Smarte Wagen tanken Strom
Elektrofahrzeuge sind auf dem Vormarsch. Für Ende 2009 planen Daimler und RWE in Berlin das weltweit größte Gemeinschaftsprojekt für klimafreundliche Elektroautos mit zunächst rund 100 Elektrofahrzeugen und etwa 500 Stromladestationen. Doch zum Auftakt ernten die Konzerne Kritik von Umweltschützern.

Die Übergabe eines Smart fortwo electric drive von Daimlers Leiter Fahrzeugaufbau und Antrieb Forschung und Vorentwicklung, Herbert Kohler (li.), an den RWE-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Großmann im Februar 2008 war der Beginn einer langfristigen Kooperation.
Foto: Daimler AG
„Elektroautos haben im Stadtverkehr ein hohes Potenzial, an dem RWE in der Zukunft partizipieren will“, hatte RWE-Chef Jürgen Großmann bereits im Februar 2008 gesagt. Seinerzeit hatte Daimler der RWE einen Smart Fortwo „electric drive“ als Versuchsfahrzeug übergeben. Nun ist klar, dass es sich dabei um den Auftakt einer langfristig angelegten Kooperation handelte. Ab 2009 wollen beide Konzerne einen gemeinsamen Modellversuch in Berlin starten. RWE wird zunächst 500 Ladestationen einrichten. Daimler liefert die zweite Generation des Elektro-Smart, der dann statt der bisher verwendeten Natrium-Nickel-Chlorid-Batterie eine Lithium-Ionen-Batterie erhalten wird. Ab 2010 werden zudem Elektro-Pkw von Mercedes-Benz hinzustoßen. „Aller Voraussicht nach wird es sich um Modelle der A- oder B-Klasse handeln“, erklärte eine Konzernsprecherin. Die Versuchsfahrzeuge sollen zu etwa gleichen Teilen an Behörden, Flottenbetreiber und Privatkunden gehen.
Modellversuch Ladestationen – wo, für wen und wie viele?
Der Versuch soll unter anderem die Modalitäten beim Tanken klären. Teils werden die Ladestationen an reservierten Parkbuchten im öffentlichen Raum aufgestellt werden, teils an Einkaufszentren, bei Flottenbetreibern und auch bei den Nutzern zu Hause. Geplant sind beispielsweise intelligente Ladestationen, die das jeweilige Fahrzeug erkennen und eine automatische Abrechnung in die Wege leiten. Die dafür benötigten Schnittstellen wollen beide Partner gemeinsam entwickeln.
Lithium-Ionen-Technik soll Reichweite verbessern
Das Tanken wird mit Elektrofahrzeugen deutlich billiger. Bei der aktuell in London erprobten ersten Generation des Elektro-Smart liegen die Verbrauchskosten im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) bei 0,02 €/km. Die unter dem Wagenboden eingebaute Hochtemperaturbatterie erlaubt rund 115 km Reichweite. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Smart mit 112 km/h an. Diese Werte werden sich allerdings mit der Lithium-Ionen-Batterie noch verbessern. Und auch die Ladezeit soll sinken. Trotz alledem werden sich die Nutzer bei einem leeren Akku zwei Stunden gedulden müssen, ehe genug Strom für die nächsten 100 km gespeichert ist.
Autohersteller und Zulieferer erhoffen sich von einer Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Technik eine deutliche Steigerung der Reichweiten, verbesserte Schnellladefähigkeit und vor allem günstigere Herstellungskosten. Noch liegen diese um 1.000 €/kWh. Für Großserieneinsätze strebt die Branche ein Drittel davon an.
Blick in die Zukunft: Autobatterien als Zwischenspeicher
Der in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 5. September in Berlin gestartete Modellversuch weist also weit in die Zukunft, von der sich die Partner einiges erhoffen. So denkt man bei RWE laut darüber nach, dass Autobatterien als (Zwischen-)Speicher für volatilen Windstrom genutzt werden könnten. Und allein der flächendeckende Aufbau einer elektrischen Mobilität in Metropolen verspräche einen neuen interessanten Strommarkt. Entsprechend haben beide Partner bereits weitere Projekte in anderen Metropolen der Welt ins Auge gefasst. Daimler will dafür schon 2010 in die Serienfertigung von Elektrofahrzeugen einsteigen.
Kritik erntet das Projekt von Greenpeace und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD). Für Greenpeace ist der Elektro-Smart ein „Klimaschwein“. Betrieben mit Kohlestrom setze er 90 Gramm CO2/km frei und damit mehr als der Smart Fortwo Diesel (88 Gramm CO2/km). Zumindest in Berlin will RWE jedoch Öko-Strom liefern. Der VCD kritisiert, dass die Konzerne ihr Projekt zu früh an die große Glocke hängen und damit falsche Erwartungen auslösen. Elektromobilität sei noch weit von der Massentauglichkeit entfernt und könne zum Klima- und Ressourcenschutz in absehbarer Zeit leider keinen entscheidenden Beitrag leisten.
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