Schiffsmotoren zielen auf weniger Kraftstoffbedarf
VDI nachrichten, Düsseldorf, 5. 12. 08, mg – Kürzlich legte das Umweltschutzkommitee (MEPC) der International Maritime Organization (IMO) ehrgeizige Grenzwerte für Emissionen aus Schiffsmotoren fest. Motorenhersteller beschreiten neue Wege, um diese Ziele erreichen zu können.
Klaus Heim, Leiter der Forschung und Entwicklung bei Wärtsilä in Winterthur, ist froh, dass nun endlich Klarheit bei den Umweltzielen herrscht: „Wir wissen nun, wie hoch die Ziele gesteckt sind, die wir erreichen müssen.“ Nach IMO Tier 2 müssen die Stickoxide im Abgas gegenüber den heutigen Emissionen bis Anfang 2011 um etwa 20 %, je nach Drehzahl, sinken. Da ab 2016 nach Tier 3 in bestimmten Meeresregionen und Häfen sogar um 80 % verringerte NOx-Emissionen statt der bisher erwarteten 50 % vorgeschrieben werden, müssen sich Schiffsmotorenbauer ins Zeug legen.
„Wir werden es schaffen, da gibt es gar keine Alternative“, konstatiert Heim trocken. Die erste Stufe sei kein Problem, weil man schon bisher „nicht geschlafen“ habe. Die notwendigen Technologien stünden zur Verfügung. „Anspruchsvoller wird es bei der Reduzierung um 80 %. Da wird es ohne Katalysator nicht gehen“, sagt Wärtsilä-Forschungs- und Entwicklungschef Heim. Erfahrungen gibt es allerdings auch da, denn stationäre Kraftwerke, die das Unternehmen ebenfalls beliefert, arbeiten bereits mit Harnstoffkatalysatoren zur emissionsreduzierenden Zerlegung der Stickoxide in Stickstoff, Sauerstoff und Wasser. Nun muss die Technologie noch für den maritimen Einsatz angepasst werden.
Abgesehen davon geht es darum, auch die CO2-Emissionen von vornherein durch geringeren Kraftstoffverbrauch zu senken. Die gesunkenen Dieselpreise dürften ein vorübergehendes Phänomen bleiben, glaubt Heim, und stellt fest: „Das ist nur eine Verschnaufpause, der Druck auf die Industrie, noch wirtschaftlichere Motoren zu bauen, wächst kontinuierlich.“ Reduzierter Kraftstoffverbrauch wirke sich zugleich auf die Emissionen aus.
Noch nicht vollständig abschätzen lässt sich der wirtschaftliche Druck durch das abgeschwächte Wirtschaftswachstum und die Weltwirtschaftskrise. „Niemand weiß im Moment, wie stark sich dadurch das Transportaufkommen im weltweiten Containerverkehr reduzieren wird“, sagt Heim. Gegenüber den Bestellungen der letzten beiden Rekordjahre ist eine Abschwächung zu erwarten. Wirtschaftlichere Motoren seien so oder so gefordert.
„Wir müssen leider damit leben, dass sich der Wirkungsgrad und die NOx-Emissionen gegenläufig zueinander verhalten und wir die bestmöglichen Technologien für einen Kompromiss finden müssen“, stellt Heim fest. Bei den großen, mittelschnell und langsam laufenden Dieselmotoren sei Wärtsilä der erste Hersteller gewesen, der erkannte, dass die Zukunft in der Common-Rail-Einspritztechnik liegt. Beim nächsten Umweltziel spiele diese Technik eine sehr große Rolle. „Wir kombinieren sie mit höheren Ladedrücken aus Turboladern der neuesten Generation, die einen wesentlich besseren Wirkungsgrad aufweisen. Dazu kommen modifizierte Einspritz- und Ventilsteuerungsparameter.“
Die Zukunft liegt in der Kombination bekannter Technologien: „Aufladung, Ventilsteuerung und Common Rail sind die drei Haupttechnologien, die wir neu und bestmöglich mischen, um die nächsten Emissionsziele zu erreichen“, sagt Heim. Und dabei komme es eben besonders auf den bestmöglichen Wirkungsgrad an. Einen hohen Stellenwert hat dabei die Motorelektronik, die unter allen Lasten und Betriebsbedingungen, wie wechselnde Brennstoffqualitäten im gesamten Kennfeld, in dem die Motoren laufen, optimale Ergebnisse erzielen muss.
Für die Wärtsilä-Zweitaktmotoren ist der Ende Mai in Oberwinterthur in Betrieb genommene Versuchsmotor die zentrale Entwicklungsplattform. Bei der Viertaktmotorenentwicklung greift Wärtsilä auf Prüfstände in Finnland und Italien zurück. „Wir sind gut gerüstet für die Zukunft“, resümiert Entwicklungschef Heim.
FRIEDHELM WEIDELICH
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