Recycelter Phosphordünger für die Felder
Phosphor für Kunstdünger wird in Minen in Südafrika, China und Marokko abgebaut. Noch reichen die Vorräte geschätzte hundert Jahre, aber die Produktion wird immer aufwändiger. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Die Preise für Rohphosphat haben sich seit 2006 mehr als verdoppelt, zwischenzeitlich sogar fast verzehnfacht. Nun suchen Forscher Auswege aus einem absehbaren Engpass. VDI nachrichten, Düsseldorf, 13. 2. 09, swe
Bislang wird Phosphor kaum recycelt. In der EU werden daher Forderungen nach einer Kreislaufwirtschaft immer lauter, zumal Europa vollkommen abhängig von Phosphorimporten und damit von den Preisen auf dem Weltmarkt ist.
„Phosphor lässt sich nicht ersetzen. Die Vorräte sind endlich. Es ist nicht vernünftig eine solche Ressource zu verwenden, ohne sie im Kreislauf zu führen“, sagt Helmut Rechberger vom Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der Technischen Universität Wien.
Wiewohl das deutsche Umwelt- und das Forschungsministerium schon 2004 eine Förderinitiative „Kreislaufwirtschaft für Pflanzennährstoffe – insbesondere Phosphor“ ins Leben riefen, liefen die Aktivitäten erst in den vergangenen beiden Jahren an.
Im Oktober wurde das EU-Projekt Susan (Sustainable and Safe Re-use of Municipal Sewage Sludge for Nutrient Recovery) zum Recycling von Phosphor aus Klärschlamm abgeschlossen. Die Forscher entwickelten ein Verfahren, das bereits das Interesse der Industrie auf sich gezogen hat. Die österreichische Firma Ash Dec Umwelt AG investierte in eine Pilotanlage und lieferte vor kurzem die erste Charge mit 200 t recyceltem Phosphordüngers nach Ungarn, der dort auf Felder ausgebracht wird. In Deutschland ist das Phosphatprodukt aus dem Nachbarland mit der neuen Düngemittelverordnung von Beginn dieses Jahres an zugelassen. Damit ist die Grundlage einer Sekundärwirtschaft geschaffen.
Die Pilotanlage der Ash Dec in Leoben verwertet jeden Tag etliche Tonnen Klärschlamm, der zunächst verbrannt wird. Dabei werden organische Schadstoffe wie Medikamentenrückstände vollständig zerstört. In einem zweiten Schritt wird die Asche mit chloridhaltigen Salzen auf rund 1000 °C erhitzt. Dabei entweichen Schwermetalle wie Cadmium und Quecksilber als gasförmige Chloride. Aus dem Abgas lassen sich diese Stoffe mit gängiger Technik filtern, so dass sie nicht emittiert werden.
„Mit diesem Verfahren können wir mehr als 90 % des Phosphors aus dem Klärschlamm wiedergewinnen“, sagt Ingenieur Christian Adam stolz. Gemeinsam mit weiteren Forschern der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) in Berlin hat der Leiter der Arbeitsgruppe „Thermochemische Stofftrennung“ den Prozess im EU-Projekt Susan erprobt.
Lange war unklar, ob Pflanzen das recycelte Mineral ausreichend gut aufnehmen. Das Julius-Kühn-Institut in Braunschweig kann nun Entwarnung geben. In Gewächshaus- und Feldversuchen schnitt das Produkt genauso gut ab wie übliche Mineraldünger.
Die Belastung an Schwermetallen, insbesondere mit Uran und Cadmium, seien bei dem Dünger mit recyceltem Phosphor sogar geringer, wie der Agrarforscher Ewald Schnug durchblicken lässt. „Das ist ein Weg die Belastung der Böden zu verringern“, sagt der Professor und Leiter des Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig. Lediglich die Gehalte an Kupfer waren leicht erhöht, unterschritten aber die Grenzwerte der neuen Düngemittelverordnung. Ash Dec plant nun bereits eine industrielle Anlage im bayerischen Altenstadt. Sie soll pro Jahr 15 000 t Klärschlammasche verarbeiten.
Insgesamt könnten 20 % des deutschen Bedarfes an Phosphat durch Wiederverwertung aus Klärschlamm gedeckt werden, bilanziert Rechberger. Er sieht allerdings noch Entwicklungspotenzial in der Recyclingtechnik. Mitunter müsse der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Für die hohen Temperaturen von rund 1000 °C müssen gegenwärtig große Mengen wertvoller, fossiler Energieträger verfeuert werden.
Rechberger plant, die Energie aus einer Abfallverbrennungsanlage zu beziehen, etwa aus der Verfeuerung von PVC. Dabei werden Chloride frei, die für die Phosphorwiedergewinnung genutzt werden könnten. Diese Doppelnutzung von Abwärme und Abgasen sieht der Wiener Forscher als ideale Lösung an.
Adam glaubt damit, dass sich das Verfahren rechnen wird. Hemmend wirken jedoch die gewachsenen Handelsstrukturen für übliche Phosphatdünger, in die sich Betriebe der Abfallbranche nur schwer einklinken können. „Wir würden uns wünschen, dass die großen deutschen Mineraldüngerproduzenten sich selbst auch um Recycling bemühen und nicht nur die Weltreserven weiter auszubeuten“, bedauert Ewald Schnug.
Es gibt alternative Wege, um Phosphor aus Klärschlamm zurückzugewinnen. Die Kläranlagenwerke in Gifhorn beschreiten seit 2007 eine rein chemische Route, bei der Phosphate zunächst mit Säure gelöst und dann die Schwermetalle als Sulfide abgetrennt werden.
„Die verschiedenen Verfahren sollten nicht in Konkurrenz zueinander stehen“, so Christian Adam von der BAM und ergänzt: „Jede Entwicklung mit dem Ziel der Phosphatrückgewinnung ist gut. Es wird sich zeigen, welches das wirtschaftlich tragfähigste Verfahren ist.“ Der umtriebige Forscher hat schon einen Forschungsantrag für ein Nachfolgeprojekt nach Brüssel geschickt.
SUSANNE DONNER
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