Stahl 01.11.2002, 18:22 Uhr

Individuelle Produkte aus dem flexiblen Stahlwerk

3000 unterschiedliche Sorten hochlegierten Stahls in Losgrößen kleiner als 10?t – kein Problem bei einem Stahlwerk nach dem „Boutique“-Konzept. Siemens baut es für Hunter in Australien mit einer Jahreskapazität von 240 000 t rostfreiem und Spezialstahl.

60 % der Produktion sollen australische Importe ersetzen.
Voraussichtlich nächstes Jahr beginnen die Bauarbeiten im australischen Hunter Valley bei Newcastle, New South Wales die technische Konkretisierung befindet sich in der Endphase. Wenn das neue Stahlwerk fertig ist, soll es dem Hersteller von Spezial- und hochlegierten Stählen nicht nur höhere Gewinnmargen als bei Massenstählen ermöglichen, sondern darüber hinaus auch befähigen, sich schnell auf Markterfordernisse einzustellen. Gerade dies lässt sich in konventionellen Stahlwerken nur mit hohem Kosten- und Zeitaufwand verwirklichen das Konzept der „Boutique Steel Mill“ wird das ändern. Ein Konsortium unter Leitung von Siemens Industrial Solutions and Services rüstet das neue Stahlwerk für Hunter Speciality Steels Ltd. aus: Auftragswert rund 400 Mio. !.
Die Idee, die Konzeption zukünftiger Stahlwerke konsequent auf sich schnell wandelnde Markterfordernisse auszurichten, hatte Dr. Peter Wallner, CEO der australischen Boulder Steel Ltd., bereits 1999. Damals entstand auch der Name „Boutique“-Mill – ein Stahlwerk, das eine große Auswahl bietet und vielfältig auf Kundenwünsche reagieren kann. Im Jahre 2000 wurde Hunter Speciality Steels – heute eine 100?%ige Tochter von Boulder – mit dem Ziel gegründet, in Australien die weltweit erste Boutique Mill zu errichten.
Das Technologiekonzept entwickelte eine Gruppe um Joachim von Schnakenburg, Director Hunter Speciality Steels Ltd., und Thomas Söntgen, Projektdirektor bei Siemens Industrial Solutions and Services (I?&?S), Erlangen. Zentrale Idee ist der parallele Aufbau von zwei oder bei Bedarf auch mehrerer Produktionslinien, zwischen denen an unterschiedlichen Stellen des Produktionsprozesses flexibel Schmelze, Zwischenprodukte und Halbfertigwaren transferiert werden. Und in diesen Linien kann gleichzeitig produziert werden. So lassen sich nicht nur verschiedene Endprodukte zur gleichen Zeit herstellen: Es kann auch umgebaut werden, ohne dass es zu einer Produktionsunterbrechung kommt.
Die Flexibilität beginnt schon im Meltshop. Durch eine doppelte Ausführung – und wechselseitige Verbindung – der Sekundärmetallurgie aus Ofen- und Vakuumbehandlung lassen sich parallel und bei Bedarf im raschen Wechsel Schmelzen als Ausgangsmaterial für verschiedenste Legierungen und Edelstähle bereitstellen. Gießen kann man wahlweise als Block- oder Strangguss.
Wenn für das gewünschte Endprodukt erforderlich, durchläuft das Gussgut danach eine Umschmelzanlage, kann aber auch direkt den Wiedererwärmungsöfen zugeführt oder gelagert werden. Das Lager ermöglicht beispielsweise auch den Abverkauf von Zwischenprodukten.
Die Wiedererwärmungsöfen speisen so unterschiedliche Linien wie ein Reversier-Walzwerk, ein kombiniertes Rohr- und Stabwalzwerk oder auch eine Schmiede. Mehrerer Behandlungsöfen stehen beispielsweise zur Härtung der Zwischenprodukte bereit, ehe sie in der Adjustage den letzten Schliff erhalten.
Zum reibungslosen Zusammenspiel der vielen Prozessschritte bei gleichzeitigem parallelen Betrieb verschiedener Linien werden die Automatisierungslösungen Simelt und Siroll auf Basis des Prozesskontrollsystems Simatic PCS 7 verwendet. Zum Siemens-Auftrag ge- hören darüber hinaus – neben der Projektplanung, Koordination und Installation – auch die Überwachung bei Inbetriebsetzung des Werks.
„Die durchgängige Automatisierungslösung integriert die gesamte Anlage vom Meltshop über die Gussanlagen bis hin zur anschließenden Stahlbearbeitung im Stab- und Rohrwalzwerk, der Schmiede und in den Behandlungslinien“, erläutert Thomas Söntgen. Darüber hinaus seien für den Transfer von Schmelzen, Gussmaterial und Zwischenprodukten spezielle Logistiklösungen entwickelt worden, so Söntgen weiter.
Mit seiner hohen Flexibilität bietet das Anlagenlayout dem Stahlwerksbetreiber entscheidende Vorteile: Konventionelle Stahlwerke haben eine einzige durchgängige Prozesslinie und arbeiten dabei mit Losgrößen von bis zu 300 t. Ist die Schmelze einmal auf den Weg gebracht, ist nur noch eine begrenzte Anzahl von Endprodukten zugänglich. Eine Reaktion auf kurzfristige Marktänderungen ist nicht möglich. Produkte müssen teilweise „auf Verdacht“ hergestellt und gelagert werden. Dies bindet Kapital. Und bei Umrüst- oder Wartungsarbeiten steht die ganze Anlage still.
Durch die Kombinationsmöglichkeiten der Prozessschritte in einer Boutique Mill können ohne lange Vorlaufzeiten bis zu 3000 verschiedene Produkte hergestellt werden. Damit ist eine schnelle Reaktion auf wechselnde Marktanforderungen gewährleistet. Dabei lassen sich sogar Losgrößen von weniger als 10 t auf einfache Weise produzieren – und das im Parallelbetrieb auf mehreren Linien.
Auch die Lieferzeiten lassen sich drastisch reduzieren: Während sie in einem konventionellen Stahlwerk mehrere Monate betragen, kann eine Boutique Mill Produkte aus Spezialstählen innerhalb weniger Wochen liefern. So leistet schon das Stahlwerk als Ausgangspunkt der Lieferkette einen wichtigen Beitrag zur „just in time“-Fertigung. Bei Hunter ist man vom Erfolg des Boutique Mill-Konzepts überzeugt. Dazu Joachim von Schnackenburg: „Kunden stellen zunehmend für jede Anwendung individuelle Anforderungen an die Eigenschaften von Stab- und Rohrstählen. “ IuS/Käm

 

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Ein Beitrag von:

  • Siegfried Kämpfer

    Ressortleiter Produktion VDI nachrichten. Fachthemen: Produktionstechnik, Maschinenbau, Fabrikautomatisierung.

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