In diesen Wänden spielt die Musik
dem Raumklangsystem pursonic. Es kommt ohne Boxen aus und entstand in Zusammenarbeit mit Siemens.
Unter der Dusche spielen die Badezimmerfliesen Händels Wassermusik, der Rauputz erbebt unter Dino-Getrampel während der Heimkino-Beamer „Jurassic Park“ auf die Wand projiziert, und Robbie Williams ist sprichwörtlich in den eigenen vier Wänden zu Gast – und das alles in High-End-Qualität, doch nirgends sind störende Boxen riesigen Ausmaßes zu sehen, die Klangqualität ist nicht nur an einem bestimmten Punkt des Zimmers, sondern fast überall im Raum gleich gut.
Klingt unglaublich, ist aber Realität. Die Innovation erfreut nicht nur Heimkino-Fans, sondern auch jene, die sich über unschöne Boxen und die schwierige Suche nach dem Sweet Spot ärgerten: Lautsprecherboxen sind nicht mehr nötig, denn ab jetzt machen Wände, Decke und Boden die Musik.
Entwickelt wurde das „Wunderwand-Raumklangsystem“ vom Polyurethan-Spezialisten Puren in Überlingen, in Kooperation mit der Siemens AG und der Bayer MaterialScience. Puren-Geschäftsführer Hans Bommer zu den Besonderheiten der neuen Klang-Technologie: „Das Prinzip, Schall nicht mittels üblicher Lautsprecher, sondern durch eine zum Schwingen gebrachte Fläche zu erzeugen, basiert auf einem Siemens-Patent. Nur: Bislang fehlten die wirklich gut klingenden Soundboards, die digital angesteuert werden. Heute, nach nur 18-monatiger Entwicklungszeit, bringen wir das komplette System marktreif an den Start.“
Knackpunkt Schall-Platte: Herzstück der „pursonic“-Klangtechnologie ist ein dünnes Soundboard. Das Element besteht aus einem speziellen Polyurethan-Kombinationswerkstoff aus den Bayer-Rohstoffen Desmophen und Desmodur. Eckard Foltin, Leiter des Creative Centers bei Bayer MaterialScience: „Mit diesen Materialien ließ sich das Board auf sieben Millimeter Stärke reduzieren. So beansprucht es nur wenig Raum in der Wand und hat trotzdem eine hohe Stabilität.“ Als Vorbild diente die akustische Gitarre: Auch bei ihr werden die dünnen Außenwände zum Schwingen gebracht und nicht – wie etwa bei der Trompete – eine starke Luftdruckwelle erzeugt.
Damit aber die Lautsprecher-Elemente auch gut klingen, nachdem sie in Wände, Decke und Boden eingelassen wurden und Putz, Tapeten oder Fliesen sie überdecken, braucht es eine feine Digitaltechnik. Diese steuert Siemens bei. Jedes Soundboard – fünf sind notwendig für vollen so genannten 5.1-Rundumklang – wird von Schall-gebern auf der Rückseite in Schwingung versetzt. Diese werden über einen frei programmierbaren Digitalprozessor mit Signalen versorgt. Die hohe Kunst besteht nun darin, den Frequenzverlauf – sprich Höhen, Mitten und Bässe – an das Oberflächenmaterial des Wandbereiches, unter dem sich das jeweilige Soundboard verbirgt, optimal anzupassen.
Das Ergebnis ist ein überzeugender Raumklang, der sich nicht nur auf einen kleinen Bereich – wie bei herkömmlichen Lautsprechern – beschränkt. Grund dafür ist der – im Verhältnis zu normalen Boxen – fast doppelt so breite Abstrahlwinkel der schwingenden Flächen. Und – besonders wichtig bei Präsentationen: Pfeifende Rückkopplungen beim Einsatz eines Mikrofons gibt es hier nicht.
Hans Bommer ist von der audiophilen Innovation überzeugt: „Wer zum ersten Mal vom pursonic-Raumklang hört, hält das Ganze für ein Märchen. Wer dann aber den Sound hört, ohne Lautsprecher zu sehen, will es sofort haben.“ Nicht nur Technik-verliebte Männer, erstaunlicherweise vor allem Frauen interessierten sich für das Boxen-lose System.
Foltin spekuliert schon: „Warum sollte es in Zukunft nicht möglich sein, Verkleidungen im Auto zum Klingen zu bringen? Und vielleicht kommen bald die Verkehrsnachrichten aus dem Autohimmel ans Ohr.“
Einen Haken hat die Sache allerdings: da das System in den Raum eingebaut wird, ist es bisher nur bei Puren zu erleben und „die Preise beginnen so ab 8000 €“, heißt es bei Puren.HBB