Kluge Frau am Steuer
Nein, Russisch kann sie nicht, trotz ihres Vornamens. Das musste Irina Theis ihren russischen Kollegen bei BMW beibringen, als diese sie in ihren Verteiler aufnahmen und ihr E-Mails zum Mittagessen auf Russisch zukommen ließen. Den Vornamen hat die studierte Sicherheitsingenieurin ihren Eltern zu verdanken, die keinen Allerweltsnamen für ihre Tochter wollten. Ebenso ungewöhnlich ist auch der Werdegang von Irina Theis, die als Leiterin des interdisziplinären Teams „Anzeige und Bedienung“ maßgeblich für die Entwicklung eines stimmigen Gesamtkonzepts für die BMW-1er- und -3er-Reihe verantwortlich war. Nun leitet sie das „Innovationsfeld Fahrerarbeitsplatz“: Dabei handelt es sich um ein Expertengremium mit Vertretern anderer Abteilungen, etwa aus Forschung und Entwicklung, Produktion oder Vertrieb, das in einer sehr frühen Phase Ideen auf ihre „automobile“ Tauglichkeit bewertet und deren Umsetzung empfiehlt.
„Technik hat mich schon immer interessiert“, sagt die gebürtige Solingerin, deren Studienschwerpunkt an der Uni Wuppertal auf der „Mensch-Maschine-Interaktion“ lag. Das Technikinteresse hat der Vater früh gefördert und sie schon als Kind „spielen und rumbasteln lassen“. Kaum verwunderlich, dass die 18-jährige Irina zum ersten Mal die Zündkürzen beim Familienauto wechselte.
Das Automobil hat sie auch später nicht losgelassen: Während des Studiums arbeitete sie als Werkstudentin bei einem Zulieferer, in der Entwicklung ebenso wie am Fließband. Nach dem Diplom ging sie zu BMW, wo sie 1997 promovierte. Für die begeisterte Bergsteigerin, die 2004 ihren ersten 6000er im Himalaya bestiegen hat, ist es „nichts Besonderes in einer Männerdomäne zu arbeiten.“ Es stimme schon, sie sei der einzige weibliche von sieben Innovationsfeldmanagern, und in dem 25-köpfigen Expertengremium „Fahrerarbeitsplatz“ die einzige Frau, aber sie fühle sich nicht ausgegrenzt und erfahre sehr viel Akzeptanz.
„Es ist ein schnittstellenorientierter Job, man hat mit vielen Menschen zu tun. Unsere Hauptkunden sind unsere Entwicklungs- und Marketingabteilung. Da mag es noch so kreative Ideen geben: was nicht vermarktbar ist, wird auch nicht entwickelt“, sagt die 38-Jährige. So benötige man für die Arbeit neben analytischem Verständnis auch Erfahrung und große Kommunikationsfähigkeit. Letzteres ist doch eine typisch weibliche Tugend? Irina Theis verneint, sie möchte die Arbeitsweise von Männern und Frauen nicht auf Klischees reduzieren. Wenn es einen Unterschied gebe, dann den, dass Frauen das Soziale eher im Blick haben. Sie selbst geht dann mal mit dem Kollegen Kaffee trinken, „wenn ich merke, er hat seit Wochen Ränder unter den Augen.“ EVDOXIA TSAKIRIDOU
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