Rohstoffe 15.09.2000, 17:26 Uhr

Hütte wird zum Recycler

Klassische Hüttenprozesse eignen sich für die Rückgewinnung von Metall aus Abfallstoffen. Ein alteingesessener Hüttenbetrieb in Duisburg hat neue Wege gefunden, mehr Sekundärmaterial als Rohstoff einzusetzen.

Es ist nicht einzusehen, warum man in Europa immer noch zinkhaltige Stahlwerksstäube deponiert, statt das darin enthaltene Metall wiederzugewinnen“, so Dr. Bruno Schwab, Leiter Technik und Umweltschutz der M.I.M. Hüttenwerke Duisburg (MHD) GmbH im Industriegebiet Wanheim. Das Unternehmen, einst eine klassische Zinkhütte, gewinnt bereits heute gut 50 % seines Metalls aus Recyclingmaterial und will diesen Anteil in den nächsten Jahren nochmals deutlich auf rund 60 % steigern.
Als Einsatzmaterial verwendet MHD jedoch nicht etwa metallische Schrotte. Denn solange die Abfallstoffe Metall in einer Form enthalten, aus der dieses durch simples Umschmelzen wiedergewonnen werden kann, sind solche direkten Recyclingpfade deutlich wirtschaftlicher als die traditionellen Hüttenprozesse. Diese sind darauf ausgelegt, das Metall aus oxidischen, sulfidischen oder sonstigen chemischen Bindungen herauszuholen, was weit mehr Aufwand verursacht.
„Wir verarbeiten Rückstände und Abfälle, aus denen man mit anderen Verfahren das Zink gar nicht mehr herausbekäme“, betont Hans-D. Sens, der bei MHD die Bereiche Vertrieb und Marketing leitet. „Dabei können wir aufgrund der hohen Temperaturen auch nahezu jede Art von organischer Belastung akzeptieren.“ Bei Reaktionstemperaturen von über 1300 °C werden organische Moleküle wie z.B. Dioxine in ihre atomaren Bestandteile zerlegt, so dass am Ende des Prozesses nur unkritische Verbindungen herauskommen. Darüber hinaus werden die Prozesse auch durch diverse anorganische Verunreinigungen wie beispielsweise Schwefel, Blei und Cadmium nicht gestört. Die Bandbreite ist groß: Stahlwerks- und Kupolofenstäube, Zinkaschen, Schlämme und Schlacken sowie metallische Materialien. Die Konsistenz reicht vom trockenen, rieselfähigen Staub bis zu Pasten und Schlämmen mit 80 % Wassergehalt. Beispielsweise verarbeitet MHD seit Jahren die zink- und eisenhaltigen Rückstände einer Zinkelektrolyse, die dadurch diese Rückstande nicht mehr deponieren muss.
Allerdings ist nicht jeder Reststoff, der dem Werk angeboten wird, auch mit kaufmännisch vertretbarem Aufwand zu verarbeiten. Die Untergrenze liegt derzeit bei einem Metallgehalt von etwa 15 %. Problematisch sind auch manche Beimengungen wie z.B. Kalium oder Quecksilber, weil sie entweder aufwendig entfernt werden müssen oder in größeren Konzentrationen die Prozesse in der Anlage stören.
Kerngedanke der eingesetzten Technologie ist die Gewinnung des Zinks durch Reduktion und anschließende Destillation. Beim sogenannten „Imperial Smelting“(IS)-Prozess reagieren Zinkoxid und Kohlenmonoxid in einem dem Hochofen ähnlichen Schachtofen bei über 1000 °C zu Zinkmetall und CO. Das Metall verdampft und verlässt den Ofen mit dem Abgas. Aus dem heißen Gasstrom wird es dann durch einen Sprühnebel feinster Bleitröpfchen „herausgewaschen“. Das zinkhaltige Blei wird außerhalb des Ofens abgekühlt, wobei sich beide Metalle entmischen. Während das Blei wieder in den Zinkgewinnungsprozess zurückgeführt wird, wird das Zink in einer weiteren Anlage fraktioniert destilliert. Ergebnis des Verfahrens, bei dem derzeit jährlich rund 125 000 t Erzkonzentrate und eine vergleichbare Menge an Sekundärrohstoffen eingesetzt werden, sind etwa 100 000 t Zink mit einer Reinheit von über 99,995 %. Der Schachtofen – das ist das Besondere des Verfahrens – liefert gleichzeitig auch noch ca. 40 000 t metallisches Blei, das in den Vorstoffen in geringer Konzentration vorhanden ist.
Als Voraussetzung zur Erweiterung der Rohstoffbasis musste MHD seine Materialeingangsströme auffächern. Der „klassische“ Weg für Erze sowie für schwefelhaltige Recyclate ist nach wie vor das sogenannte Sinterband, auf dem die Erzkonzentrate durch Oxidation gereinigt und aufbereitet werden. Brennstoff ist der im Erz enthaltene Schwefel. Hieraus entsteht Schwefeldioxid, aus dem in weiteren Prozessen Schwefelsäure erzeugt wird. Das Cadmium verdampft und wird aus dem Abgas zurückgewonnen, während die übrigen Metalle im heißen „Sinterkuchen“ verbleiben, der anschließend gebrochen und in den IS-Ofen chargiert wird.
Erst rund zwei Jahre alt ist eine Entwicklung von MHD für die direkte Verwertung zinkhaltiger Filterstäube aus Stahlwerken. Diese werden in großen Silos gelagert und nach Bedarf zusammen mit der Verbrennungsluft direkt ins Herz des IS-Schachtofens geblasen. „Damit ist uns ein Durchbruch gelungen, denn vorher konnte man aus solchen Stäuben nicht direkt metallisches Zink gewinnen“, betont Schwab. Stattdessen mussten sie erst in einem vorgeschalteten Prozess, z.B. dem sogenannten Wälzverfahren, nochmals aufkonzentriert werden. KLAUS VOLLRATH

 

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