon. Hinzu addieren sich laufende Kosten, etwa für die Versicherung und den heimischen Internetanschluss. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und steigender Abgabenlasten ein für manchen nicht so einfach zu stemmendes Pfund. Hier sei die Solidarität der Eltern gefragt, kommentiert Renate Hendricks, Vorsitzende des Bundeselternrats. „Wir tun immer so, als müsse alles vom Staat geregelt werden. Aber der kann das nicht.“
Wie tragfähig solche individuellen Lösungsansätze sein mögen, sei dahingestellt. Doch was sich so mancher Elternteil auch fragen dürfte: Warum auf eigene Kosten Geräte kaufen, wenn bei der schulischen IT-Administration und -wartung mehr Löcher drohen als Lösungen bereit stehen. So heißt es in der kürzlich vorgelegten Länderübersicht „Ansätze zu Systemlösungen für den IT-Einsatz in Schulen“ der Projektgruppe Itworks: „Bisher sind noch keine Modelle entwickelt worden, die auf ein vollständig professionell organisiertes Management von Hardware, Software und Netzen in Schulen abzielen, auf diese Infrastruktur einen Netzzugang von außen ermöglichen und auch die Frage der Nachhaltigkeit befriedigend klären.“ HERTA PAULUS
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