Werkzeugmaschinenhersteller bringen die Automobilproduktion auf Zack
VDI nachrichten, Hannover, 23. 9. 05 – Kostendruck in der Automobilindustrie erfordert neue Lösungen in der Produktion. Auf der Messe Emo in Hannover zeigten dazu Aussteller bis 21. September neue Maschinen und Technologien, von ressourcenschonenden Verfahren bis zu verbesserter Zerspanung.
Während in Frankfurt auf der IAA neue Automodelle im Scheinwerferlicht glänzen, ging es auf der Emo in den vergangenen Tagen vor allem um Effizienz in der Fertigung. Hier diskutierten Experten, wie die geforderten Kosteneinsparungen in der Fahrzeugproduktion ohne Qualitätseinbußen realisiert werden können und welche Vorteile neue Fertigungstechnologien darüber hinaus bieten.
Als großes Anliegen der Automobilbranche bezeichnete in Hannover Frank Löschmann, Sprecher der Geschäftsführung der Volkswagen Sachsen GmbH, die „rückstandsfreie Motorenfertigung“. So habe man in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) die Maschinenbau Initiative Next Economy (MAINE) ins Leben gerufen. Ziel ist es, mit innovativen Maschinenbauunternehmen Lösungen zu finden, um Restschmutz wie Späne oder Kühlschmiermittel vom Motorbauteil fern zuhalten.
Als Beispiel für den Erfolg nennt Löschmann die „gebaute Kurbelwelle“. Gegenüber der spanenden Bearbeitung von Guss- oder Schmiedeteilen, verspreche das Konzept neben Gewichtsvorteilen signifikante Rationalisierungspotenziale in der Fertigung und damit Einsparungen beim kostenintensiven Fahrzeugaggregat Motor. „Durch die Reduzierung der Zerspanung entfallen aufwändige Reinigungsprozesse und teure Entsorgung“, so der Fahrzeugexperte. Unter diesem Aspekt sei auch die Trockenzerspanung von Aluminium ein Schwerpunkt im Maine-Projekt. „Hier verbergen sich erhebliche Einsparpotenziale für uns Automobilisten, aber auch deutliche Verbesserungen der Arbeits- und Umweltbedingungen, die nur ein innovativer Maschinenbau erfüllen kann“, ist Löschmann überzeugt.
Hersteller von Bearbeitungszentren zeigten auf der Fachmesse, was mit Kreativität und Anwendernähe noch alles möglich ist. Einer von vielen innovativen Ausstellern in diesem Bereich waren in Hannover die Chiron-Werke aus Tuttlingen. Um Nebenzeiten für Werkzeugwechsel weiter zu reduzieren und gleichzeitig beim Maschinenkonzept flexibel zu bleiben, hat das Unternehmen die Serie DZ12K S-Quadrocell entwickelt.
Die Doppelspindelmaschine bearbeitet gleichzeitig zwei Werkstücke, wodurch sich Zeiten für Werkzeugwechsel, Positioniervorgänge und Reinigungszyklen auf bis zu vier aufgespannte Werkstücke verteilen. Damit verdopple sich laut Hersteller die Ausbringung je Zeiteinheit, während die maschinenseitigen Investitionskosten gegenüber Einspindelmaschinen lediglich um 15 % höher lägen. Besonders flexibel sei das System auch deshalb, weil sich beide Doppelspindelfahrständer der Maschine sowohl synchron als auch abwechselnd in Eingriff bringen ließen.
Auch Maschinenbauer Licon aus Laupheim hat Lösungen für eine effektive Automobilproduktion. „Die starre Transferstraße – Einzweckmaschine – hat am Standort Deutschland ausgedient“, weiß Winfried Benz. Der Licon-Geschäftsführer sieht dagegen einen wachsenden Markt für Lösungen, die sich Anwender individuell zusammenstellen können. „Um die Produktionssicherheit zu steigern wird zunehmend auf teilbare Kapazitäten gesetzt“, so Benz. Beispielsweise ließe sich auf einer vierfach geteilten Produktionsliene drei Einheiten weiter betreiben, auch wenn eine Einheit still steht.
Auf das Werkstück ausgerichtete Produktionskonzepte könne sich in Deutschland kaum noch jemand leisten, ist der Fertigungsspezialist überzeugt. Insbesondere die Zulieferer müssten dabei immer flexibler auf die Anforderungen der Automobilhersteller reagieren. „Als Hersteller flexibler Fertigungslösungen setzen wir dazu aktuelle Technologien nach den jeweiligen Anforderungen um, wobei Trockenbearbeitung zum Standard in der Branche gehört“, so Benz.
Zur Produktivitätssteigerung in der Industrie trägt zudem die Reduzierung ungeplanter Anlagenstillstände bei. Neben teilbaren Kapazitäten kann dies durch Zustandsüberwachung kritischer Bauteile erreicht werden. Auf der Emo machte Michael Danitschek dazu deutlich: „Instandhalter sind in vielen Fabriken eher Feuerwehrmänner, die bereit stehen um Probleme schnell zu lösen.“ Die Planbarkeit von Einsätzen bietet für den Geschäftsführenden Gesellschafter der ifm-Tochter I-for-T aus Rosenheim deshalb ein erhebliches Verbesserungspotenzial.
„Durch vorausschauende Instandhaltung lässt sich der Aufwand deutlich reduzieren, indem die Lagerhaltung bei Ersatzteilen reduziert und Personal gezielter eingesetzt werden kann“, so Danitschek. Mit einem System zur Schwingungsüberwachung, Octavis, hat das Unternehmen aus Rosenheim dazu eine preiswerte Möglichkeit geschaffen. Danitschek: „Viele Betreiber setzen unser System bereits ein, Anlagenhersteller ziehen bei der Ausrüstung ihrer Produkte nun nach.“
Zu den Unternehmen die die Sensortechnologie zur Überwachung ihrer Produkte einsetzen, gehört z.B. die Weiss Spindeltechnologie aus Schweinfurt. Für den Geschäftsführer Claus-Peter Lehnert bringen Sensorik und Aktorik deutliche Verbesserungen: „Durch Spindelmonitoring reduzieren wir Ausfälle, gleichzeitig können wir mittels aktiver Ratterunterdrückung die Zerspanleistung deutlich erhöhen.“
Gerade in der Ratterunterdrückung sehen er und Entwicklungspartner Steffen Pankoke von Wölfel Beratende Ingenieure aus Höchberg große Potenziale. Pankoke: „Zerspanungsversuche mit Aluminium haben am PTW-Institut in Darmstadt ergeben, dass wir die Zerspanleistung mit der aktiven Dämpfung um 50 % erhöhen können.“ Damit ließen sich z. B. 6 mm Zustellungen problemlos bewältigen, wo zuvor 4 mm bereits zu Rattermarken geführt hatten. Insbesondere bei Langläufern mit hohem Spanvolumen rechne sich dann der um etwa 1 % höhere Anschaffungspreis, bezogen auf den Maschineninvest, für die aktiv gedämpften Spindeln. MARTIN CIUPEK
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