Bei Schott ist die Wiedervereinigung gelungen
Bis 2003 sol-l 1/2 Mrd. Euro inves-tiert werden.
Mit einem Umsatzsprung von über 20 % ist der Spezialglashersteller Schott, Mainz, im abgelaufenen Geschäftsjahr 1999/2000 in die Erfolgsspur zurückgekehrt. „Es lief besser als erwartet, und wir sind gut in das neue Jahrzehnt gestartet“, kommentiert Dr. Leopold von Heimendahl, Vorstandssprecher Schott Glas, den Verlauf, der einen Weltumsatz von 1,9 Mrd. Euro und ein positives Ergebnis nach Steuern gebracht hat.
Sehr erfolgreich innerhalb der Gruppe hat auch die Schott ML GmbH, Jena, abgeschnitten, die auf Mikrolithographie, also auf Materialien und Komponenten für die Halbleiterindustrie, spezialisiert ist. Das junge Unternehmen, erst 1998 gegründet, konnte seinen Umsatz auf 20 Mio. Euro mehr als verdoppeln. Die Mikrolithographie gilt bei den „Glasmachern“ als besonders hoffnungsvolles Wachstumsfeld. In diesen innovativen Gebieten will Schott bis 2010 etwa 30 % seines Umsatzes erzielen.
Vor zehn Jahren sah es in Jena noch ganz anders aus: „Die Sanierung und Restrukturierung von Schott Jenaer Glas entwickelte sich zum größten unternehmerischen Abenteuer unserer gesamten Geschichte“, so Dr.-Ing. Udo Ungeheuer, Vorstandsmitglied von Schott und Aufsichtsratsvorsitzender der Schott Jenaer Glas GmbH. Zur Wende hatte der ehemalige volkseigene Betrieb einen technologischen Rückstand von 15 bis 20 Jahren, Produktionsanlagen und Infrastruktur waren marode. Insgesamt 4300 Mitarbeiter standen im wahrsten Sinne des Wortes vor einem Scherbenhaufen. Weniger aus wirtschaftlichen Interessen, sondern eher aus historischer Verpflichtung erfolgte der Einstieg der Mainzer in Thüringen, wo Unternehmensgründer Otto Schott 1884 begonnen hatte, die Basis moderner Glaswissenschaft und -technologie zu legen, und 1919 sein Werk in die Carl-Zeiss-Stiftung eingebracht hatte.
Im Juni 1945 war es mit dem legendären „Zug der 41 Glasmacher“ zur faktischen Teilung gekommen US-Truppen transportierten die Führungskräfte des Jenaer Glaswerkes und ihre Familienangehörigen in den Westen Deutschlands. Mehr als vier Jahrzehnte existierten daraufhin zwei rivalisierende Unternehmen in Ost und West, die sich auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges um Namen, Marken und Rechtsauffassungen darüber stritten, wer die originäre Stiftung für sich beanspruchen konnte. Das neue Glaswerk in Mainz wurde mit 15 Mio. DM aus dem Marshall-Plan aufgebaut und ging 1952 in Betrieb.
Deutlich höhere Investitionen von 300 Mio. DM waren notwendig, um Jena wieder flott zu machen. „Unter dem Motto Umbruch, Abbruch, Aufbruch haben wir aus einem Glasmuseum einen wettbewerbsfähigen Betrieb geschaffen“, freut sich Wolfgang Meyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Schott Jenaer Glas GmbH. Den Anfang machte schon 1991 die Ampullenproduktion, die einzige von Schott in Deutschland. Wie ernst man es in Mainz mit dem Neuaufbau meinte, zeigt auch die 1993 mit dem japanischen Partner Asahi Glass gebaute Micro-Float-Anlage. Die Einrichtung zur Herstellung gefloateter Borosilicatgläser, mit 60 Mio. DM die größte Einzelinvestition, wurde ganz bewusst nach Jena vergeben. Der verantwortungsvolle Umgang mit der eigenen Geschichte zahlt sich inzwischen aus.
Wurden in Jena noch 1993 mit 56 Mio. Umsatz 70 Mio. Verluste eingefahren, betrug das Ergebnis im abgelaufenen Geschäftsjahr 10 Mio. DM bei einem Umsatz von nahezu 140 Mio. DM. Von den ursprünglich 4300 Arbeitsplätzen wurden 650 erhalten, weitere 870 durch Ausgründungen gesichert – „dieser Aderlass war der schwierigste Teil auf unserem Weg“, so Meyer.
Zu einer Schott-Perle hat sich auch die Neugründung (1998) Schott ML mit den thüringischen Standorten Jena, Eisenberg und Meiningen entwickelt, Komplettanbieter von optischen Hightech-Werkstoffen für die Mikrolithographie. Die Kalziumfluorid-Kristalle (CaF2) kommen in Objektiven von Wafersteppern zum Einsatz. Die Miniaturisierung der Halbleiterelemente hängt nämlich unmittelbar vom Auflösungsvermögen der optischen Systeme ab: Zur Zeit bereitet die Industrie den Einsatz von Lasern vor, deren Wellenlänge 193 nm (Nanometer =Millionstel Millimeter) beträgt. Ab 2001 sollen sie Strukturen bis hinab zu 100 nm ermöglichen. Notwendige Voraussetzung dafür ist die Verwendung von synthetischem Quarzglas, das über eine gute Beständigkeit gegenüber dem Laserlicht verfügt. Schon bei dieser Technologie sind aber einzelne Linsen aus Kalziumfluorid notwendig, die über verbesserte Eigenschaften verfügen.
Für die bereits anvisierte nachfolgende Chipgeneration, bei der mit Fluor-Excimer-Lasern und Licht von 157 nm etwa 70 nm breite Strukturen erzeugt werden sollen, ist der Einsatz von CaF2 unabdingbar. Das deutsche Konsortium wird vom Optikspezialisten Carl Zeiss (Oberkochen) geführt, Projektpartner sind neben Schott und Heraeus (Hanau) auf der Materialseite, der Laserhersteller Lambda Physik (Göttingen), Infineon Technologies (München) für die Prozess- und Resist-Entwicklung sowie Jenoptik (Jena) für das Strahlführungssystem.
Die 157-nm-Lithographie soll die erwartete Technologie-Lücke schließen, die zwischen der Herstellung von Halbleiter-Bauelementen mittels klassischer photolithographischer Methoden und der bereits angedachten „Extremen Ultraviolett Lithographie“ (EUV) mit Belichtungswellenlängen von 11 bis 13 nm klafft. Mit dem Einsatz dieser weichen Röntgenstrahlung können die Strukturgrößen auf dem Silizium auf etwa 30 nm verringert werden.
Bis es so weit ist (ab 2006 etwa), wird der Bedarf an Kalziumfluorid rapide ansteigen. Nach Schätzungen der Sematech, der internationalen Vereinigung der Halbleiterhersteller mit Sitz in Austin, Texas/ US, werden jährlich bis zu 50 t hochwertiger CaF2-Einkristalle benötigt. „Hier wollen wir einen Marktanteil von 60 % erreichen“, verkündet Dr. Martin Heming, Sprecher der Geschäftsführung von Schott ML. KLAUS JOPP/Käm
Kostenlose Broschüre „Von Jena nach Mainz – und zurück: Schott-Geschichte“. 28 S. DIN A4, 50 Abb. Schott Glas, Frau Schad. Fon: (06131) 66-4086 Fax – 4041. E-Mail: schad@schott.de
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