Ingenieure erobern die Wall Street
VDI nachrichten, New York, 10.12.04 -Begonnen hat der US-Speicheranbieter Network Appliance einst im Unix-Umfeld von Ingenieur- und Internet-Anwendungen. Doch seine Zukunft sieht das schnell wachsende Unternehmen vor allem bei datenintensiven Großkonzernen. In einem Gespräch mit den VDI nachrichten erläutert Dan Warmenhoven, CEO von Network Appliance (Netapp), die gegenwärtige Marktposition des Unternehmens und seine weiteren Pläne.
VDI nachrichten: Netapp hat im gerade abgeschlossenen Quartal erneut um über 30 % zugelegt. Worauf führen Sie den schon seit geraumer Zeit anhaltenden Erfolg zurück?
Warmenhoven: Der Speicherbedarf bei den Unternehmen steigt seit Jahren kontinuierlich an; auch die Anforderungen an die Datensicherheit und an das Datenmanagement sind gerade in jüngster Zeit stark angewachsen. Hinzu kommt die stetige Integration von immer komplexeren, weltweiten Anwendungen. Demgegenüber aber haben die IT-Verantwortlichen weiterhin massive Budget-Beschränkungen und so suchen sie nach preiswerten Systemen mit denen sie auch den Administrationsaufwand reduzieren können. Genau dieses Anforderungsprofil decken wir mit unseren Produkten und Dienstleitungen ab.
VDI nachrichten: Nicht nur Netapp ist hier aktiv, doch Hewlett Packard und Sun sind mit ihren Speicherumsätzen gar nicht zufrieden.
Warmenhoven: HP und einige andere sehen die Speichersysteme immer noch als Anhängsel ihres Servergeschäftes und nicht als eigenständiges Netz. Doch der Markt hat inzwischen eine ganz andere Meinung und sieht das Storagegrid völlig losgelöst vom Servergrid. Wer diesen Anforderungen nicht gerecht wird hat keine Chance mehr.
VDI nachrichten: Den New Yorker Analysten haben Sie Zuwachsraten von 32 % bis 35 % in Aussicht gestellt. IDC prognostiziert das Marktwachstum aber nur auf 12 %. Das heißt, Netapp sieht sich als Hecht im Karpfenteich will man die Konkurrenz aufkaufen?
Warmenhoven: Auf keinen Fall. Akquisitionen sehe ich vorläufig nur im Know-how-Gewinn, ähnlich wie Spinnaker vor einem Jahr. Deren Produkte haben die Skalierbarkeit unser NAS-Systeme verbessert, aber deren Umsatz von 1 Mio. $ war unbedeutend.
Wir werden den Konkurrenzkampf mit unseren Lösungen beim Kunden gewinnen und damit erhebliche Marktanteile hinzugewinnen und so wird sich der Speichermarkt auf Netapp, EMC und Hitachi konsolidieren.
VDI nachrichten: Was macht Sie denn so zuversichtlich, dass Netapp bei einer derart drastischen Konsolidierung mit dabei ist?
Warmenhoven: Wir wachsen vor allem in den klassisch-kommerziellen Anwendungen wie Administration, Medien und Finanzdienstleistung. Dabei profitieren wir von den Erfahrungen aus unseren ersten Jahren im technisch-wissenschaftlichen Umfeld.
Beispielsweise gilt eine SAP-Installation mit 30 oder 50 CPUs in der kommerziellen Welt als sehr komplex, doch in der Ölexploration sind 100 bis 200 CPUs gang und gäbe. Das Know-how, das wir bei solchen Anwendungen gewonnen haben, investieren wir jetzt in Lösungen für die Fortune-500 Unternehmen.
VDI nachrichten: Bei diesen Großunternehmen gibt es Datenmanagementprobleme durch neue gesetzliche Auflagen, wie beispielsweise Sarbanes-Oxley. Ist das nicht nur ein Strohfeuer für den Storagemarkt?
Warmenhoven: Nein, ganz im Gegenteil, das ist alles nur der Anfang. Ähnliche Auflagen werden in Asien und Europa folgen und auch in den USA werden die Aufbewahrungs-Vorschriften für die Informationsverwaltung eher verschärft als gelockert.
VDI nachrichten: Wenn Netapp aus eigener Kraft so rasant wachsen will, heißt das erheblichen Personalausbau sowie viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Wie steht es damit?
Warmenhoven: Da fließt unser Geld hin. Derzeit stellen wir rund 200 neue Mitarbeiter pro Quartal ein und zum Ende dieses Geschäftsjahres werden wir 3800 Mitarbeiter haben, das sind 1000 mehr als im Vorjahr. Außerdem investieren wir über 10 % unseres Umsatzes in F&E um auch bei der Technologie führend zu bleiben.
VDI nachrichten: Spielt die Technologie überhaupt noch eine derart bedeutende Rolle?
Warmenhoven: Unbedingt. Gerade im Bereich der Speichersysteme haben wir in den vergangenen Jahren disruptive Technologien gesehen. Beispielsweise das Vordringen von NAS in die angestammten SAN-Segmente. Jetzt kommen neue Technologien, wie iSCSI, das demnächst in Mission-Critical-Applikationen vordringen wird.
VDI nachrichten: Die Businesswelt wird immer globaler. Gibt es im Storagebereich regionale Unterschiede und welche Bedeutung hat Europa?
Warmenhoven: Es gibt noch deutliche Unterschiede. Beispielsweise erhoffen wir uns von der dynamischen Fertigungsindustrie in Asien noch erhebliche Umsatzschübe. Und was Europa angeht, so sehen wir einen riesigen Wachstumsmarkt in Osteuropa.
Aber es geht bei den neuen Märkten nicht nur um neue Absatzregionen, sondern auch um einen Know-how-Gewinn. In Deutschland haben wir einst bei BMW gelernt, welche Anforderungen an separate Speichereinheiten in einer Produktionsumgebung gestellt werden. Das hat uns weltweit geholfen – und zwar nicht nur in der Automobil-industrie, sondern in allen Fertigungs-branchen und sogar bei den Invest-mentbanken rund um die Wall Street.HARALD WEISS
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