„Ich bin dem Werkstoff treu geblieben“
VDI nachrichten, Düsseldorf, 28. 3. 08, cha – Eigentlich, so verriet Dieter Ameling einigen Schülern, hatte er damit geliebäugelt, Theologie zu studieren. Da hatte die Stahl-Welt aber Glück, dass er sich das anders überlegt hat. Aus ihm ist ein leidenschaftlicher Ingenieur geworden – mit dem Glauben an den Werkstoff Stahl. Zum 1. April wird er dennoch seine Posten an der Spitze der Wirtschaftsvereinigung Stahl und als Vorsitzender des Stahlinstituts VDEh an Hans Jürgen Kerkhoff übergeben.
Wer von Stahl und Stahlproduktion nicht viel versteht, kann das ganz schnell ändern. Einfach ein Gespräch mit Dieter Ameling (66) suchen, und schon ist auch dem Laien schnell sonnenklar, wie beispielsweise ein Hochofen funktioniert. Der im Osnabrücker Land aufgewachsene Präsident ist dafür bekannt, dass er gern anderen Menschen sein Wissen weitergibt und aufgeschlossen ist. Auch medienscheu ist er nicht.
Und er ist ein Freund klarer Worte: „Unsere Branche kann zuversichtlich in die Zukunft blicken. Allerdings sind die internationalen Stahlmärkte deutlich in Bewegung geraten. Die konjunkturellen Risiken haben sich erhöht. Wir stehen dabei vor großen Herausforderungen. Für uns ist eine Politik wichtig, die uns den Rücken freihält, anstatt uns zunehmend Lasten aufzubürden. Unsere trotz hoher Arbeitskosten hart erarbeitete Wettbewerbsfähigkeit darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die Vorschläge zur Energie- und Klimapolitik der (Europäischen, Anm. der Red.) Kommission sind für die Stahlindustrie und die energieintensiven Branchen existenzgefährdend. Ohne eine wettbewerbsfähige Stahlerzeugung ist die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland gefährdet“, erklärte er kürzlich bei einem Vortrag mit dem Titel „Steel in motion“ in Düsseldorf.
„In motion“, das ist auch Dieter Ameling: In den 60er Jahren hat er Metallurgie- und Werkstoffwissenschaften an der TU Clausthal studiert und wurde Diplom-Ingenieur, später folgte die Promotion. „Ich selbst habe mich von Anfang an auf Stahl konzentriert und bin diesem Werkstoff bis heute treu geblieben.“ Während der Semesterferien erlernte er die mechanische Metallverarbeitung und verdiente etwas Geld, und lernte später in Praktika die Abläufe in einem Stahlwerk kennen – auch am Hochofen. „Dieses unmittelbare Erleben der Produktion von Eisen und Stahl vor Ort hat mich immer sehr stark motiviert und in meiner Wahl bestärkt.“
Anfang der 70er Jahre begann seine Karriere in der Wirtschaft. Er stieg bei den Röhrenwerken Bous/Saar ein, wechselte mit 34 Jahren auf den Chefposten der Hamburger Stahlwerke. „Stahlwerkchef – eine Position, die ich immer angestrebt hatte. Meinen Berufstraum konnte ich mir also früh erfüllen. Deshalb habe ich mir neue Ziele gesteckt und sie angesteuert.“
Mit Erfolg: Anfang der 80er Jahre führte ihn sein Weg ins Ruhrgebiet: Er wurde Leiter der Werke Oberhausen und Hochfeld von Thyssen Stahl und wurde später Leiter Betriebswirtschaft bei dem Revierkonzern. Doch das Wechseln ist des Ingenieurs Lust: Zu Beginn der 90er Jahre trat er in den Vorstand der Saarstahl AG ein. Drei Jahre blieb er dort, dann wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung bei Krupp VDM GmbH. 1997 wurde er zum Honorarprofessor an der TU Clausthal ernannt. Seit 1998 ist er Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) und seit dem 1. 4. 2000 Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl und Vorsitzender des Stahlinstituts VDEh.
Nach genau zehn Jahren in diesen hohen ehrenamtlichen Posten soll nun Schluss sein. Ameling, der gern segelt, Ski läuft und fotografiert, will sich mehr um seine Familie kümmern, das sind seine Frau, zwei Kinder und vier Enkelkinder. Außerdem wird er als energie- und klimapolitischer Berater weiter aktiv sein.
Dem „Praktiker“ und Ingenieur Ameling folgt der „Politiker“ Hans Jürgen Kerkhoff (51), der seit 2004 Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl und zudem Geschäftsführender Direktor der Walzstahl-Vereinigung ist. Der in Süchteln am Niederrhein geborene Kerkhoff studierte in Düsseldorf Germanistik und Philosophie mit Schwerpunkten auf Politik und Technik und widmete sich dem Ökonomie-Studium in Cambridge (GB). Drei Jahre arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Bundestag, war politischer Referent und ab 1987 Leiter des Bonner Büros der Wirtschaftsvereinigung Stahl, später des Brüsseler Büros.
Kerkhoff gilt als durch und durch politischer Mensch. Er wird sein CDU-Kreistagsmandat am Niederrhein aber mit Beginn seiner Amtszeit als Präsident niederlegen. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Seine älteste Tochter studiert demnächst Ingenieurwissenschaften in Aachen. CLAUDIA HANTROP
Ein Beitrag von: