Two-in-One-Gerät für Werkstoffforscher
Physiker in der Schweiz und ihre Industriepartner fassten zwei High-Tech-Geräte in einem zusammen. Form und Zusammensetzung von neuen Materialien lassen sich jetzt im 3D-NanoChemiscope in einem Analysedurchgang ermitteln.

Maschinenbauer Sasa Vranjkovic und Laetitia Bernard, Leiterin des Projekts 3D-NanoChemiscope, diskutieren den Konstruktionsplan eines Bauteils.
Foto: Empa
Wie sieht die Oberfläche einer Probe aus? Die Antwort gibt ein Rasterkraftmikroskop. Nanometergenau zeigt es Täler und Berge.
Welche Atome und Moleküle befinden sich auf der Oberfläche? Darauf antwortet ein so genanntes Time-of-Flight secondary ion mass spectrometry (TOF-SIMS). Es beschießt die Oberfläche mit einem feinen Ionenstrahl. Diese Primärteilchen lösen einen sekundären Ionenstrahl aus, der von einem Massenspektrometer analysiert wird.
Jetzt gibt es ein Gerät, das beides kann. Es wird von der IonTof GmbH in Münster genutzt, die Rasterkraftmikroskope (SFM nach Scanning Force Microscope) und TOF-Analysegeräte herstellt. Die Westfalen haben es gemeinsam mit Physikern der Empa entwickelt, einer Gruppe von Materialwissenschaftlern an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich.

Einige der vielen einzelnen Bilder, aus denen das 3D-NanoChemiscope die 3D-Ansicht generierte. Mit dem SFM wird die Oberfläche topographisch abgebildet (Das Bild links zeigt einen 12µm x 12µm grossen Ausschnitt. Die im Bild sichtbaren Höhenunterschiede betragen 100-200nm). Mit dem TOF-SIMS kann gezeigt werden, wo sich die verschiedenen Stoffe, bzw. Polymere der Polymermischung auf der Oberfläche angesiedelt haben (Bilder Mitte und rechts zeigen C-+C2- und CN-+I- Ionen).
Quelle: Empa
Mit der Vereinigung der beiden Geräte sind irreführende Messungen ausgeschlossen. Es gelang den Wissenschaftlern um die Empa-Physikerin Laetitia Bernard, Mikroskop und TOF so anzuordnen, dass sie gleichzeitig exakt den gleichen Punkt der Probe treffen, vermessen und analysieren. Das SFM tastet mit einer extrem feinen Spitze, die im Idealfall aus einem einzigen Atom besteht, die Oberfläche ab. Der Fühler ist mit einem winzigen Plättchen verbunden, dessen Bewegungen mit Sensoren erfasst werden. Aus diesen Informationen zeichnet die Auswertesoftware eine dreidimensionale Abbildung der Oberfläche.
Jeder Punkt wird beschossen
TOF ist dabei ebenso aktiv. Es beschießt jeden Punkt, den die Spitze abgetastet hat, mit einem Ionenstrahl. Am Zielpunkt entsteht ein Plasma, ein Gemisch aus positiv und negativ geladenen Atombauteilchen, die die Probe als Sekundärstrahl verlassen. In einem Massenspektrometer werden die Teilchen in Echtzeit analysiert. Beide Geräte befinden sich in einer Ultrahochvakuumkammer.

Gestochen scharf: Das 3D-NanoChemiscope bildet es die physikalischen und chemischen Materialoberflächen bis zur atomaren Stufe ab.
Quelle: Empa
Das Ergebnis ist ein dreidimensionales Bild, in dem unterschiedliche Atome unterschiedlich eingefärbt sind. Materialentwickler können jetzt gezielt Oberflächenformen gestalten und Atome in der oberen Schicht austauschen, um die Werkstoffeigenschaften zu verändern. Der TOF-SFM-Zwitter mit dem Namen 3D-NanoChemiscope wurde ursprünglich entwickelt, um bessere Materialien für organische Solarzellen zu finden. Das Gerät ist allerdings genauso gut für die Herstellung von Werkstoffen für andere Anwendungen geeignet. Mehrere Unternehmen haben bereits Interesse bekundet. Die Empa-Forscher glauben, dass der Preis im siebenstelligen Frankenbereich liegen kann (ein Schweizer Franken ist rund 0,8 Euro).