Aus Stroh wird Sprit
Die Fachhochschule Wismar entwickelte ein kostengünstiges Verfahren zur Verzuckerung von Bio-Abfällen. Am Ende steht Alkohol als umweltschonender und vor allem stets verfügbarer Kraftstoff.
Es muss ja nicht gleich Gold sein, Sprit tut es womöglich auch. An der Fachhochschule Wismar wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus Stroh und anderen Bio-Materialien Treibstoff produzieren lässt. „Wir nutzen Stroh und einjährige Pflanzen, selbst Rasenschnitt“, sagt Horst Gerath, Professor für Verfahrenstechnik biogener Rohstoffe. Im Hochdruckreaktor seines Labors wird die Lignozellulose als Bestandteil der Pflanzen über Hydrolyse zu Zucker aufgeschlossen. Nach Fermentation, Destillation und Membrantrocknung entsteht daraus reines Ethanol.
Der Alkohol ist ein idealer Kraftstoff. Für Rennen der Cart-Serie, der US-amerikanischen Variante der Formel 1, wird der Sprit mit Ethanol veredelt. Rennfahrer schätzen den Stoff wegen seiner hohen Verdampfungswärme, die für eine gute Innenkühlung sorgt. Gerath: „Ethanol enthält viel molekular gebundenen Sauerstoff, deshalb ist die Verbrennung intensiver und der Schadstoffausstoß geringer als bei üblichem Kraftstoff.“
Warum sollte man solchen Sprit nur für Autorennen nutzen? Die EU-Kommission sucht derzeit nach Wegen, wie man dem Benzin regulär mindestens 5 % Bio-Sprit beimischen könnte. Allein aus dem Stroh von deutschen Feldern ließe sich ein Fünftel des bundesweiten Spritbedarfs decken.
Die Wismarer Forscher haben eine alte Technologie wiederbelebt. Die Hydrolyse von Pflanzenbestandteilen ist gut hundert Jahre alt. Nach dem zweiten Weltkrieg aber verlor man rasch das Interesse an der Hydrolyse von Holz und Zuckerrüben – auch deshalb, weil das Verfahren nicht wirtschaftlich war. Gerath und seine Mitarbeiter haben einige Parameter verändert, beispielsweise das Zusammenspiel von Druck und Temperatur, denn der Zucker darf sich nicht zersetzen. Die Wismarer wollen außerdem eine Schweizer Entwicklung nutzen, mit der zwei verschiedene Zucker gleichzeitig fermentiert werden können.
Gerath: „Wir liegen zwischen 0,55 DM und 0,60 DM pro l und meinen, noch günstiger werden zu können.“ Er hofft auf Fördergelder aus der Landeshauptstadt Schwerin, um zunächst eine Technikumsanlage aufbauen zu können, die nachweist, dass die Parameter aus dem Labor auch praktisch erzielt werden können.
Sobald die entsprechenden Daten vorliegen, will die EU eine Pilotanlage finanzieren – in Tansania. Gefüttert werden soll sie mit Wasserhyazinthen, die derzeit den Victoriasee zuwuchern, eines der ärgsten Umweltprobleme in jenen Breiten. Auch Wasserhyazinthen lassen sich, wie die Wismarer Forscher zeigen konnten, hervorragend zu Sprit und Futter-Eiweiß verarbeiten.
REGINA HALENTZ
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