In China finden Kunststoffhersteller einen neuen wachstumsstarken Heimatmarkt
VDI nachrichten, Shanghai, 22. 9. 06, Si – Im Zuge der Globalisierung wird immer mehr Produktionskapazität in Zukunftsmärkte verlagert. Anfang September hat Bayer vor den Toren von Shanghai drei neue Großanlagen für Polycarbonat sowie Lack- und Polyurethan-Produkte eingeweiht. Es ist das größte Chemieanlagenprojekt des Konzerns außerhalb Deutschlands.
Der Globalisierungstrend verändert rasant die Märkte der Kunststofferzeuger. Vor allem die dynamische Entwicklung des produzierenden Gewerbes, der Automobil- und der Bauindustrie in China treibt die Nachfrage nach Polymerprodukten in Fernost mit zweistelligen Wachstumsraten in die Höhe. Entsprechend investiert der Leverkusener Chemiekonzern Bayer im Shanghai Chemical Industry Park. Bis 2009 werden laut Werner Wenning insgesamt mehr als 1,4 Mrd. € investiert, um die Kapazitäten an dem rund 50 km südwestlich von Shanghai an der Hangzhou-Bucht gelegenen Chemiestandort kräftig zu erweitern. „Es ist das größte Projekt, das wir je außerhalb Deutschlands umgesetzt haben“, betonte der Bayer-Chef am 5. September bei der Einweihung von drei neuen Großanlagen die Bedeutung der Kapazitätserweiterungen für den Teilkonzern Bayer Material Science (BMS).
„Von hier aus werden wir in Zukunft jährlich rund 900 000 t Kunststoffprodukte an die regionalen Kunden liefern“, beschrieb Hagen Noerenberg, der Vorstandsvorsitzende von Bayer Material Science die Perspektiven des integrierten Standorts. „20 % unseres Umsatzes wird in Asien erwirtschaftet und für die Produktionsanlagen, die wir jetzt bauen, ist China unser Home Market“, ergänzte Tony van Osselaer. Das für Produktion und Technologie zuständige BMS-Vorstandsmitglied hat dabei vor allem die Verbraucher mit einem „signifikanten Einkommen“ für Konsumprodukte im Blick. Ihre Zahl soll sich von 76 Mio. (im Jahr 2000) bis zum Jahr 2015 auf mehr als 700 Mio. fast verzehnfachen.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres konnte BMS seinen Umsatz um 18 % auf 524 Mio. € steigern und damit laut Bayer-Chef Wenning den bei weitem größten Anteil zum Konzernumsatz in Greater China (neben der Volksrepublik zählen dazu noch Hongkong und Taiwan) beitragen. In der Region habe der Konzern hier um 22 % auf 714 Mio. € zulegen können.
Wenning: „Das integrierte Bayer-Werk Shanghai entwickelt sich zu unserem größten und technisch anspruchsvollsten Produktionsstandort in der ganzen Region Fernost/Ozeanien – einem Markt, dessen Bedeutung und Dynamik weiter zunehmen werden.“
Der Ausbau der „Makrolon“-Produktion belegt dies eindrucksvoll. So soll bereits im Jahr 2008 die Anfangskapazität (100 000 t/a) der jetzt in Betrieb genommenen neuen World-Scale-Anlage für dieses Polycarbonat (PC) von Bayer verdoppelt werden. Denn Greater China verbrauche von dem besonders in der Bauwirtschaft, bei der CD- und DVD-Herstellung sowie bei der Autoverscheibung eingesetzten Hochleistungskunststoff alleine schon 650 000 t und verzeichne Wachstumsraten von jährlich rund 18 %. Das futuristische Dach des Olympiastadions in Tianjin für die Sommerspiele 2008 in China wird beispielsweise aus Makrolon bestehen.
Rohstoffe für Lacke auf Polyurethanbasis waren 2003 der erste Baustein der Produktion am Standort. Rund 22 500 t betrug bisher die Jahreskapazität. Nun kommen weitere 30 000 t/a des Rohstoffs HDI (Hexamethylendiisocyanat) hinzu mit einer Erweiterungsoption um jährlich nochmals 20 000 t.
Ein weiterer Schwerpunkt des integrierten Bayer-Produktionsstandorts im Shanghai Chemical Industry Park wird die Herstellung von Vorprodukten für Polyurethan-Schaumstoffe. Den Auftakt bildet ein „Splitter“. Die am 5. September eingeweihte Anlage trennt mit einer Jahreskapazität von 80 000 t künftig Roh-MDI (Diphenylmethandiisocyanat) in monomeres und polymeres MDI. In 2008 wird laut Werner Wenning eine MDI-Großanlage hinzukommen, die mit 350 000 Jahrestonnen die größte ihrer Art in der Welt sein soll. JÜRGEN SIEBENLIST
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