Geht der Stellenabbau zu Lasten der Compaq-Beschäftigten?
Eine gemeinsame Linie von Compaq und Hewlett-Packard bei der Reduzierung von 1100 Arbeitsplätzen ist noch nicht in Sicht. Das Management von HP will auf Kündigungen verzich- ten, Arbeitnehmervertreter befürchten, dass es dennoch Kündigungen geben wird.
Zwischen den Compaq-Beschäftigten und ihren neuen Vorgesetzten bei Hewlett-Packard (HP) in Böblingen ist ein Streit um den geplanten Stellenabbau entbrannt. „Wir befürchten, dass die Einsparungen vor allem zu Lasten von Compaq gehen werden“, sagt Klaus Eicher, Betriebsratsvorsitzender bei Compaq in Leinfelden-Echterdingen. Arbeitnehmervertreter der alten HP hatten sich dagegen erleichtert gezeigt, dass ihr Unternehmensteil nicht so stark von den Kürzungen betroffen ist wie befürchtet.
HP hatte mitgeteilt, während der nächsten Monate in Deutschland 1100 Stellen abbauen zu wollen. „Davon entfallen auf HP 52 % und auf Compaq 48 %“, sagt die HP-Sprecherin Claudia Martens. HP beschäftigt 5900 Mitarbeitern, Compaq 2600.
„Die Gesprächsbereitschaft über die genauen Bedingungen der Kürzungen ist beim Management sehr gering“, beklagt Klaus Eicher. Die HP-Chefs hätten sich lange geweigert, überhaupt mit Compaq-Arbeitnehmervertretern zu reden. Deshalb hat die IG Metall in den vergangenen Tagen an Standorten in ganz Deutschland Protestkundgebungen organisiert, weitere Aktionen seien geplant. Erst durch diesen Druck habe sich die HP-Geschäftsführung zu Gesprächen bereit erklärt, die erste Zusammenkunft sei „aber ergebnisarm verlaufen“, sagt Jürgen Stamm von der IG Metall in Stuttgart.
Von einer gemeinsamen Linie von Compaq und der HP-Führung in Sachen Personalabbau kann also noch keine Rede sein. „Die Zustimmung durch den Compaq-Betriebsrat steht noch aus“, bestätigt HP-Sprecherin Martens. Mehr als 70 % der Mitarbeiter bei Compaq haben mittlerweile eine Gewerkschaftserklärung unterschrieben, in der sie eine faire Behandlung einfordern.
Besonders aufgebracht sind die Compaq-Beschäftigten darüber, dass ein gerade vollendeter Sozialplan bei den Kürzungen nicht berücksichtigt worden sei. Denn das Unternehmen hat bereits einen Aderlass hinter sich: Von Oktober 2001 bis zum 30. Juni diesen Jahres waren bei Compaq bereits 450 Stellen abgebaut worden.
Nach Informationen der IG Metall werde bei Compaq vor allem der Vertrieb von den Kürzungen betroffen sein, wo ein Drittel aller Stellen wegfallen soll. Den Bereich Systemintegration treffe es mit einem Einschnitt von 44 % sogar noch härter. HP hatte angekündigt, die Stellen in beiden Unternehmensteilen in den nächsten Wochen und Monaten über Altersteilzeit-Regelungen und freiwillige Abfindungsprogramme abzubauen. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht geplant, und auch Standortschließungen wurden vorerst ausgeschlossen. In Städten mit zwei Niederlassungen werde es aber wohl auf eine Zusammenlegungen hinauslaufen. Ausgenommen von dem Stellenabbau sind offenbar die Fertigung von Großrechnern und Speichersystemen, die Softwareentwicklung, das europaweite Outsourcing-Geschäft und Teile des Bereichs Drucker und Bildbearbeitung bei HP.
„Es ist sehr zweifelhaft, ob HP den Stellenabbau wirklich bis Mitte Oktober schafft“, sagt der IG-Metall Bevollmächtigte Stamm. „Und dann kommt das Thema betriebsbedingte Kündigungen wieder auf den Tisch“. Auf solche Spekulationen wolle man sich nicht einlassen, heißt es bei HP. Es bleibe „das erklärte Ziel der Geschäftsführung, betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern“, sagt Claudia Martens.
Mit der Fusion treffen in Deutschland zwei unterschiedliche Firmenkulturen aufeinander. Compaq hatte als eines der wenigen Unternehmen der Branche einen Tarifvertrag abgeschlossen – mit 35-Stundenwoche und garantierten Sonderleistungen. Bei HP wird dagegen ohne Tarifvertrag 38 Stunden gearbeitet, und alle Sonderleistungen werden auf freiwilliger Basis gewährt. Der sogenannte „HP Way“ soll ohne vertragliche Verpflichtung für ein entspanntes Verhältnis zwischen Management und Beschäftigten sorgen. „Jetzt wird nicht versucht, gemeinsam eine neue Kultur für das neue Unternehmen zu entwickeln, sondern uns soll das alte HP-System einfach übergestülpt werden“, kritisiert Axel Ronnisch vom Compaq-Betriebsrat in Köln.
Der IG Metall wäre es am liebsten, den Compaq-Tarifvertrag auf das neue Unternehmen zu übertragen. Dabei wäre sie auch zu Kompromissen bereit, lässt Jürgen Stamm durchblicken. HP wird sich auf einen Tarifvertrag aber wohl nicht einlassen. „Auch das neue Unternehmen wird an den Grundwerten des “HP Way“ festhalten“, sagt Sprecherin Martens. A. FREISBERG
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