Werkstoffforschung 20.08.2024, 10:23 Uhr

Chitosan macht es möglich: Metallobjekte nach Krabbenart

Chitin spielt eine Hauptrolle: Forschende haben einen Metallverbundwerkstoff entwickelt, der sich bei Raumtemperatur und ohne Druck formen lässt.

Bienenkopf aus Metall

Der metallische Überzug dieses Bienenkopfes wurde bei Raumtemperatur und Normaldruck nach den gleichen Prinzipien erzeugt, die Insekten zur Bildung ihres Exoskeletts nutzen.

Foto: SUTD

In der Welt der Materialwissenschaften dient die Natur seit langem als unerschöpfliche Inspirationsquelle. Ein Beispiel dafür stellen wir in diesem Beitrag vor. Es geht um neuartige Metallverbundwerkstoffe, die von den Panzern von Insekten und Krustentieren inspiriert sind. Diese Innovation könnte die Metallverarbeitung revolutionieren, macht es doch den Einsatz von hohen Temperaturen und hohem Druck überflüssig. Doch wie funktioniert das Verfahren genau und welche Potenziale birgt es?

Chitosan: Das Wunderpolymer aus der Natur

Chitin, ein organisches Polymer, das in den Schalen von Krebsen, Garnelen und Insekten vorkommt, bildet die Grundlage für die neue Technologie. In seiner modifizierten Form, dem Chitosan, zeigt es eine bemerkenswerte Fähigkeit: Es kann Metallteilchen anziehen und in eine stabile Struktur einbinden. Dieser Prozess, der in der Natur unter Umgebungsbedingungen abläuft, inspirierte Forschende der Singapore University of Technology and Design (SUTD) zu einer spannenden Idee.

Anstatt Metalle unter extremen Bedingungen zu formen, wie es bei herkömmlichen Verfahren notwendig ist, entwickelte das Forschungsteam eine Lösung, bei der Metallpartikel in einer Chitosanlösung suspendiert werden. Dieses Gemisch wird dann in eine Form gegossen und getrocknet. Während des Trocknungsprozesses verdampft das Wasser und die Chitosanmoleküle ziehen die Metallpartikel zusammen. Das Ergebnis ist ein Metallverbundwerkstoff mit einer Reinheit von 99,5 Prozent.

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Herstellung von Metallstrukturen bei Raumtemperatur und Normaldruck

Das von Javier Fernandez und seinem Team entwickelte Verfahren ermöglicht die Herstellung von Metallstrukturen bei Raumtemperatur und Normaldruck. Dies steht in krassem Gegensatz zu bisherigen Methoden, die hohe Temperaturen und Drücke erfordern. Die Energieeinsparungen, die mit diesem Verfahren erzielt werden können, sind immens. Insbesondere in Bereichen wie der Elektronikproduktion oder der Entwicklung biologisch abbaubarer Materialien könnte diese Methode eine wichtige Rolle spielen.

Ein weiterer Vorteil der neuen Metallverbundwerkstoffe ist ihre Kompatibilität mit anderen Biomaterialien. Dank des Chitosananteils lassen sich diese Metallstrukturen problemlos mit Holz, Zellulose und ähnlichen Materialien kombinieren. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die Entwicklung nachhaltiger und umweltfreundlicher Produkte.

Grenzen und Potenziale des neuen Verfahrens

Obwohl die neuen Verbundwerkstoffe viele Vorteile bieten, gibt es auch Einschränkungen. Die mechanische Festigkeit der hergestellten Materialien ist relativ gering. Das bedeutet, dass sie für tragende Strukturen weniger geeignet sind. Sie sind jedoch ideal für Anwendungen wie elektrische Leiter oder Elektroden, bei denen keine hohe mechanische Festigkeit erforderlich ist.

Der nächste Forschungsschritt wird sich darauf konzentrieren, die Festigkeit dieser Verbundwerkstoffe zu erhöhen, ohne ihre energieeffizienten Eigenschaften zu verlieren. Die Möglichkeit, diese Materialien mittels 3D-Druck herzustellen, könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. So könnten in Zukunft komplexe Strukturen geschaffen werden, die sowohl funktional als auch nachhaltig sind.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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